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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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uninteressiertes Gesicht, aber seine Augen sagten mir, daß er ausgespielt hatte.
    Das Match, das wir uns lieferten, gehörte zu den Spielen in meinem Leben, die ich nicht vergessen werde.
    Es war, als wollten Mischkey und ich nachholen, was zuvor an offenem Kampf gefehlt hatte. Ich spielte über meine Kräfte, aber Babs und ich verloren nach Strich und Faden.
    Frau Buchendorff war fröhlich. »Ich habe einen Trostpreis für Sie, Herr Selb. Wie wär’s mit einer Flasche Champagner auf der Terrasse?«
    Sie war die einzige, die das Spiel unbefangen genossen hatte, und hielt mit der Bewunderung für ihren Partner und ihre Gegner nicht hinterm Berg. »Ich hab dich gar nicht wiedererkannt, Peter. Dir geht’s gut heute, nicht?«
    Mischkey versuchte zu strahlen. Er und ich sagten nicht viel beim Champagner. Die beiden Frauen hielten 112
    das Gespräch in Gang. Babs sagte: »Eigentlich war es kein Doppel. Wenn ich nicht schon so alt wäre, würde ich hoffen, daß ihr beiden Männer um mich gespielt habt. Aber so müssen Sie die Umworbene sein, Frau Buchendorff.« Und dann ging es zwischen den beiden Frauen um Alter und Jugend, Männer und Liebhaber, und wenn Frau Buchendorff eine frivole Bemerkung machte, gab sie dem stummen Mischkey gleich einen Kuß.
    In der Umkleidekabine war ich mit Mischkey allein.
    »Wie geht das jetzt weiter?« fragte er.
    »Ich werde den rcw meinen Bericht vorlegen. Was die dann machen, weiß ich nicht.«
    »Können Sie Judith draußen lassen?«
    »Das ist nicht so einfach. Sie war ja in gewisser Weise der Köder. Wie soll ich sonst erklären, daß ich Ihnen auf die Schliche gekommen bin?«
    »Müssen Sie schreiben, wie Sie mir auf die Schliche gekommen sind? Genügt’s nicht, wenn ich einfach zu-gebe, daß ich das mbi-System geknackt habe?«
    Ich dachte nach. Ich glaubte nicht, daß er mich rein-legen wollte, vor allem sah ich nicht, wie er mich reinle-gen konnte. »Ich will’s versuchen. Aber machen Sie mir keine krummen Touren. Sonst muß ich den anderen Bericht noch nachreichen.«
    Auf dem Parkplatz trafen wir die beiden Frauen. Sah ich Frau Buchendorff heute zum letztenmal? Der Gedanke versetzte mir einen Stich.
    »Bis bald?« verabschiedete sie sich. »Wie kommen Sie übrigens mit Ihrem Fall voran?«
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    Unser Seelchen
    Mein Bericht für Korten wurde kurz. Trotzdem
    brauchte ich fünf Stunden und eine Flasche Cabernet Sauvignon, bis ich um Mitternacht mit dem Diktat fertig war. Der ganze Fall rollte noch einmal an mir vorbei, und es war nicht einfach, Frau Buchendorff außen vor zu lassen.
    Ich beschrieb die Verbindung rcw/rrz als die offene Flanke des mbi-Systems, über die nicht nur Leute vom rrz, sondern auch andere an das rrz angeschlossene Betriebe bei den rcw eindringen konnten. Von Mischkey borgte ich mir die Charakterisierung des rrz als Drehscheibe der Industriespionage. Ich empfahl die Abkopplung der Emissionsdaten-Protokollierung vom Zentralsystem.
    Dann schilderte ich in bereinigter Form den Gang meiner Ermittlungen, von meinen Gesprächen und Recherchen im Werk bis hin zu einer fiktiven Konfrontation mit Mischkey, bei der er sich zu den Eingriffen bekannt und sich bereit erklärt hatte, ein Geständnis mit Offenlegung der technischen Einzelheiten gegenüber dem rcw zu wiederholen.
    Mit leerem, schwerem Kopf ging ich ins Bett. Ich 114
    träumte von einem Tennismatch in einem Eisenbahnwa-gen. Der Schaffner, mit Gasmaske und schweren Gum-mischuhen, versuchte unentwegt den Teppich wegzu-ziehen, auf dem ich spielte. Als es ihm gelang, spielten wir auf gläsernem Boden weiter, unter uns sausten die Schwellen davon. Meine Partnerin war eine gesichtslose Frau mit schweren, hängenden Brüsten. Ich hatte bei ihren kräftigen Bewegungen die ganze Zeit Angst, sie würde durchs Glas brechen. Als sie es tat, wachte ich entsetzt und erleichtert auf.
    Am Morgen ging ich in die Kanzlei zweier junger Anwälte in der Tattersallstraße, deren unausgelastete Sekretärin gelegentlich für mich schreibt. Die Anwälte spielten an ihrem Terminal Amigo. Die Sekretärin sicherte mir den Bericht für elf Uhr zu. Dann, im Büro, sah ich meine Post durch, zumeist Prospekte für Alarm-und Überwachungsanlagen, und rief Frau Schlemihl an.
    Sie zierte sich sehr, aber am Ende hatte ich doch meine Verabredung mit Korten zum Mittagessen im Kasino. Ehe ich den Bericht holte, buchte ich im Reisebüro auf den Planken für die Nacht einen Flug nach Athen.
    Anna Bredakis, eine Freundin aus gemeinsamer

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