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Selbs Betrug

Selbs Betrug

Titel: Selbs Betrug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlink
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tatsächlich vor und tätschelte mir das Knie.
    »Sind wir richtig unterrichtet, daß Sie nach Frau Salger im Auftrag von jemandem gesucht haben, der sich gewissermaßen als ihr Vater ausgab? Haben Sie mit dem Herrn noch Kontakt?«
    »Du machst den Herrn Doktor ganz konfus, wenn du alle Fragen auf einmal stellst.« Rawitz wies Bleckmeier mild zurecht. Ich wußte nicht, ob das ihre Variante des gemischten Doppels vom lieben und bösen Polizisten war oder ob Rawitz einen höheren Rang und das Sagen hatte. Bleckmeier war deutlich älter, aber die Politik schwemmt in den Behörden erstaunliche Gestalten nach oben. »Wenn du eine Frage gestellt hast und zur nächsten gehst, ohne auf der Beantwortung der ersten zu bestehen, dann denkt dein Gegenüber, daß es dir gar nicht ernst ist mit der gestellten Frage. Gewissermaßen nicht ernst ist, wie du sagen würdest. Dabei ist es uns sehr ernst damit, Frau Salger zu finden.« Bleckmeier hatte einen roten Kopf und nickte mehrmals. Dann schauten mich beide erwartungsvoll an.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich möchte wissen, um was es geht.«
    »Herr Dr. Selb«, Rawitz artikulierte überdeutlich, »ob es um Rauschgift, Falschgeld, Terrorismus oder einen Angriff auf Leben oder Freiheit des Bundespräsidenten geht – Ihnen steht in keinem Fall zu, unsere Ermittlungen zu behindern. Es steht Ihnen nicht als Privatdetektiv zu und nicht als ehemaligen Staatsanwalt, und wenn gerade Sie als alter Nazi das Geschäft der Terroristen unterstützen wollen – Sie glauben doch wohl selbst nicht, daß Sie damit auf unsere besondere Sympathie stoßen.«
    »Ich glaube nicht, daß Ihre Sympathie für mich so furchtbar wichtig ist. Und wenn Sie schon sagen, daß es um das Geschäft der Terroristen geht – warum nennen Sie nicht auch Roß und Reiter?«
    »Er glaubt nicht«, höhnte Rawitz und schlug dem erschrockenen Bleckmeier auf den Schenkel, »er glaubt nicht, daß unsere Sympathie für ihn wichtig ist. Ich habe Ihnen schon mehr gesagt, als ich sagen muß. Aber wenn Sie’s nicht hören wollen«, er nahm mich über den Zeigefinger seiner Rechten ins Visier, »dann müssen Sie fühlen. Sie schulden uns Ihre Aussage.«
    »Sie wissen genausogut wie ich, daß ich vor Ihnen keine Aussage machen muß.«
    »Ich hole Sie vor den Staatsanwalt. Vor dem müssen Sie reden.«
    »Aber erst, wenn er mir sagt, warum er ermittelt.«
    »Was?«
    »Wenn ich nicht weiß, gegen wen und wegen was ermittelt wird, kann ich nicht beurteilen, ob ich mich durch meine Aussage belasten würde.«
    Rawitz wandte sich Bleckmeier zu. »Hast du gehört? Er will sich nicht belasten. Es gibt Belastendes, und er könnte sich belasten, aber er will nicht. Interessiert uns das? Nein, Belastendes interessiert uns gar nicht. Alles, was wir wissen wollen, ist die gegenwärtige Adresse von Frau Leonore Salger. Und das wird Ihnen auch der Staatsanwalt sagen. Alles, was ich wissen will, wird der Staatsanwalt sagen, ist die gegenwärtige Adresse von Frau Salger. Von einer Belastung kann dabei nicht die Rede sein. Raus mit der Sprache, wird der Staatsanwalt sagen«, Rawitz schaute mir in die Augen und hob die Stimme, »raus mit der Sprache. Oder haben Sie was mit Frau Salger? Verlobt, bis zum dritten Grad verwandt, bis zum zweiten verschwägert? Was wollen Sie uns weismachen?«
    Ich nahm mich zusammen. »Ich mache Ihnen nichts weis. Sie haben recht, mein Fall hat mich auf die Spur von Frau Salger gebracht. Aber was ich aus der Arbeit an einem laufenden Fall erzählen kann, müssen Sie mir überlassen.«
    »Sie reden, als seien Sie der Seelsorger von Frau Salger oder ihr Arzt oder Anwalt. Alles, was Sie sind, ist ein mieser, kleiner, privater Schnüffler mit einer schrägen Schramme im Gesicht. Wo haben Sie die eigentlich her?«
    Ich wollte ihn fragen, wo er seine unsinnigen Vernehmungsmethoden her hat. Lernt man das auf der Polizeischule? Aber Bleckmeier ergriff vor mir das Wort.
    »Das geht ganz schnell, Herr Doktor, das mit der Vorladung zum Staatsanwalt. Sogar mit der Vorladung zum Richter. Das ist eine Sache von wenigen Stunden. Sie haben keine guten Karten, sozusagen.«
    Ich fand meine Karten nicht so schlecht. Vielleicht kam ich mit dem Argument durch, daß ich über den Gegenstand der Ermittlungen Bescheid wissen mußte, um mich nicht selbst zu belasten. Wenn nicht, dann konnten sie mich zwar Beugegeld zahlen lassen oder in Beugehaft nehmen, aber so schnell schießen die Preußen nicht. Ich hatte auch den Eindruck, daß die Herren vom

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