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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael M. Bonelli
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gierig »Praxiten«, eine andere sage »der Doc hat recht«. Die zweite Stimme spürt sie aber nur, wenn sie dem Psychiater in die Augen schaut. Dann erzählt sie folgende Vorgeschichte: »Ich war vor 4 Jahren Xanor-abhängig (eine ähnliche süchtigmachende Substanz). Habe damals immer mehr geschluckt, bis ich drei Tage lang durchgehend nur diese Tabletten geschluckt habe bis zur Bewusstosigkeit. Ich bin aufgewacht und habe weitergeschluckt, bis ich wieder bewusstlos war.« Die Kollegen im Studentenhaus hätten sie damals schließlich gefunden und ins Spital gebracht. Dort habe sie dann einen schrecklichen Entzug durchgemacht: »Da ist es mir verdammt dreckig gegangen.« So etwas wolle sie nie mehr wieder erleben. Insofern habe sie immer gewusst, dass der Psychiater recht habe, habe das aber nicht wahrhaben wollen, weil das Tablettenschlucken für ein paar Stunden ein so angenehmes und entspannendes Gefühl hervorgerufen habe.

ANALYSE: Der Bauch will die kurzfristige Befriedigung, auch wenn sie langfristig in einem schrecklichen und schmerzhaften Entzug mündet. Aber der ist subjektiv in weiter Ferne, die Entspannung ist gleich da. Interessanterweise kann das Herz dem Arzt nur dann recht geben, wenn die Patientin ihm in die Augen schaut – dann ist der Selbstbetrug offensichtlich nicht mehr möglich. Erst einige Zeit später kann sie dem Arzt die Vorgeschichte erzählen, die ihn in seiner Sorge bestätigt und die sie genau deswegen vor ihm verborgen hatte.
    Sympathie und Antipathie
    Menschen wie der Leutnant Anton Hofmiller sind kein Einzelfall: Eine entscheidende Frage im Leben jedes Menschen ist, wie man mit unpraktischen Gefühlen umgeht. Ob man die überhaupt steuern und irgendwie beherrschen kann oder ob man ihnen schutzlos ausgeliefert ist. Nehmen wir einmal Sympathie und Antipathie. Wissen Sie genau, warum Sie Herrn A so mögen und Frau B nicht ausstehen können? Ich weiß das bei mir jedenfalls nicht immer so genau. Da kann man oft nur spekulieren und mutmaßen. Mit solch tiefen Blicken in den Bauch haben Psycho-Gurus schon viel Geld verdient. Man kann es sich auch einfacher machen und sagen, das sei halt die Chemie. Falls Sie der Auffassung sein sollten, dass Sie das nicht beeinflussen können, sondern Ihr Verhalten zwingend von Sympathie und Antipathie bestimmt würde, dann können Sie sich einen Bauchmenschen nennen. Sie sind glaubwürdig, spontan, authentisch und echt. Die 68er-Generation fand die Bauchmenschen super. Aber stellen Sie sich einmal vor, dass Sie grundlos Ihren Chef nicht mögen. Oder Ihre zukünftige Schwiegermutter! Ein falsches Wort bedeutet da Unglück auf Jahre! Dem sind Sie dann hilflos ausgeliefert … Ist das wirklich so?
    Gehen wir ins Detail: Der Bauch reagiert sofort auf einen Außenreiz. Weil er ja nicht denken muss, nicht das Für und Wider abwägen. Der Bauchmensch ist recht einfach gestrickt, will Lust gewinnen und Unlust vermeiden. Seine spontane Reaktion kann damit sehr richtig sein. Das nennt man dann Intuition. Aber die kann auch sehr falsch sein, obwohl sie sich so bombensicher anfühlt. Im Bauch passiert blitzschnell eine emotionale Bewertung nach sympathisch oder unsympathisch, vorerst ohne Einfluss von Herz und Kopf. Das mag ein Millisekunden dauernder Blick sein, der Sie an einen sadistischen Lehrer erinnert. Es kann ein Parfum sein, das bei Ihnen positiv konnotiert ist, ein Vorname, den sie mit einem lästigen Nachbarn verknüpfen, es können der Körperbau, die Körperhaltung, die Gestik, die Mimik sein. Da spielen unsere Minderwertigkeitskomplexe hinein, ebenso wie unsere Bedrohungsphantasien oder Ängste. Diese Ebene unserer Reaktionen ist den Instinkten der Tiere nicht unähnlich. Was man gemeinhin »Vorurteil« nennt, ist letztlich eine unreflektierte Bauchfunktion.
    Ich kannte einmal eine ältere Oberärztin, die ein Problem mit ihren Haaren hatte. Jedes Mal, wenn eine junge Ärztin mit langem, schönem Haar kam, wurde diese von der Chefin recht geschnitten und vor den Kollegen und Schwestern herabgewürdigt. Viele auf der Station haben das durchschaut – außer der Täterin. Wie sagte Freud so schön? »Unvollständige Verdrängung von Es-Impulsen durch das Ich, wobei der verdrängte Impuls trotz der Verdrängung (verschleiert, gewissermaßen durch die Hintertüre) in das Bewusstsein und in das Verhalten einbricht.« Dass sie ein Problem mit ihrem Haar hatte, hat sie verdrängt – und das bricht »durch die Hintertür« als Aggression gegen die junge

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