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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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verseucht.
    Ich war schon früher zweimal in dem Haus, in dem Milton wohnt, um seine schöne Mutter zu treffen, deren Sorgen-falten sich eher zu Hause als bei unseren Elternabenden zeigen. Linda Beyer ist eine einflussreiche Immobilienmaklerin, der man nachsagt, dass sie für Billy Joel ein oder zwei Anwesen am entfernten, teuren Ende der Insel gefunden hat. Doch zu Hause ist sie einfach nur eine besorgte Mutter wie jede andere. Ich habe in ihrem Wohnzimmer gesessen, das durchdacht und erlesen eingerichtet ist, mit einem persönlichen, ausdrucksstarken Detail hier und da – einem Babyschuh aus Bronze auf dem Tisch und einem Rotkehlchennest auf dem Fenstersims. Milton ist ihr einziges Kind. Ich habe sein Zimmer gesehen. Auf dem Bett sitzt ein Teddybär, und an der Wand hängt ein Poster von Britney Spears. Wir haben uns inmitten von Linda Beyers eleganten Wohnräumen über für Milton realistische »berufliche Aussichten« unterhalten. Ihr Ausdruck ist schmerzerfüllt, wenn ich es als Erfolg definiere, dass er einen grellgrünen Kittel tragen darf, auf dessen Brust das Wort SAVEWAY prangt.
    »Milton«, rufe ich sanft zum Rücksitz, »wir haben deine Mutter angerufen, aber sie war nicht zu Hause. Wir fahren jetzt einfach mal dort vorbei, um zu sehen, ob jemand da ist.«
    Milton antwortet nicht. Ich sehe in den Rückspiegel und bemerke, dass er eingeschlafen ist. Ich weiß, dass es vergebliche Liebesmüh ist, ihn nach Hause zu fahren, aber was sonst soll ich mit ihm tun?
    »Warte hier«, sage ich zu Milton, obwohl er noch immer schläft, dann steige ich aus, gehe über den sorgfältig angelegten Gartenweg und versuche es an der Eingangstür. Keine Reaktion. Ich hinterlasse Mrs Beyer eine Nachricht mit meiner Telefonnummer, die ich halb in den eleganten Briefschlitz aus Messing schiebe. Dann fahren wir rückwärts aus der langen Auffahrt und weiter Richtung Ronkonkoma.
    Auf dem Heimweg denke ich an Teddy und an unser erstes Mal, nach einer Weihnachtsfeier in Ingas Wohnung. Daran, wie Inga mir an jenem Abend bei der Party Teddy vorgestellt hatte, einen alten Kumpel aus Unitagen. Wie niedlich Teddy ausgesehen hatte, so groß und breit und muskulös, genau wie die besten Rassehunde, und wie ich mich sofort in dieses kantige, männliche Kinn verliebt hatte, und diese Verletzlichkeit, die zwischen den obersten, offenen Knöpfen seines roten Flanellhemds saß. Wie ich später gezittert hatte, als ich eben dieses Hemd aufknöpfte, nachdem er mich in seinem winzigen Apartment in Northport auf seinen Schoß gesetzt hatte. Und dann hatte ich mit ihm geschlafen. Einfach so. Ich war kein Party-Girl, doch ich wusste, dass es in Ordnung war, dass er derjenige war, den zu heiraten mir vorherbestimmt war. Zumindest glaubte ich das damals. Und jetzt fahre ich ehemannlos durch die Gegend, und auf dem Rücksitz schläft ein zurückgebliebener junger Mann unter einer rosa Decke. Was war nur geschehen?
    Es ist schwierig, Milton wach zu bekommen, als wir in Ronkonkoma sind. Ich versuche, ihn an der Schulter zu rütteln, doch er bewegt sich nicht. Ich beuge mich über ihn, lege die Arme um ihn und ziehe. Milton atmet plötzlich aus und spuckt mir Grippeviren in Nase und Mund. Er blinzelt aus glasigen Augen, dann reißt er sie auf.
    »Miss Plow!«, flüstert er. »Ach! Miss Plow!« Seine Arme tauchen auf und schlingen sich um mich, bevor ich reagieren kann.
    »Ach, Miss Plow!«, sagt Milton erneut, und dann wird mein Gesicht gegen seinen heißen Körper gedrückt, irgendwo zwischen Hals und Achselhöhle.
    »Milton!«, entfährt es mir, doch meine Stimme klingt nur gedämpft an seiner Brust. Meine Füße stehen noch immer draußen auf dem Boden, doch sie laufen Gefahr abzuheben. Milton legt eine Hand unter mein Kinn und führt mein Gesicht zu seinem. Sein anderer Arm drückt mich weiter an seinen Körper, als er seine Lippen auf meine presst und mich küsst.
    Ein warmer, fiebriger Kuss. Ich höre seinen heftigen Atem, als er den Mund auf meinen drückt. Ich rieche die Krankheit, aber auch sein Babyshampoo. Ich kann nicht klar denken, und dann kann ich es doch. Ich denke an die Grippe, die ich nächste Woche kriegen werde. Ich denke daran, dass Milton mein Schützling ist. Ich denke daran, wie gut dieser geistig zurückgebliebene Mann küsst. Ich frage mich, ob das hier sexuelle Belästigung ist, merke dann, dass ich diejenige bin, die festsitzt, und frage mich daraufhin, wer hier wen belästigt. Es gelingt mir, mich mit den Händen an seiner

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