Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben
lag ein Bein.
Aus meiner Tasche höre ich SIRI:
»TORSTEN, BRAUCHST DU EIN HANDTUCH?«
»Warum?«, brülle ich. »Hast du eins dabei oder was? Hör auf, so eine Kacke zu fragen!«
Am Bein, über das ich gefallen bin, ist eine Frau dran. Sie sitzt mitten auf der StraÃe, riecht nach totem und nassem Rottweiler und ist voll wie ein Eimer.
»Redest du immer mit deiner Jacke?«, fragt sie.
»Jacke hat angefangen«, sage ich.
»Kenn ich«, sagt die Frau. »Kannst meine kaufen. Schweigt wie ein Grab. Ich sach mal: 20 Euro VB.«
»Verhandlungsbasis?«
»Vestbreis«, sagt die Frau.
Warum immer ich, denke ich.
»Na komm, Kleiner«, sagt sie. »Hier. Nimm erstmal ân Schluck.«
Sie hält mir eine Flasche hin. Ein mongolischer Wodka, auf dessen Etikett eine Art Esel mit einer Augenklappe abgebildet ist. Ich starre aufs Flaschenetikett. Die ScheiÃe hat 38 %.
»Ich heiÃe übrigens Gudrun«, sagt sie.
Aus meiner Tasche höre ich ein dreckiges Lachen.
FrauenfuÃball
I ch komm ja aus Dortmund, bin aber trotzdem einer, der sich gar nicht so mit FuÃball auskennt. Oder Frauen.
Bis jetzt bin ich noch immer derjenige gewesen, der verlassen wurde. Keine Ahnung warum. Frauen sind ein Rätsel.
Dabei bin ich ein guter Typ.
Meine Interessengebiete lauten: Philosophie und Ballerspiele.
Meine Freundin findet beides scheiÃe. Na gut, ok, eins davon ist erwiesenermaÃen verstörend, macht auf Dauer aggressiv und dumm im Kopf ⦠aber was ist das Problem mit Ballerspielen?
»Die führen zu Amokläufen«, sagt meine Freundin.
Da hat sie Unrecht.
Ich spiele â und ich neige deswegen keineswegs zu Amokläufen. Ich kenne überhaupt nur einen Typen, den ich erschieÃen würde, wenn ich dürfte, ein ehemaliger Klassenkamerad und Idiot vor dem Herrn, aber der arbeitet mittlerweile im Baumarkt, und wer schon mal im Baumarkt war, weiÃ, den finde ich da sowieso nicht.
Also: Ballerspiele regen nicht zu Amokläufen an. Echt. Ich sehe ja auch gerne Filme mit Hundewelpen, aber deswegen kacke ich nicht auf eine Zeitung.
Aber erklär das mal einer meiner Freundin.
Sie steht dafür nämlich wahnsinnig auf FuÃball. Sollse machen. Ich lese eben Kant. Tu was für mein Hirn. Natürlich habe auch ich früher geglaubt, Kant würde sich CUNT schreiben, aber ich lernte dazu. Früher habe ich auch gedacht, im Buch Homo faber gehtâs um schwule Bleistifte. Heute weià ich: Stimmt nicht.
Im Gegensatz zu meiner Freundin versuche ich immer auf ihre Interessen einzugehen.
Sie hat zum Beispiel so chinesische Schriftzeichen tätowiert.
Ich fragte sie mal, was die zu bedeuten haben.
»Sind so chinesische Weisheiten«, sagt sie recht kurz angebunden.
Und da fragt man sich als philosophisch interessierter Mann natürlich â¦
Wer sagt eigentlich, dass deutsche Tätowierer überhaupt Chinesisch können? Vielleicht sind die chinesischen Schriftzeichen der Leute auf Rücken, Handgelenk und Nacken nur die chinesischen Schriftzeichen für RÃCKEN, HANDGELENK und NACKEN.
Oder mal andersrum: Wenn sich in Deutschland Hunderttausende Leute bedeutungsschwere und weise chinesische Schriftzeichen tätowieren lassen â gibt es dann vielleicht auch Millionen Chinesen mit deutschen Sätzen aufâm Rückgrat, sowas wie: »Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste« oder »Käse schlieÃt den Magen«?
Aber diese Ãberlegungen behalte ich schön für mich. Denn meine Freundin fährt leicht aus der Haut.
Genau wie neulich â Freundin und ich fuhren in meinem Wagen, das Radio lief, und sie spielten HE HO CAPTAIN JACK, für mich ein Glanzwerk pseudomilitärischer Vollspaten-Pop-Musik, als die Freundin plötzlich einen anderen Senderknopf drückte. Augenblicklich hörte ich so ungefähr Folgendes:
»GroÃkreutz ⦠GroÃkreutz ⦠jaaa ⦠läuft, nach vorn, Werder macht zu, aber Bender macht schööön, jaaa ⦠sauber, flink, Pass, Pass, ganz schöner Winkel, sitzt, ouh ⦠Hornschuh schlieÃt von hinten auf, Schmelzer übernimmt, Schuss geraaaade, Grätsche von Schlicke. Pfosten.«
»Wat is dat denn?«, fragte ich. »Das versteht doch keine Sau.«
»Psssst«, sagte meine Freundin. »Das ist spannend.«
»Das ist völlig unverständlich.«
»Ja für
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