Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Wunder helfen.« Er schüttelte zweifelnd den Kopf. »Das kann ja interessant werden.«
»Nicht ich mach das Wunder, das macht die Agnes«, verkündete Martha. Sie wirkte gestresst und blickte hektisch um sich. »Ja endlich, da kommt der Dr. Wiener aus Landau. Der soll sich das auch mal angucken. Der wird mir recht geben.«
»Gute Frau, ich hab Ihnen doch gar nicht widersprochen.«
Anschließend machte sich der etwa fünfzigjährige Dr. Wild mit der Kommissarin bekannt. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich auf diesen Zirkus eingelassen habe«, sagte er leise.
»Das weiß vermutlich keiner von uns«, pflichtete ihm Franziska bei. Dann winkte sie dem Rechtsmediziner aus Landau zu.
»Herr Wiener, wenn wir das hier hinter uns haben, hätte ich auch noch was zum Durchchecken«, empfing sie ihn. »Stichwort: Pfaffenhütchen. Meinen Sie, das können Sie heute noch untersuchen?«
Er nickte und grinste. »Klar, das hier dauert nicht lang. Entweder es geschieht ein Wunder – was ich nicht glaube –, oder alles bleibt beim Alten. Das wird sich in den nächsten zwanzig Minuten herausstellen, und dann können wir ins Labor fahren.«
Im Stechschritt eilte Martha auf den Abgesandten des Bischofs zu. Der steckte sich gerade die letzte Senfgurke in den Mund.
»Jetzt sind alle da, jetzt können wir beginnen.« Sie wandte sich an den Hofbesitzer: »Meinrad, sperr bitte den Hund weg. Für so eine wichtige Heilung brauchen wir die volle Konzentration von allen, nicht dass uns der Joschi noch dazwischenfährt. Und jetzt stellen Sie sich alle im Kreis um die Quelle rum. Bitte!« Resolut schob sie die sechs Personen an ihre Plätze. »Sodala, Frau Hausmann, kommen Sie, jeder Zeuge zählt. Der Bruder Ägidius soll mal alles mitschreiben in seinem schlauen Bücherl, und vielleicht können Sie es ja dann filmen? Ich hab mir extra vom jungen Blumentritt, der ja Nachwuchsreporter beim Landauer Anzeiger ist, seinen Filmapparat geliehen.« Sie drückte der Kommissarin die Kamera in die Hand und bekam vor Aufregung einen Schluckauf.
Tief atmend warf sie einen Blick auf ihre Zeugen und ihren Probanden. Gustav Wiener und Dr. Wild flüsterten leise miteinander. Vermutlich tauschten sie medizinische Details aus. Meinrad starrte angestrengt und mit hochgezogenen Schultern zu Boden, Ägidius hatte sein Büchlein gezückt. Die Kommissarin hielt die Kamera.
»Und jetzt«, sagte Martha zu ihrem Probanden, »jetzt zeigen Sie uns Ihre Hände mit den Gichtknoten, bitte auch in die Kamera halten, danke! Und nun ab mit den kranken Fingern in die heilende Quelle und so lange drinlassen, bis wir ein Ave Maria gebetet haben.« Sie begann zu beten, Ägidius fiel ein, der auf den Knien liegende Geometer machte unter Wasser Fingerübungen, und Franziska überlegte, ob sie diesen Film bei einem Festival für absurdes Theater einreichen könne – wenn es überhaupt so etwas gab.
Nach etwa zwanzig Sekunden dankte Martha ihrer Freundin Agnes für die wundersame Heilung und bat den Geometer, seine Hände zu heben.
Jetzt hielten doch alle den Atem an.
Franziska kam es vor, als seien im Sucher der Videokamera die Gichtknoten an den Fingern des Geometers verschwunden. Aber das war sicher eine optische Täuschung und auf die reflektierende Feuchtigkeit zurückzuführen.
Der kleine Geometer erhob sich. Er war sehr blass und rieb sich die Hände.
»Und?« Martha starrte ihn erwartungsvoll an. »Wie geht’s Ihnen?«
»Es tut nicht mehr weh. Gar nicht mehr!« Er starrte auf seine Finger. Sie waren wieder schmal. Als seien alle Entzündungen aus den Gelenken weggespült worden. Er kniff die Augen zu, riss sie wieder auf. Immer noch keine Veränderung. Seine Stimme zitterte: »Ich glaub’s nicht.«
»Doch, Sie müssen es glauben, denn dieses Wunder hat Agnes bewirkt. Sie hat die Heil bringende Quelle hier entspringen lassen, damit sie Ihnen und allen anderen Menschen Linderung bringt.« Martha war von ihren eigenen Worten so ergriffen, dass sie die Hände faltete und sich mit dem Handrücken eine Träne wegwischte. »Meine Agnes«, murmelte sie. »Meine wundertätige Agnes. Dank dir auch schön.«
Triumphierend wandte sie sich an den Abgesandten des Bischofs: »Bruder Ägidius, haben Sie das gesehen? Ich hoffe doch, dass Sie dieses Wunder mitgeschrieben haben?«
Der schmale Pater mit den tiefen Bartschatten auf den Wangen nickte beeindruckt.
»Und Sie, meine Herren?« Herausfordernd sah sie die beiden Ärzte an.
»Ich habe dafür keine
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