Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Dossier. Noch wies alles in Richtung Seligsprechung.
Da sie bei der Zwölf-Uhr-Trauerfeier für Malwine den Hiendlmayr Meinrad in allen grundlegenden Dingen beraten hatte, lief es hier so gut wie perfekt. Schade, dass Gertraud das nicht sehen konnte, weil sie mit ihren Trauergästen im Blauen Vogel war. Hier hätte sie was lernen können. Die Sterbebildchen auf einem kleinen Beistelltischchen vor dem Altarteppich, wie es sich gehörte. Daneben zwei Spendenkörbchen – und vermutlich würde der Ertrag auf der Männerseite wieder mal um einiges höher sein als der auf der linken Seite. Das ganze Dorf nahm an Malwines Beisetzung teil – und auch so gut wie alle Zugereisten aus dem Neubaugebiet. Die hatten dem Brunnerschen Bio-Hofladen damals den Umsatz gebracht, denn die Einheimischen kauften lieber im Supermarkt. Einer der Trauergäste hatte Malwines Neffen besonders lange die Hand gedrückt. Martha erfuhr später, dass das sein Vorgesetzter war.
Ganz allein saß Meinrad in der für die Angehörigen reservierten ersten Bank.
Niemand aus dieser Trauergesellschaft wollte noch in den Blauen Vogel. Fast alle, die um das offene Grab herumgestanden und dann noch eine Handvoll Erde auf Malwines Sarg geworfen hatten, waren heimgegangen. Auch der Bürgermeister. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit hatte er kein einziges Wort gesagt.
Nur Adolf Schmiedinger stand mit seiner Lebensgefährtin noch an Malwines letzter Ruhestätte.
»Jetzt ist sie bei ihrem Mann und bei ihrem Sohn«, murmelte der Polizeiobermeister.
»Ja, aber viel zu früh«, sagte Frieda und fügte hinzu: »Ich geb erst Ruhe, wenn ich weiß, wer ihr das angetan hat.«
»Die Kommissarin wird es herausfinden, ganz g’wiss«, versprach er ihr.
»Aber nur, weil du sie drauf hingewiesen hast«, ergänzte Frieda. »Was für ein Glück, dass du so schnell reagiert hast.«
»Kommen Sie«, sagte Franziska zu Meinrad Hiendlmayr. »Gehen wir.«
»Aber nicht in den Blauen Vogel.«
»Nein, natürlich nicht.« Die Vorstellung, dort Gertraud Halber und ihrer Trauergemeinde zu begegnen, hatte etwas von einem Albtraum. Franziska hatte Gertraud noch nicht gesagt, wer ihren Verlobten erschossen hatte und warum. »Vielleicht gibt es ja ein kleines Restaurant im Nachbarort«, schlug sie vor. »Ich kenne mich hier nicht so gut aus.«
Er putzte sich die Nase. »Wir könnten zu mir fahren. Ich hab Joschi ins Haus gesperrt. Da sitzt der jetzt schon fast drei Stunden. Es muss dem ja nicht auch noch schlecht gehen. Langt ja wohl, wenn ich mich beschissen fühle. Außerdem kommt um vier Besuch.«
»Okay.« Sie stieg in ihr Auto und fuhr hinter ihm her.
In dramatischem Rot leuchteten die Blätter der Ahornbäume rund um das Brunnersche Anwesen. Die Sonne schien auf den betonierten Platz, an dessen südöstlicher Kante sich das »Loch des Anstoßes« befand. Franziska fiel auf, dass es jetzt nicht mehr mit der gemeindeeigenen Plane bedeckt war.
»Ich mach uns einen Kaffee!«, rief Meinrad, als sie auf den Hof fuhr, und verschwand im Haus.
Neben der Eingangstür stand eine hölzerne Bank. Die Kommissarin legte ihre Tasche dort ab und folgte ihm ins Haus. Freudig sprang der Hund an ihr hoch.
Drinnen roch es wunderbar nach frisch gemahlenen Bohnen. Und die Vorstellung, gleich draußen auf der sonnenbeschienenen Bank einen Kaffee zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen, versöhnte sie mit dem Tag. Franziska merkte, dass sie Hunger hatte, und sah sich in der Küche um.
Meinrad holte Tassen und Teller aus dem Büfett, stellte alles auf ein Tablett und öffnete die Besteckschublade.
Auf der Eckbank stand, halb verdeckt von Kissen und Zeitungen, eine Keksdose. Franziska griff hinein. »Darf ich?«
»Nein, lassen Sie das lieber«, warnte Meinrad. »Ich hätte die schon längst wegwerfen müssen. Nicht mal Fanny wollte die fressen.«
»Was ist denn damit?«
»Keine Ahnung, aber die sind wohl nicht mehr gut. Neulich war Martha mit ihrem Pater hier, und der hat davon gegessen. Danach wurde dem kotzübel. Hat mir richtig leidgetan, der Mann.«
»Was ist denn das für Gebäck? Hat Malwine das gebacken?«
Er schüttelte den Kopf. »Das komische Kletzenbrot ist von der Bürgermeistersfrau. Der Waldmoser hat ihr das immer vorbeigebracht. Ein Gruß aus ihrer Küche. Ich würd’s nicht probieren, ehrlich nicht.«
Franziska sah ihn lange an, und ein schrecklicher Verdacht keimte in ihr auf. Sie lief hinaus zur Bank, öffnete ihre Tasche und zog sich mit zitternden Fingern
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