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Selbs Justiz

Selbs Justiz

Titel: Selbs Justiz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Schlink , Walter Popp
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Falles.«
    »Wie aufregend«, sagte Babs. Manchmal hatte ich das Gefühl, daß sie meinen Beruf nicht ernst nahm.
    »Wenn du noch mehr wissen willst, kann ich’s dir auf der Fahrt erzählen. Und wenn nicht, macht’s auch nichts, du mußt sowieso natürlich und unbefangen sein.«
    Es klingelte.
    Es klingelte wahrhaftig noch so, wie es zu meiner Schulzeit geklingelt hatte. Babs und ich traten auf den Gang, und ich sah die Schüler in die Klassenzimmer strömen. Es waren nicht nur andere Kleider und andere 108
    Haare, sondern auch andere Gesichter als damals. Sie kamen mir zerrissener vor, wissender und ihres Wissens nicht froh. Die Kinder hatten eine herausfordernde, gewaltsame und zugleich unsichere Art, sich zu bewegen. Die Luft vibrierte von ihrem Geschrei und Gelärm.
    Fast fühlte ich mich bedroht, und ich war bedrückt.
    »Wie hältst du’s hier aus, Babs?«
    Sie verstand mich nicht. Vielleicht wegen des Lärms.
    Sie sah mich fragend an.
    »Also dann, bis heute nachmittag.« Ich gab ihr einen Kuß. Ein paar Schüler pfiffen.
    Ich genoß die Ruhe meines Autos, fuhr ins Horten-Parkhaus, kaufte Champagner, Tennissöckchen und hundert Blatt Schreibmaschinenpapier für den Bericht, den ich heute abend schreiben müßte.
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    Ein schönes Paar
    Babs und ich waren kurz vor fünf am Platz. Weder das grüne noch das silberne Kabriolett stand da. Es war mir recht, der erste zu sein. Meine Tennissachen hatte ich schon zu Hause angezogen, den Champagner ließ ich kalt stellen. Dann setzten Babs und ich uns auf die oberste Stufe der Treppe, die von der bewirtschafteten Terrasse des Vereinshauses zu den Plätzen führte. Wir hatten den Parkplatz im Blick.
    »Bist du aufgeregt?« fragte sie mich. Auf der Fahrt hatte sie nichts weiter wissen wollen. Jetzt fragte sie nur aus Anteilnahme an mir.
    »Ja. Vielleicht sollte ich mit dem Arbeiten aufhören.
    Mich nehmen die Fälle mehr mit als früher. Hier wird’s dadurch schwer, daß ich den Hauptverdächtigen ganz sympathisch finde. Du wirst ihn ja gleich kennenlernen.
    Ich denke, Mischkey wird dir gefallen.«
    »Und die Chefsekretärin?«
    Spürte sie, daß Frau Buchendorff nicht nur eine Stati-stin des Verdachts war?
    »Die find ich auch sympathisch.«
    Wir saßen nicht gut auf den Stufen. Wer bis fünf gespielt hatte, ging jetzt auf die Terrasse, und die Nachfol-110
    ger kamen aus den Umkleideräumen und drängelten die Treppe hinab.
    »Fährt dein Verdächtiger ein grünes Kabriolett?«
    Als auch für mich der Blick frei war, sah ich, daß Mischkey und Frau Buchendorff gerade vorgefahren waren. Er sprang aus dem Wagen, lief um ihn herum und riß ihr mit tiefer Verbeugung den Schlag auf. Sie stieg lachend aus und gab ihm einen Kuß. Ein schönes, beschwingtes, glückliches Paar.
    Frau Buchendorff sah uns, als sie am Fuß der Treppe waren. Sie winkte mit der Rechten und gab Peter mit der Linken einen auffordernden Stups. Auch er hob be-grüßend den Arm – da erkannte er mich, und seine Bewegung gefror, und sein Gesicht erstarrte. Für einen Moment hörte die Welt auf, sich zu drehen, und die Tennisbälle standen in der Luft, und es war ganz still.
    Dann lief der Film wieder an, und die beiden standen bei uns, und wir gaben uns die Hand, und ich hörte Frau Buchendorff sagen: »Mein Freund, Peter Mischkey, und das ist Herr Selb, von dem ich dir schon er-zählt habe.« Ich sagte die erforderlichen Vorstellungs-formeln.
    Mischkey begrüßte mich, als sähen wir uns zum erstenmal. Er spielte die Rolle gefaßt und gekonnt, mit den passenden Gesten und dem richtigen Lächeln. Aber es war die falsche Rolle, und fast tat es mir leid, daß er sie mit solcher Bravour spielte, und hätte ich mir statt dessen das richtige »Herr Selb? Herr Selk? Ein Mann mit vielen Gesichtern?« gewünscht.
    Wir gingen zum Platzwart. Platz 8 war auf den Na-111
    men Buchendorff reserviert; der Platzwart wies ihn uns kurzangebunden und unwillig zu, in einen Streit mit einem älteren Ehepaar verwickelt, das darauf bestand, einen Platz vorbestellt zu haben. »Schauen Sie doch bitte selbst, die Plätze sind alle vergeben, und Ihr Name ist nicht auf der Liste.« Er schwenkte das Terminal so, daß sie es sehen konnten. »Das lasse ich nicht mit mir machen«, sagte der Mann, »ich habe den Platz schon vor einer Woche reserviert.« Die Frau hatte schon aufgegeben. »Ach, laß doch, Kurt. Vielleicht hast du dich mal wieder getäuscht.«
    Mischkey und ich tauschten einen kurzen Blick. Er machte ein

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