Seine Heiligkeit: Die geheimen Briefe aus dem Schreibtisch von Papst Bendedikt XVI. (German Edition)
überzeugen, dass dieser Situation ein
Ende gesetzt werden muss, wie es bereits vor Jahren Kardinal Meisner getan hat,
als er sich vom Anteil des Erzbistums Köln [an Weltbild] trennte.
Leider hat es
seitens der deutschen Bischöfe keinerlei Anzeichen für einen Wandel gegeben.
Dieser Schritt würde für die betroffenen Diözesen (vor allem für München, das 30 % der Einkünfte erhält [die
Erzdiözese München und Freising hält lediglich einen Gesellschafteranteil von 13,2 % an Weltbild, Anm. d. Ü.]) einen erheblichen Rückgang
der Erträge aus diesem Verlag bedeuten. Dennoch geht es darum, sich zu einer
Entscheidung durchzuringen, wie es manch ein Artikel (auch in der Schweiz sind
die Zeitungen voll davon) zu Recht auf den Punkt bringt: »Moral oder Geld«.
Viele Journalisten erinnern auch ironisch daran, dass der Heilige Vater
kürzlich bei seinem Deutschlandbesuch von der Notwendigkeit einer
»Entweltlichung« der Kirche in Deutschland gesprochen hatte!
Kardinal
Meisner sagte: »Es geht nicht, dass wir in der Woche damit Geld verdienen,
wogegen wir sonntags predigen.« Leider hat sich der Sprecher der Deutschen
Bischofskonferenz zu der Behauptung verstiegen, »unter den angebotenen
Produkten sei mitnichten Pornografisches, höchstens Erotik …«, wie es in einem
der Artikel heißt.
Es wird schwer sein, den Imageschaden und den Glaubwürdigkeitsverlust
wiedergutzumachen, der durch solche eklatanten Widersprüche entstanden ist.
Aber jetzt meint Balestrero einen Weg gefunden zu haben, diesen Aderlass an
Glaubwürdigkeit in der katholischen Welt schnell einzudämmen.
In Anbetracht
des Problems und des Skandals glaube ich, dass man den deutschen Bischöfen
»helfen« muss, sich sofort von diesem Verlag zu trennen.
In seiner
heutigen Ausgabe lässt das bekannte »Kath.net« verschiedene katholische
Organisationen zu Wort kommen, die damit gedroht haben, den Verlag zu
boykottieren, wenn die Bischöfe sich nicht daraus zurückziehen. Katholische
Foren in Deutschland weisen darauf hin, dass sie es besser gefunden hätten,
wenn die Angelegenheit schon vor ein paar Jahren auf der Bischofskonferenz
intern geklärt worden wäre. Angesichts des Zögerns der Bischöfe sei es
»unumgänglich« gewesen, dass der Skandal an die Öffentlichkeit kommt. Auch wenn
dadurch natürlich der Glaubwürdigkeit der Kirche ein neuer Schlag versetzt
wird.
Es erscheint
geboten, den Heiligen Vater umgehend zu informieren, damit er angesichts des
Ernstes der Lage das Staatssekretariat beauftragt, von den zuständigen
Bischöfen und von Kardinal Meisner innerhalb einer Woche einen detaillierten
Bericht über die Situation zu erbitten. Sie werden wohl im Gegenzug eine
klärende Audienz verlangen. Vorher müsste jedoch Gelegenheit gegeben werden,
die Dokumentation zu lesen. An der Audienz könnte auch Kardinal Meisner
teilnehmen.
Balestrero verweist mehrmals auf den Erzbischof von Köln,
denn Joachim Meisner ist ein Freund Ratzingers und war ein großer Befürworter
von dessen Wahl zum Papst. Mehr als jeder andere wird er Hinweise zum
Verständnis der Geschehnisse geben können. Balestreros Worte verhallen nicht
ungehört. Es ist Freitag vor Allerheiligen, die Büros leeren sich langsam, aber
das Dossier wird zügig in die Papstgemächer überstellt. Benedikt XVI. beschäftigt sich am 1. November mehrere
Stunden damit. Er kennt die Situation der Deutschen Bischofskonferenz und weiß
sehr wohl, dass – zumindest bis zu diesem Zeitpunkt – diejenigen, die die
Trennung von Weltbild um jeden Preis wollen, seit jeher in der Minderheit
waren. Meisner hatte nie einen starken Rückhalt bei den Kräften, die den
Ausstieg befürworten. Deshalb verweist Balestrero auch direkt auf die angesehene
Erzdiözese München und Freising, wohin erkleckliche Einnahmen fließen.
Ratzinger ruft seinen Sekretär Gänswein zu sich und sagt ihm, es könne nicht
mehr so weitergehen. Für den Papst sind Prostitution und Pornografie mit
Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichzusetzen, das hat er bei
nichtöffentlichen, aber auch bei öffentlichen Gelegenheiten wiederholt erklärt.
Der päpstliche Sekretär hat auch einen vertraulichen Bericht ausgewertet, den
die Experten der Ersten Sektion des Staatssekretariats verfasst haben und den
er mit dem Papst besprechen möchte: »Die Erste Sektion hat in dieser Sache
einen sehr detaillierten Bericht erstellt«, schreibt Gänswein am 2. November
an Balestrero. »Bitte die erforderlichen
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