Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
Vom Netzwerk:
Österreicher schnell geborgen und noch im Evakuierungsfahrzeug notärztlich versorgt werden. Beide Geiseln haben so die Ereignisse überlebt.
    Und wieder hocken und warten wir eine uns schier endlos vorkommende Zeit, in der der Täter sich nicht im vorderen Bereich des Busses sehen lässt. Inzwischen haben die Kollegen der Verhandlungsgruppe versucht, ihm klarzumachen, dass man auf dem bisherigen Weg – der Täter brüllt irgendwas nach draußen, dort versteht ihn niemand – nicht weiterkommt und man auch seine Forderungen, wie auch immer sie beschaffen sein mögen, nicht erfüllen kann, da man sie nicht versteht. Nun soll eine einfache Kabelverbindung zum Bus gelegt werden, um mit dem Täter telefonieren zu können. Allerdings müssen das Kabelende und das Telefon von einem Kollegen an den Bus gebracht werden – ein angesichts des bisherigen Täterverhaltens, das bereits einen Toten und zwei Schwerverletzte zur Folge hatte, risikoreiches Unternehmen, welches genau geplant werden muss.
    Mitten in dieser Planungsphase erhebt sich auf einmal erneut lautes Geschrei im Bus, zunächst vom Täter, dann auch wieder von einigen Geiseln. Ich blicke abermals um die Ecke des Baucontainers, kann aber nichts erkennen. Wir hören wieder die sich überschlagende Stimme des Täters, dann das weinerliche Rufen einer Frauenstimme, bis diese durch einen weiteren Schuss abrupt abbricht. Wir schauen uns an und wissen sofort, dass sich im Inneren des Busses ein weiteres Drama abgespielt hat, und wir können nach wie vor nicht eingreifen, weil der Täter immer noch nicht zu sehen ist.
    Ich melde über Funk: »Hier Peter. Im Bus ist wieder ein Schuss gefallen.«
    Sofort ergänzt einer unserer Beobachter, welcher von vorne durch die Frontscheibe ein wenig in die Tiefe des Busses hineinschauen kann: »Der Täter hat soeben eine Frau erschossen.«
    Zunächst herrscht daraufhin absolute Stille, dann meldet sich Fritz, der Führer der Notangriffskräfte: »Ich kann das bestätigen, wir haben das hier auch gehört.«
    Fritz liegt mit seiner Gruppe etwa 25 Meter vom Heckfenster des Busses im Sichtschutz eines großen Gebüschs und hat die ebenfalls wenig beneidenswerte Aufgabe, im Falle seines Einsatzes durch dieses Fenster in den Bus einzudringen und zu retten, was zu retten ist. Aber da der Täter ja vermutlich über Sprengmittel verfügt, halten wir diesen Einsatz für ziemlich unwahrscheinlich. Wir sollten uns alle irren …
    Die letzten, uns alle in ohnmächtige Wut versetzenden Ereignisse im Bus sind gerade mal zehn Minuten her, wir haben uns wieder in unsere Warteposition gehockt, als wir plötzlich Piets trotz allem ruhige Stimme im Funk hören: »Achtung, Täter vorne im Sichtbereich, Schützen raustreten – und Feuer!«
    Wie der Blitz sind die beiden Gewehrschützen aus ihrer Deckung heraus, diesmal ist der Täter noch vorne im Führerstand des Busses zu erkennen, ich sehe ihn ebenfalls, als ich um die Ecke des Containers blicke. Schemenhaft kann ich durch die Seitenscheibe des Busses einen schwarz gekleideten Oberkörper erkennen und einen Kopf, der von einer schwarzen Sturmhaube verdeckt wird.
    Max und Josef eröffnen beinahe gleichzeitig das Feuer, und ich wundere mich fast, dass mir das Schussgeräusch der beiden HK G3 K überhaupt nicht so laut vorkommt, wie es sonst, beispielsweise auf dem Schießstand, der Fall ist – und das, obwohl Otto und ich keinen Gehörschutz tragen. Seltsamerweise erfasst mich trotz des Wissens um die Endgültigkeit der nun kommenden Ereignisse eine große Ruhe, obwohl ja eigentlich das Gegenteil der Fall sein müsste. Ich registriere, wie nach den ersten Schüssen der Täter aus meinem Sichtfeld verschwindet, vermutlich weil er zu Boden gefallen ist. Die beiden Schützen verlagern ihr Feuer sofort auf den Bereich hinter dem Fahrersitz und schießen wie vereinbart auf diese Position Sperrfeuer. Ich nicke Otto kurz zu, und wir verlassen beide unsere Deckung im Laufschritt. Wir laufen im Rücken des schießenden Max vorbei und dann in einer geraden Linie direkt auf die Fahrertür des Busses zu, um nicht aus Versehen seine Feuerlinie zu kreuzen. Jetzt zahlen sich unsere vielen Stunden intensiven Trainings mit scharfem Schuss aus, denn obwohl Max’ und Josefs Geschosse nur knapp einen Meter von uns ihren Weg in Richtung Bus finden, irritiert das Otto und mich in keiner Weise. Wir erreichen die Fahrertür unangefochten und nehmen gar nicht wahr, dass Max und Josef das Feuer einstellen. Ich

Weitere Kostenlose Bücher