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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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Villenviertel fahren, ein nahe gelegenes Villenviertel – nicht einmal zwei Meilen vom EPT-Sitz.
    »Wir sind nur noch drei Blocks davon entfernt«, erklärt Marcie.
    Ich starre auf die Lücken in ihrem borstigen Haar. Sie lässt das Blond nachwachsen, indem sie rücksichtslos das Schwarze wegschnippelt. Jetzt sieht jeder einzelne Stachel aus wie schwarz-weiß gestreiftes Konfekt.
    »Willst du es nicht sehen?«, fragt Marcie mit freundlicher, einschmeichelnder Stimme. »Willst du es nicht wissen?«
    »Woher weißt du es denn?«, frage ich sie.
    »Es ist ganz leicht, herauszufinden, wer ein Haus gekauft hat, wenn man in der Verwaltung arbeitet.«
    »Bist du etwa zum Grundbuchamt gegangen?«
    »Nein, hätte ich aber machen können. Ich habe einfach im Internet nachgesehen und nach allen gesucht, die in Nassau und Suffolk County einen Kreditantrag gestellt haben. Zwei Sekunden später tauchte Ingas Name auf!«
    Sie erzählt mir das mit der fröhlichen Stimme einer Kinderbibliothekarin. Mein Magen fühlt sich an, als würde er durch den Fleischwolf gedreht.
    »Das ist nicht möglich«, stammele ich. »Teddy hat mir doch erst vor ein paar Wochen erzählt, dass sie ein Haus kaufen wollen …«
    Marcie scheint gar nicht zuzuhören.
    »Aas-Inga, so nenne ich sie«, sagt sie. » Aasinga . Findest du nicht, dass sich das gut anhört? Hola, Aasinga! Hat so einen Latino-Flair, oder? Könnte eine Liedzeile von Buena Vista Social Club sein …«
    »Marcie! Hör auf!« Ich halte mir die Ohren zu, dabei würde ich lieber die Augen zuhalten. Ich will nicht, dass es dieses Haus gibt. Es kann nicht sein . Noch nicht.
    »Die beiden haben das anscheinend seit Monaten geplant, während er noch zu Hause war«, sage ich, denn plötzlich wird mir die hässliche Wahrheit bewusst. »Während er noch in meinem Bett lag und sich in meine Steppdecke gekuschelt hat. Während er noch das Essen gegessen hat, das ich ihm gekocht habe, während ich noch seine Wäsche gewaschen und seine Socken sortiert habe …«
    »Ge-nau.« Marcie nickt. »Und wahrscheinlich hat er sich dort auch flachlegen lassen. Von Aasinga. Der Kerl braucht einen Zwölf-Punkte-Plan. Einen Aufkleber aufs Auto, auf dem steht: EINE NACH DER ANDEREN – SCHÖN DER REIHE NACH, einen …«
    »Marcie, hör auf!« Jetzt sind meine Hände vor die Augen gewandert, und meine Handflächen sind tränennass.
    »He, he, kleine Schwester«, gurrt Marcie und fährt mir mit kreisenden Bewegungen über den Rücken. »Er hat von Anfang an nichts getaugt. Das weißt du doch.«
    Natürlich weiß ich das, doch was hat das mit diesem schrecklichen Moment auf dem Beifahrersitz des Big Red zu tun? Die Schluchzer brechen jetzt lautstark aus mir heraus. Ich reibe mir die Augen und bemerke, dass ich meine braune Lunch-Tüte plattgedrückt habe. Nicht, dass ich je davon essen könnte. Nicht, dass ich jemals wieder etwas essen könnte. Na ja, zumindest nicht in den nächsten paar Stunden.
    Teddy. Sein Name schmeckt wie Gift auf meiner Zunge. Stracuzza. Ein Versager. Ein totaler Versager.
    Marcie wartet eine Minute, damit ich meine Fassung halbwegs wiedergewinnen kann. Dann tätschelt sie mir die Hand und legt den Rückwärtsgang ein.
    »Bist du bereit?«, fragt sie.
    »Warum müssen wir das machen?«
    »Weil ich deine Freundin bin und sehen kann, was dieser Kerl aus dir gemacht hast, Rosie. Du musst der Wahrheit ins Gesicht sehen, meine Freundin! Und ich werde dir dabei helfen.«
    Ich glaube, Marcie hat sich irgendwo auf dem Körper auch noch das japanische Zeichen für Wahrheit eintätowieren lassen. Bei ihr ist das ein großes Thema. Ich sollte es mir auf den Po tätowieren lassen, damit ich weiter auf der Wahrheit sitzen kann, wie ich es bereits seit Monaten tue. Ich sehe Marcie mit neu gewonnener Entschlossenheit an.
    »Ich bin bereit«, sage ich zu ihr.
    »Gut. Wir sind fast da.«
    Wir setzen zurück auf die Wohnstraße und fahren die drei Blocks weiter, vorbei an grässlichen Einfamilienhäusern mit Säulen, die an billige Latten erinnern, obwohl die Häuser sicher für eine halbe Million weggehen. Wir biegen nach rechts in eine Straße namens Bluebell Lane ein, und Marcie erklärt mir, dass es hier sei.
    Ich benenne sie in Blödbell-Lane um, weil Teddy hier wohnen wird. Aasinga-Allee klingt auch nett. Ich durchforste mein Hirn nach anderen schwachen Witzeleien, als der Big Red abrupt vor einer rosa Geschmacklosigkeit hält, deren Front von besagten Pseudosäulen gesäumt wird. Es ist eine regelrechte

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