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Seitensprung ins Glück

Titel: Seitensprung ins Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary E Mitchell
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oben und mache an Marcies großem Schreibtisch halt, der Kommandobrücke mitten im Empfangsbereich von EPT.
    »Also, wohin gehen wir am Mittwoch?«, frage ich.
    »Das erfährst du am Mittwoch«, sagt sie und mustert mich argwöhnisch. »Was ist los mit dir?«
    »Nichts.«
    Ich schlurfe zurück in mein Büro. Kaum bin ich dort, schließe ich die Tür, lasse mich auf meinen Stuhl plumpsen und lege den Kopf auf den Schreibtisch. Ich bleibe in dieser Stellung, bis das Telefon klingelt und ich abnehme.
    »Mickey Hamilton«, sagt eine tiefe Stimme.
    Ich setze mich auf. Bevor er weiterredet, beschließe ich, es kurz zu machen.
    »Mr Hamilton«, sage ich mit möglichst professioneller Stimme. »Anscheinend habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt. Aber im Moment ist mir nicht nach Verabredungen zumute.«
    »In Ordnung«, sagt er. »Aber ich rufe wegen Milton an.«
    Hier spricht der distanzierte Mr Hamilton. Er lässt mich einige Sekunden lang in meiner Scham schwelgen.
    »Milton ist krank«, sagt er. »Er hat 39,4 Grad Fieber.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe immer ein Thermometer bei mir.«
    »Ein Thermometer? Warum?«
    »Für Fälle wie diesen. Ich habe auch immer eine Decke dabei.«
    Ich setze mich noch gerader auf. Wie fürsorglich kann ein Mann sein?
    »Miss Plow«, sagt er.
    Ich hätte ahnen müssen, wie fürsorglich er ist, so, wie er im Supermarkt immer den Arm um Milton legt.
    »Miss Plow.«
    »Ja?«
    »Milton«, sagt er. »Was machen wir jetzt mit Milton?«

11
Haare in der Suppe
    Ich finde Mickey Hamilton in seinem kleinen, vollgestopften Kabuff über Milton gebeugt, inmitten von durchlöcherten Pinnwänden voller Zettel und von Plakaten, auf denen die Angestellten angewiesen werden, die Hände von beiden Seiten zu waschen und Lebensmittel richtig einzufrieren. Er hält einen Kaffeebecher mit irgendeiner Flüssigkeit in der großen Hand und bietet ihn Milton leise an, in einem Ton, als würde er ihm ein Schlaflied singen.
    »Guten Morgen«, sage ich, doch sie sehen beide nicht auf. Nicht einmal Milton, der mich so sehr liebt, dass er meinen Namen in den Gelben Seiten nachschlägt. Ich trete näher zu ihnen hin, bis ich hinter Mr Hamilton oder Ham oder Mickey stehe und auf seine breiten Schultern in dem weißen Hemd hinunterstarre. Mir war noch gar nicht aufgefallen, wie breit seine Schultern sind, vermutlich vom Fleischhacken. In Sekundenschnelle richtet er sich auf.
    »Miss Plow«, sagt er. »Ich habe Sie gar nicht gesehen.«
    Ich lächle geschmeichelt. Es hat mir schon immer gefallen, wenn ein Mann mich nicht gesehen hat. »Wie geht es Milton?«, frage ich.
    Mickey Hamilton neigt sein Gesicht zu meinem Ohr. Sein Atem wärmt mir die Wange, als er spricht. Er riecht nach Pfefferminzbonbons. »Nicht gut«, verrät er mir.
    Wir beschließen, dass ich Milton nach Hause bringe. Vielleicht ist seine Mutter inzwischen auch da. Mickey Hamilton legt sich Miltons Arm um die Schulter und seinen eigenen um Miltons Taille. Wir führen ihn zu meinem Auto und legen ihn vorsichtig auf den Rücksitz. Er ist so krank, dass er mich nicht einmal anlächelt. Sein hübsches Gesicht ist verschlossen, das Erwachsene daraus verschwunden. Das Fieber macht ihm Angst. Ich ertappe mich dabei, dass ich ihm über die Haare streicheln will.
    »Bald wird es dir wieder besser gehen«, sage ich besänftigend.
    »Warten Sie«, sagt Mickey, und ich sehe zu, wie er zu einem leuchtend blauen Pick-up am Rand des Parkplatzes läuft. Er macht die Tür auf, holt eine rosa Decke hervor und bringt sie zu uns. Er wickelt sie um Milton und macht dann vorsichtig die Tür zu.
    »Ich hätte ihn ja selber heimgefahren«, sagt er, »aber mein Assistent ist ebenfalls krank«.
    Ich nicke.
    »Die Grippe«, sagt er. »Wahrscheinlich hat Milton sich angesteckt.«
    »Ja«, sage ich.
    »Bringen Sie ihn jetzt besser nach Hause.«
    Wir fahren schweigend los. Ich versuche, nicht zu viel zu atmen. Ich folge der Karte in meinem Kopf zu Miltons Haus. Ich versuche, nicht daran zu denken, was für tolle Schultern Mickey Hamilton hat. Dann fällt mir wieder ein, wie er mich über die Fishers dieser Welt belehrt hat. Wenn er nicht so ein scheinheiliger Arsch wäre, könnte Ham ganz in Ordnung sein.
    Aber eigentlich ist ja nur seine Persönlichkeit ein Problem. Und seine Koteletten. Aber bei welchem Mann findet sich nicht ein Haar in der Suppe, sobald man ihn mal näher kennt? Bei Teddy gab es jede Menge davon. Bei Teddy ist die Suppe geradezu von Haaren

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