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Seine Lordschaft lassen bitten

Titel: Seine Lordschaft lassen bitten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Antwort, aber noch ein anderes lautes Geräusch. Also rannte ich nach vorn, und da kam ein Mann schnell aus dem Vorderzimmer, sauste an mir vorbei, indem er mich mit einer Hand zur Seite schob, und dann wie ein geölter Blitz zur Haustür hinaus. Im selben Augenblick stieß ich einen Schrei aus, und Jocks Stimme antwortete mir von der Gartenpforte her. ›Och!‹ sagte ich, ›Jock! Hier ist ein Einbrecher im Haus gewesen!‹ Und ich hörte, wie der Kerl durch den Garten zum Fluß hinunterrannte und dabei den jungen Kohl und die Erdbeerbeete zertrampelte, dieser Schurke! «
    Wimsey zeigte gebührende Anteilnahme.
    »Ja, das war eine böse Sache. Und in der nächsten Sekunde waren Mr. Macpherson und Jock holterdiepolter hinter ihm her. Wenn Davie Murrays Kühe eingebrochen wären, hätten sie auch keine größere Verwüstung anrichten können. Und dann hörte man ein Platschen und Krachen, und nach einer Weile kam Mr. Macpherson zurück und sagt: ›Er ist in den Fleet gesprungen‹, sagt er, ›und ist davon. Was hat er gestohlen?‹ sagt er. ›Ich weiß nicht‹, sage ich, ›denn es passierte alles so schnell, daß ich nichts sehen konnte. ‹ – ›Kommen Sie ins Haus‹, sagt er, ›und wir wollen nachsehen, was fehlt‹. Wir guckten in alle Ecken und konnten nichts entdecken. Nur die Schranktür im Vorderzimmer war aufgebrochen, und es fehlte nichts weiter als der Behälter mit dem Präparat.«
    »Aha!« sagte Wimsey.
    »Ah! Und beide sind dann mit Lichtern hinausgegangen, aber von dem Dieb war nichts zu sehen. Also kam Mr. Macpherson zurück und ›Ich gehe zu Bett‹, sagt er, ›denn ich bin so müde, daß ich heute nacht nichts mehr tun kann‹, sagt er. ›Oh!‹ sage ich, ›ich wage nicht, ins Bett zu gehen, ich habe Angst.‹ Und Jock sagt: ›Unsinn, Frau, reg dich nicht auf. Heut nacht werden keine Einbrecher mehr kommen wegen der Angst, die wir ihnen eingejagt haben.‹ Also haben wir alle Türen und Fenster verriegelt und sind zu Bett gegangen, aber ich konnte kein Auge zutun.«
    »Das kann man verstehen«, versicherte ihr Wimsey.
    »Erst am nächsten Morgen«, fuhr Maggie fort, »hat Mr. Macpherson Ihr Telegramm geöffnet. Du meine Güte, war er aufgeregt. Dann ging's los mit den Telegrammen. Hin und her, hin und her zwischen dem Haus und dem Postamt. Und dann fanden sie die Scherben des Behälters, in dem das Präparat gewesen war, zwischen zwei Steinen im Fluß. Und wieder zogen Mr. Macpherson und Jock los mit ihren hohen Gummistiefeln und ein paar Fischhaken und stocherten in allen tiefen Stellen und unter den Steinen herum, um das Präparat zu finden. Und sie sind immer noch dabei.«
    In diesem Augenblick bumste es dreimal heftig an die Decke.
    »Herrjemine!« rief Maggie. »Ich habe den armen Herrn ja ganz vergessen.«
    »Was für einen Herrn?« erkundigte sich Wimsey.
    »Den sie aus dem Fleet gefischt haben«, antwortete Maggie. »Entschuldigen Sie einen Augenblick, Sir.«
    Sie rannte schleunigst nach oben. Wimsey goß sich die dritte Tasse Kaffee ein und zündete seine Pfeife an.
    Kurz darauf kam ihm ein Gedanke. Er trank erst seinen Kaffee aus – denn er versagte sich nicht gern einen Genuß – und ging dann seelenruhig hinter Maggie her nach oben. Ihm gegenüber stand eine Schlafzimmertür halb offen – es war der Raum, den er während seines letzten Besuchs bewohnt hatte. Er stieß sie vollends auf. Im Bett lag ein rothaariger Herr, dessen langes, fuchsartiges Gesicht in keiner Weise verschönert wurde durch einen weißen Verband, der etwas verwegen über der linken Schläfe lag. Ein Frühstückstablett stand auf einem Tisch neben dem Bett. Wimsey trat mit ausgestreckter Hand ins Zimmer.
    »Guten Morgen, Mr. Ferguson«, begrüßte er ihn. »Dies ist ein unerwartetes Vergnügen.«
    »Guten Morgen«, sagte Mr. Ferguson bissig.
    »Bei unserer letzten Begegnung«, fuhr Wimsey fort, indem er sich aufs Bett setzte, »ahnte ich nicht, daß Sie beabsichtigten, meinen Freund Macpherson zu besuchen.«
    »Gehen Sie von meinem Bein herunter«, knurrte der Invalide. »Ich habe mir die Kniescheibe gebrochen.«
    »Wie lästig! Äußerst schmerzhaft, nicht wahr? Und es heißt, es dauert Jahre, bis die Geschichte wieder in Ordnung ist – wenn sie überhaupt wieder in Ordnung kommt. Ist es eine sogenannte Potts-Fraktur? Ich weiß zwar nicht, wer Potts war, aber es klingt so eindrucksvoll. Wie sind Sie dazugekommen? Beim Fischen?«
    »Ja. Bin in dem verdammten Fluß ausgerutscht.«
    »Scheußlich. Kann

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