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Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)

Titel: Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianluigi Nuzzi
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S. E. Mons. Morris. Ich würde noch folgende Punkte einfügen:
    –  Der Bischof spricht immer von einem »Prozess«, von
»defects in process« (S. 1, Absatz 5); er sagt: »I have been denied natural
justice and due process« (S. 2, Absatz 6); »there has not been a canonical
process« (ebd.) etc. Dazu wäre zu sagen, dass es in Wirklichkeit keinen Prozess
gab, sondern einen brüderlichen Dialog und einen Appell an sein Gewissen,
freiwillig auf das Amt des Diözesanbischofs zu verzichten. Wir sind überzeugt,
dass sein Kenntnisstand zu Fragen der kirchlichen Lehre den Anforderungen
seines Amtes nicht genügt, und es war unsere Absicht, ihm die Gründe für diese
unsere Überzeugung darzulegen.
    –  Der Bischof spricht von »a lack of
care for the truth« von unserer Seite (S. 1, Absatz 4). Diese Behauptung ist inakzeptabel. Aber es gab
offensichtlich ein Missverständnis, das, wie mir scheint, meiner unzureichenden
Kenntnis der englischen Sprache geschuldet ist. Bei unserer Begegnung hatte ich
versucht, ihn zu überzeugen, dass sein Rücktritt wünschenswert sei, und ich
hatte ihn so verstanden, dass er seine Bereitschaft bekundete, auf sein Amt als
Bischof von Toowoomba zu verzichten. Seinem Brief entnehme ich, dass dies ein
Missverständnis war. Ich nehme dies zur Kenntnis, muss aber mit Entschiedenheit
sagen, dass es sich nicht um »a lack of care for the truth« handelt.
    –  Der
Bischof erklärt, es handle sich um kulturelle Unterschiede, die nicht die
Gemeinschaft berührten. In Wirklichkeit finden sich in seinem Hirtenbrief –
neben sehr fragwürdigen seelsorgerischen Entscheidungen – mindestens zwei
Vorschläge, die mit der katholischen Glaubenslehre unvereinbar sind:
    –  In dem Brief heißt es, mit der
Ordination von Frauen könne man dem Priestermangel entgegentreten. Doch der
Heilige Vater Johannes Paul II. hat in unfehlbarer
und irreversibler Weise entschieden, dass die Kirche nicht das Recht hat,
Frauen zum Priesteramt zu bestellen.
    –  Weiter sagt er, auch Geistliche aus
anderen Gemeinschaften (Anglikaner etc.) könnten in der katholischen Kirche
aushelfen. Nach der katholischen Glaubenslehre jedoch sind die Geistlichen
dieser Gemeinschaften nicht berechtigt, sie sind nicht »Sakrament« und können
daher auch keine mit dem Sakrament der Priesterweihe verbundenen Handlungen
ausführen.
    Es besteht
kein Zweifel an seinen besten seelsorgerischen Absichten, aber es erscheint
offenkundig, dass sein Kenntnisstand zu Fragen der kirchlichen Lehre unzureichend
ist. Ein Diözesanbischof muss auch und vor allem im Glauben bewandert sein,
denn der Glaube ist das Fundament der Pastoral. Daher fordere ich ihn auf, sein
Gewissen vor Gott zu prüfen und den freiwilligen Rücktritt von seinem
derzeitigen Amt zugunsten einer Aufgabe zu erwägen, die seinen Fähigkeiten
besser entspricht. Versichern Sie ihn meines Gebets.
     
    Am Ende des Briefs erscheint handschriftlich das Kürzel
»B XVI«. Monatelang kommt aus Australien
eine ganze Serie von Beschuldigungen und Briefen auf Stempelpapier. Der Fall
schleppt sich zwei weitere Jahre hin. Im Mai 2011 zieht Ratzinger einen
Schlussstrich und enthebt Bischof Morris des Amtes – nach 18 Jahren in einer Diözese,
die eineinhalbmal so groß ist wie Deutschland.
    In den Privataudienzen und in der jetzt aufgetauchten Korrespondenz
scheinen dem Papst vor allem zwei Phänomene Sorgen zu bereiten, die sowohl
unaufhaltsam als auch unauflöslich miteinander verzahnt erscheinen. Von der
Wirtschaftskrise sind zunehmend die Länder katholischen Glaubens betroffen, die
mit ihren Spenden zum Leben und zur Evangelisierung der Kirche beitragen.
Entsprechend dem Gesetz des Rückschlags geht die Schwächung der Kirche mit dem
unaufhaltsamen Aufstieg Chinas einher, des am meisten atheistisch
ausgerichteten Landes der Welt.

Pornografie bringt die Kirche in Verlegenheit: der Weltbild-Skandal
    In diesen Wochen im Herbst 2011 muss sich Kardinal
Tarcisio Bertone mit einer weiteren heiklen Angelegenheit befassen, die
wiederum in Deutschland ihren Ursprung hat. Denn Ende Oktober kommt es in
Ratzingers Heimatland zum Skandal um die Weltbild-Gruppe, einen Verlagsriesen
mit knapp zwei Milliarden Euro Umsatz: Obwohl im Besitz von zwölf deutschen
Diözesen, hat er eine Vielzahl von erotischen und esoterischen Titeln im
Angebot. Einige sprechen für sich: Sex für Könner,
Anwaltshure, Schmutzige Geschichten: Wie aber lassen sich Kirche und
Erotik unter einen Hut bringen?

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