Seitensprung ins Glück
deutet auf meinen Teller. »Kim?«, sagt er. »Könntest du das einpacken? Ich glaube, wir nehmen es mit.«
Fünf Minuten später fahre ich zurück zum Sand’n Surf Motel, gefolgt von einem Zimmermann in einem weißen Pick-up. Ich fliehe vor der Möglichkeit, meinem Vater in einer Kneipe über den Weg zu laufen, bin aber auch drauf und dran, einen Mann mit auf mein Zimmer zu nehmen, den ich kaum kenne, einen Pin-up-Boy, der meinen Vater besser kennt als ich. Warum sollte ich Peter DaSilva nicht mit auf mein Zimmer nehmen?, fragt der betrunkene Teil in mir. Wäre das vernünftig?, erwidert der nüchterne Teil. Ein Freund deines Vaters, den du noch nicht einmal kennengelernt hast. Ich wedele den nüchternen Einwurf beiseite wie Fliegen von einem Salat. Warum sollte ich, eine gesunde, ungebundene zweiunddreißigjährige Frau, nicht einen Kerl, der der Cosmo entsprungen sein könnte, mit ins Sand’n Surf nehmen? Bei Mickey bin ich vermutlich sowieso unten durch. Teddy will sich scheiden lassen. Ich bin endlich, endlich dünn. Und ich bin endlich und wirklich … allein.
Als mir plötzlich grelles Scheinwerferlicht entgegenkommt, steigen mir überraschend Tränen in die müden Augen. Ich umklammere das Steuer und wünsche mir plötzlich Mickey an meine Seite, nur fünf Minuten soll er neben mir sitzen, damit ich wieder klar denken kann. Vor mir tauchen die Lichter des Motels auf, und ich fahre auf den Parkplatz und stelle den Motor ab.
Peter DaSilva lenkt seinen Pick-up auf den Platz hinter meinem. Ich höre, wie er die Tür zuknallt, und mein Herz pocht wie wild gegen meine Rippen. Ich spüre, wie er zu meiner Seite des Autos kommt, und ich bleibe wie erstarrt sitzen. Meine Hände umklammern noch immer das Steuerrad, als würde ich dadurch mein Leben retten. In einer Sekunde wäre es sehr unhöflich, noch länger im Auto sitzen zu bleiben, doch anscheinend will es mir nicht gelingen, die Tür zu öffnen. Stattdessen lasse ich das Fenster herunter und blicke zu dem hübschesten Gesicht auf, das mich jemals mit solchem Verlangen angesehen hat. Hinter ihm leuchtet das ZIMMER FREI in Rot, und im Gegenlicht schimmert sein Haar fast rosa.
»Peter«, sage ich und höre die neue Festigkeit, aber auch die Traurigkeit in meiner Stimme. »Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, dass ein Mann wie du mit mir nach Hause kommt. Aber ob du es glaubst oder nicht, ich kann dich jetzt einfach nicht hereinbitten.«
25
Dich würde ich überall erkennen
Um 7:30 Uhr werde ich von der Polka geweckt. Es ist das erste Mal, dass ich die Weckfunktion meines Handys benutze, und ich bin froh, dass es funktioniert. Ich fühle mich erholt und strecke mich auf meiner weichen, durchhängenden Matratze. Dabei lasse ich in Gedanken die Ereignisse des gestrigen Tages Revue passieren: das Haus in Albatross, Mickeys Anruf, Peter, der mich hierher begleitet hat. Und da war noch etwas.
Milton.
Ich suche seine Nummer in meinem Handy. Milton nimmt beim ersten Klingeln ab.
»Ich kann es nicht fassen, dass die Frau mich nicht gesehen hat!«, entfährt es ihm so laut, dass ich das Handy von meinem Ohr wegnehmen muss. Sein kindlicher Unglaube in Kombination mit seiner tiefen Männerstimme füllen mein Motelzimmer mit einem Hauch der Verwunderung. »Oh, Miss Plow, es war schlimm. Es war schlimm! Eine schlechte Fahrerin. Schlechte Fahrerin.«
Er wiederholt sich wie zu der Zeit, als ich ihn kennenlernte. Damals war er ängstlich darum bemüht, einen Job zu finden, und misstraute meinen Beweggründen, ihm bei der Suche zu helfen. »Ich bin froh, dass du nicht verletzt bist.«
»Wo sind Sie?«, erkundigt er sich. »Warum waren Sie nicht im SaveWay?«
»Ich bin im Urlaub«, erkläre ich ihm freundlich und habe das Gefühl, versagt zu haben. »Genau wie du letzten Sommer, als du eine Woche nicht im SaveWay warst und mit deiner Mutter an den Strand gefahren bist.«
»Sunken Meadow«, sagt er. »Das war der Strand von Sunken Meadow. Sie können aber nicht Urlaub machen, wenn es so schlechte Fahrer gibt!«
»Wir sehen uns sehr bald wieder«, verspreche ich ihm. »Kannst du mir jetzt noch deine Mutter geben?«
»Sicher, meine Liebe«, sagt er unerklärlicherweise, als wäre ich plötzlich von seiner Berufsberaterin zu seiner Herzallerliebsten befördert worden.
»Es tut mir so leid, Linda«, sage ich, da ich nicht weiß, was ich sonst zu ihr sagen könnte.
»Ich möchte nicht, dass er weiter draußen die Wagen einsammelt«, entgegnet sie. »Ich will,
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