SEK – ein Insiderbericht
am besten in den Bus hineinkommen. Am kürzesten ist es von hier aus natürlich durch die Fahrertür. Wir müssen bloß sicherstellen, dass wir da auch reinkommen, eventuell brauchen wir einen Zweitschlüssel, falls die Tür verschlossen ist. Aber das kann der Typ uns ja hoffentlich sagen.«
Hans, der die ganze Diskussion bisher schweigend verfolgt hat, wirft ein: »Der Techniker müsste eigentlich schon längst hier sein, wir erwarten ihn jede Minute. Ich stelle unseren Plan jetzt dem Polizeiführer vor, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass der ihn, in Anbetracht des Fehlens anderer Alternativen, ablehnen wird. Geht also davon aus, dass wir so verfahren werden, wie gerade besprochen.«
Jetzt fehlt also nur noch der Techniker, und wir könnten starten …
Der taucht tatsächlich wenige Minuten nach diesem Briefing auf und wird von Otto und mir sofort in Beschlag genommen. Bei dem Techniker handelt es sich um einen Mitarbeiter der Firma, die den Bus für die Stadtrundfahrt gestellt hat. Der Mann wirkt etwas aufgeregt.
Otto fragt ihn eindringlich, wie die Beifahrertür zu öffnen ist, ob diese von innen verschlossen werden kann, ob wir dafür eventuell einen Zweitschlüssel brauchen. Dies wird von dem Experten vehement verneint. Er sagt auch auf mehrfache Nachfrage, dass es nicht möglich sei, die Tür von innen zu verschließen, dass dies sogar gar nicht erlaubt sei, weil man angeblich durch diese Tür immer in das Innere des Busses gelangen müsse, wenn sich dort Personen aufhalten würden. Otto und mir ist eine solche Vorschrift zwar nicht bekannt, da wir aber in unserem Dienst auch nicht wirklich etwas mit Verkehrsvorschriften zu tun haben, glauben wir den Angaben des Experten. Er versichert uns überdies, einen Vergleichsbus angefordert zu haben, der auch in kurzer Zeit zur Verfügung stünde und an dem wir dann selber den Türöffnungsmechanismus ausprobieren könnten.
Allerdings wird die Lage von Minute zu Minute prekärer. Unsere Verhandlungsgruppe hat kaum eine Möglichkeit, mit dem Täter in Kontakt zu treten, da natürlich in dem Bus kein Telefon vorhanden und eine Ansprache von außen überaus schwierig ist. Die Kollegen müssen aufgrund des Täterverhaltens einen derart weiträumigen Sicherheitsabstand wahren, dass allein dadurch das Geschrei des Täters kaum zu verstehen ist. Der Geiselnehmer vermittelt einen völlig unkontrollierten, aggressiven Eindruck – ein Eindruck, der sich mit jeder Minute weiter verschärft. Es muss also dringend etwas geschehen.
Endlich trifft nun auch der Vergleichsbus ein, aber wir haben nur sehr wenig Zeit, uns intensiv damit auseinanderzusetzen. Otto und ich beschränken uns auf den Türöffnungsmechanismus und verlassen uns ansonsten auf die Angaben des Experten. Als wir schließlich sicher sind, dass wir in das Innere des Busses gelangen werden, wollen wir nicht länger warten, denn nur das zählt für uns. Über Funk informiere ich die Befehlsstelle, dass wir unsere Vorbereitungen abgeschlossen haben und bereit zum Einsatz sind.
Wir stehen aufgerödelt 10 an der bewussten Ausgangstür der Messehalle. Kurz zuvor hat uns Hans darüber informiert, dass unser Zugriffsplan vom Polizeiführer genehmigt worden ist, und uns zusammen mit Wilhelm viel Glück gewünscht. Otto und ich haben uns neben unserer schusssicheren Weste für den TIG-Helm ohne beschusshemmendes Visier entschieden, da dieses erstens sehr schwer ist und zweitens die Sicht einschränkt, also eine mögliche Schussabgabe, gerade im Inneren des Busses bei möglicherweise schlechten Lichtverhältnissen, sehr erschweren würde. Wir verzichten dabei ganz bewusst auf den Schutz, den dieses Visier gegen einen Treffer im Kopfbereich bietet. Nach unserer Einschätzung ist das aber die vergleichsweise geringste Gefahr, die uns bei dem nun kommenden Einsatz droht. Wenn der Täter den Sprengstoff in dem Bus zündet, den wir dort vermuten, dann hilft uns auch kein Helm mit Visier.
Wir warten auf Piets Zeichen zum Aussickern 11 aus dem Gebäude. Piet hat eine Beobachtungsposition an den Fenstern der Messehalle eingenommen, die es ihm ermöglicht, den vorderen Bereich des Busses genau einzusehen. Derzeit blickt er durch ein Fernglas und beobachtet den Fahrersitz des Busses. Schließlich meldet er sich über Funk: »Vorne nichts zu erkennen, keine Bewegung, Peter go …«
Das ist das Signal für mich. Otto öffnet die Tür der Messehalle so weit, dass ich, als erster Mann des Zugriffsteams, auf dem Bauch
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