Sekunde der Wahrheit
daß etwas Zwangsläufiges zwischen den beiden abzulaufen schien. Sie hatte schon zu viel getrunken, aber nun wünschte sie, noch angesäuselter zu sein, damit ihr das alles nichts ausmachte. Neugierig, wie es weitergehen würde, rief sie: »Mix mir auch einen, Owen.«
»Owen, ich warne dich«, sagte sein Bruder. »Versuche nicht, dich aus der Sache herauszubluffen. Ich will eine direkte Antwort.« Als sie in das Zimmer kam, stand Owen an der Bar und goß die Drinks ein. »Ich bin hergekommen, um es herauszubekommen, und das werde ich. Ist Pepe Benitez tot?«
Pepe Benitez? Der Jockey? Sie mußte doch einen zuviel geschlabbert haben. Der Jockey, der für Andrew Cameron reiten sollte?
Owen reichte Clay ein Glas. »Deine kleine Freundin Kimberley hat also mein kleines Geschenk erhalten? So könnte es ihr auch ergehen, weißt du. Oder schlimmer.«
Das brachte Leben in Clay, so blitzartig, daß er seine Bewegung erst registrierte, als der Spiegel über dem Kamin zersplitterte und Owen kein Glas mehr in der Hand hielt. Es war ihm aus der Hand geschmettert worden.
»Ist er tot?«
»Ich weiß nicht, wovon du, zum Teufel, eigentlich redest, kleiner Bruder.«
Da schlug Clay zu, ansatzlos. Die Gerade erwischte Owen mit einem hässlichem Geräusch an der Backe. Es schoß ihr durch den Kopf, daß sie hier unmöglich Schlägereien veranstalten konnten.
»Das hättest du nicht tun sollen, Clay«, sagte Owen sehr ruhig und tief, fast bedauernd. »Wenn du hergekommen bist, um Prügel zu beziehen, dann soll es mir recht sein.« Er spuckte eine Ladung Blut auf den Teppich und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund und zog seine mächtigen Schultern hoch. Dann fuhr seine Rechte vor, schnell, aber nicht schnell genug für Clay, der sich gewandt abduckte, und diesen Heumacher ins Leere gehen ließ. Clay konterte sofort mit knallharten Rechtslinks-Kombinationen, die Owen voll am Kopf trafen.
Christine Rosser konnte es nicht glauben, sie wollte …
»Hab' deine Linke vergessen«, sagte Owen, und dann landete er einen harten Schwinger an Clays Ohr, der ihn beiseite schleuderte, ohne daß er hinfiel. Owen setzte nach, aber Clay ließ wieder seine Linke vorschnellen, um ihn auf Distanz zu halten. Clay wußte, daß es um ihn geschehen sein würde, wenn Owen nahe genug an ihn herankäme, um sein größeres Gewicht einzusetzen.
»Ist er tot?« fragte Clay, während er mit der Linken zwei Haken schlug, die Owen mit hochgezogener Doppeldeckung abzublocken versuchte.
Blut lief ihm über das Gesicht, und Christine Rosser hätte schreien mögen, aber hilflos und fasziniert stand sie dabei und schaute zu. Clays Ohr war feuerrot und angeschwollen. Sie mußte wirklich träumen …
»Ist er tot?«
»Soll sich deine Freundin sorgen«, knurrte Owen. »Tut ihr gut.«
Er schlug zu, traf nicht, aber dann preschte er mit eingezogenem Kopf vor wie ein Bulle, der nur noch rot sieht. Er packte Clay beim Revers seines Jacketts und hieb ihm einen Schwinger in den Magen, der ihm die Luft wegnahm und ihn fast in die Knie gehen ließ.
Dann rollten sie beide über den Boden, die Lampe fiel um. Owen konnte nun seinen Gewichtsvorteil ausnutzen, hockte fast auf Clay, als dieser seinen roten Bart erwischte und daran riß. Owen schrie vor Schmerz, während Clay auch noch die andere Hand in den Bart verkrallte und zerrte.
Jeden Moment nun würde sie aufwachen aus diesem Alptraum, bestimmt …
Plötzlich zog Owen sich zurück, als könnte er es keinen Moment mehr aushalten, und eine Handvoll Haare blieb in Clays Fäusten. Nun versuchte Owen, Clay seine Rechte voll ins Gesicht zu rammen, doch Clay konnte im allerletzten Augenblick mit dem Kopf ausweichen. Owens Faust prallte auf den harten Boden, mit einem garstigen Geräusch brachen die Knochen. Owen stieß einen markerschütternden Schrei aus, rollte sich zur Seite und hielt seine Hand, während Clay sich aufrappelte und mit dem Stiefel in Owens Rippen trat.
Jetzt schrie Clay: »Ist Pepe tot?«
Sein Ohr sah wie eine überreife Feige aus, und sein Gesicht war blutverschmiert. Er wartete ab. Owen kam leichtschwankend auf die Füße, nach vorn gebeugt, und umklammerte seine gebrochene Hand. Seine Augen waren verquollen, und eines war rotgerändert. Dann packte Owen einen Stuhl und benutzte ihn wie einen Rammbock, schob Clay rückwärts an die Wand und pinnte ihn mit den Stuhlbeinen fest. Aber sein Griff war nicht fest, und es gelang Clay, ihm einen Tritt in die Eingeweide zu versetzen. Owens Kopf
Weitere Kostenlose Bücher