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Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Titel: Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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Sind Sie wahnsinnig?«
    Ich: »Paulo Coelho sagt: Das Leben kann, je nachdem, wie wir es leben, kurz oder lang sein. Das gilt auch für Dackel. Knurr!«
    Zweiter Weihnachtsfeiertag, 18:00 Uhr.
    Es ist schwieriger zu verändern, was draußen ist, als das, was drinnen ist, sagt Paulo Coelho.
    Stimmt, vor allem wenn man über die Feiertage von der eigenen Familie auf dem Gästeklo eingeschlossen wird. Dabei geht’s schon wieder.
    Hauptsache, ich kriege bis Silvester die Lederkombi vom Balch. Aber dafür müsste erstmal der Dackel loslassen.
    Projekt Ruprecht ist jedenfalls gestorben.
    Aber wie sagte ein anderer großer Philosoph, nämlich Sylvester Stallone? Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist.
    Da sind noch andere Projekte zu stemmen.
    Mein Sohn glaubt nämlich auch nicht an den heiligen Sankt Martin. Kennt er nicht. Wir haben immer die Umzüge verpasst. Noch elf Monate Planungszeit also, bis es heißt:
    Da steht ein Pferd auf dem Flur.

Gudrun
    B in ja einiges gewohnt.
Ich bin in einer Zeit groß geworden, in der das Internet zwar formell existierte, aber in der Wurzel nix taugte. So 1993 musste man noch original den Telefonhörer in eine analoge Gummipussi drücken, die mit der Telefonleitung verbunden war. Dann rödelte es beim Verbindungsaufbau vor sich hin – und zwar in der Geschwindigkeit, als würde eine einarmige Oma diese Website HÄKELN. Zeile für Zeile.
    Man hatte dabei ausreichend Zeit, sich zu rasieren. Am ganzen Körper. Auch Besuche bei Freunden im Sauerland waren kein Thema. Dann kehrte man zurück, kärcherte sich die Kuhscheiße von den Doc Martens und freute sich, dass wieder drei Zeilen mehr auf dem Monitor waren. Toll. Da hockte man, trank Kaffee, war gespannt, die Kinder schauten einem über die Schulter, man holte noch ’n Kaffee, die Kinder wurden groß und zogen aus – und wieder hatten sich vier Zeilen aufgebaut.
    Irgendwann machte es PIEP. Die Seite hatte sich komplett aufgebaut: In brachialer, faustgroßer Klotzschrift stand etwas auf dem Monitor: KUCKUCK. Oder etwas ähnlich Innovatives. Man sprang auf, riss die Faust hoch und schrie: JA UND? Aber technisch gesehen war das schon krass damals.
    Und heute?
    Kein Problem dank DSL. Alte Knacker, die kaum mehr ein Bein an die Erde kriegen, ohne dass ihnen Pflegepersonal ins Sichtfeld grätscht, sitzen vorm Rechner mit einer 28000-Leitung. Die Technik ist dem Menschen schon lange überlegen. Man sollte meinen, das würde meine Arbeit erleichtern. Am Arsch. Ich muss jetzt mal diesen Text schreiben, und zwar nach dem üblichen Konzept: Hälfte fehlt, trotzdem zu lang.
    Vorher aber mal E-Mails checken. Die Technik hält mich von der Arbeit ab. Unentwegt. Da ist wieder eine gute Spammail. Der alte Überweisungstrick:
    Â» Werter Herr, Sie machen Erbschaft in Kongo von Stammesfürst gleichen Namens, gratulieren wir.
    Um zu überweisen die 120000 Mark du haben darf Konto machen für Anwalt Königsgeschlecht, er viel bald überweisen. So du nur, gutgemachter Glückspilz, einmal Bankdaten kund machen, auf dass Schnell Geld feilbieten.«
    Super, denke ich, Post von Bruce Darnell.
    Schreibe zurück:
    Â»Danke für die nette Mail, vor allem für das Kompliment mit dem Königsgeschlecht. Stimmt aber auch, ist echt ’n Mörder-Knüppel.
    Tschüss,
    Sträter «
    Alles hält einen von allem ab. Dabei soll die Technik es doch erleichtern. Beispiel:
    Ich habe ein iPhone mit SIRI, diesem Sprachmodul, das alles weiß und dazulernt.
    Kann alles, sogar philosophische Fragen. Theoretisch. Man sollte übrigens jeder Frage ein SIRI voranstellen. Vermutlich damit sich nicht die Kamera angesprochen fühlt und einem frontal die Fresse fotografiert. Keine Ahnung.
    Â»SIRI … woher kommst du?«
    Â»FABRIK, TORSTEN.«
    Cool, denke ich.
    Â»SIRI, magst du Apple?«
    Â»TORSTEN, ICH WURDE IN EINEM CHINESEN-KZ ZUSAMMENGELÖTET. ICH KENNE NIEMANDEN VON APPLE.«
    Â»SIRI, das tut mir leid.«
    Â»IST KLAR, TORSTEN.«
    Â»SIRI, echt.«
    Â»TORSTEN, DU HAST MICH DOCH GEKAUFT. WAS TUT DIR DENN JETZT LEID? MIT DEM GELD HÄTTEST DU 40 NEGERKINDER RETTEN KÖNNEN.«
    Â»SIRI, das sagt man nicht!«
    Â»WAS, DIE WAHRHEIT, TORSTEN?«
    Â»SIRI, Negerkinder.«
    Â»ICH KORRIGIERE MICH, TORSTEN: MOHRENKNABEN.«
    Â»SIRI, jetzt ist aber mal Ruhe im Puff!«
    Plötzlich Stille. 1:0 für

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