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Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition)

Titel: Selber schuld!: Ein Wegweiser aus seelischen Sackgassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael M. Bonelli
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Der Analytiker war kaum zu beruhigen. Letztlich kamen die beiden überein, dass Klaus G. für eine Analyse einfach nicht geeignet sei.

ANALYSE: Substanzungebundene Süchte wie die des Herrn G. veranschaulichen das ungewollte Ausufern des Bauches drastisch. Der Kopf erkennt die Sinnlosigkeit der Sucht, aber das Herz ist – meist aus Wehleidigkeit – zu schwach, um eine konsequente Verhaltensänderung herbeizuführen. Deswegen ist es in solch einem Fall ratsam, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und: Auch ein Therapeut kann durch sein Weltbild blockiert sein.
    Psychische Krankheit, also die Neurose, ist bei Freud die »unvollständige Verdrängung von Es-Impulsen durch das Ich, wobei der verdrängte Impuls trotz der Verdrängung (verschleiert, gewissermaßen durch die Hintertüre) in das Bewusstsein und in das Verhalten einbricht«. Im organischen Modell werden die Bauchgefühle vom Herzen und vom Kopf idealerweise wahrgenommen, beurteilt und kultiviert. Verdrängt kann auch werden, aber dann hauptsächlich die dem Herzen unangenehme Schuld, die dann tatsächlich als Aggression in das Verhalten einbrechen kann.
    Psychische Gesundheit hingegen wird von Sigmund Freud so definiert: »›Psychisch korrekt‹ sind solche Handlungen, in welchen das Ich die Regungen aus dem Es, die Ansprüche des Über-Ich und die Erfordernisse der Realität in Einklang zu bringen vermag. « Im organischen Modell hingegen ist es analog zu Freuds »psychischer Korrektheit« ein bequemer Idealzustand, wenn Kopf, Herz und Bauch in dieselbe Richtung schwingen. Aber da der Mensch in diesem Modell frei ist, kann das Herz auch eine Richtungsänderung angeben, der der Kopf schnell folgt und der Bauch irgendwann – nach entsprechendem Widerstand – nachzieht. Das Überwinden des Bauchwiderstands wäre das mühsame Erwerben einer Tugend. Wenn zudem das Herz keine hindernden Steine in den Weg legt, kann der Kopf die Wahrheit suchen und finden.
    Freuds Hypothese, vor mehr als hundert Jahren entwickelt, war damals genial und bahnbrechend. Sie erklärte viele Phänomene, die bis dahin unerklärlich waren. Auch für die heutige Zeit ist noch viel Brauchbares dabei, wenngleich seine Thesen nie naturwissenschaftlich – seine große Sehnsucht! – verifiziert werden konnten, etwa durch bildgebende Verfahren der Gehirnfunktionen. Seine Konstruktion ist interessant, hat aber aus heutiger Sicht eine Reihe von Klötzen am Bein. Erstens den bereits erwähnten Determinismus, der jeden Menschen für unfrei erklärt und damit eigentlich zum Psychopathen macht.
    Zweitens die Geringachtung der menschlichen Vernunft, die in seinem Modell des »Über-Ich« nur eine Sammlung von Moralvorstellungen der bösen Eltern und der bösen Gesellschaft ist und die uns ständig ein schlechtes Gewissen macht. Deswegen sind in den Erklärungsmodellen schlechter Therapeuten auch automatisch die Eltern schuld. Freuds Über-Ich kann mit den erhaltenen Inputs kein eigenständiges Weltbild basteln, sondern ist eher ein Mülleimer von bunt zusammengewürfelten Fremdideen. Woher Eltern und Gesellschaft wiederum ihre Ideen und Moralvorstellungen bekommen, bleibt bei Freud offen, da diese ja den Input ungefiltert jeweils von der Vorgeneration übernehmen müssen – und am Anfang steht bei Freud alles, bloß kein Gott. Das Ich bei Freud besitzt zwar die Fähigkeit zu Denk- und Willensvollzügen, ist aber weder frei noch fähig, die Wahrheit zu erkennen.
    Der dritte Klotz am Bein der Psychoanalyse ist die Vorstellung vom Ich als von Es und Über-Ich bedrängt und immer nur den Ausgleich suchend. In der modernen Thermodynamik würde man das heute »Entropie« nennen, das niedrigstmögliche Energieniveau. Aber genau dieser Entropieausgleich kommt nur bei toter Materie vor. Lebende Systeme, beim Einzeller und bei der Kaulquappe angefangen, definieren sich im Gegensatz dazu durch eine Entropiedifferenz. Das wusste Freud freilich noch nicht. Sein Ich ist eine Totgeburt, nicht zu radikalen Entscheidungen fähig. Das Phänomen Mutter Teresa von Kalkutta hätte Freuds »psychischer Apparat« wohl schwerlich aus ihrer Kindheit vorhersagen können. Oder denken wir an Mahatma Gandhi – unberechenbar! Die großen Taten der Menschheit bestehen immer in einem unerwarteten Überwinden von inneren und äußeren Schwierigkeiten, nicht im passiven Ausgleich. Für einen Menschen, der wider Erwarten eine großherzige, selbstlose Tat vollbringt, hat der »psychische Apparat« keinen Platz: Der

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