Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
des Bürgermeisters starrte auf das rote Licht des Diktaphons.
»Malwine sollte auf Ihren Mann hören, auf den Bürgermeister?«, wiederholte Franziska. »Weshalb?«
»Die wollte mit ihm einfach nicht über die Quelle und ein Wellnesscenter reden. Die wollte stur und verbissen, dass alles so bleibt, wie es ist. Grad jetzt geht es mir gut, hat sie immer zu meinem Markus gesagt. Und der kam dann nach Hause und war frustriert und hat geflucht. Ich wollt ihm doch nur helfen.«
»Helfen, ja wie denn?«, fragte Bruno.
»Wenn sie sich krank fühlt, dann hat sie vielleicht nichts mehr gegen ein Altersheim, was der Markus sowieso in Kleinöd bauen lassen muss. Und wenn der Markus ihr einen Freiplatz auf Lebenszeit in dem Altenheim schenken tät, dann könnt sie der Gemeinde doch dafür ihr Haus und ihren Grund überlassen. Die hatte ja keine Erben. Als ich von dem Schmiedinger seiner Frieda gehört habe, dass die alles dem Tierheim überschreiben will, hab ich regelmäßig die Plätzchen und Kletzenbrote gebacken und meinen Markus damit zum Brunnerhof geschickt. Denn so eine wie die Malwine, die hatte nur die Gegenwart im Kopf. Keine Zukunft.«
»Keine Zukunft«, murmelte Franziska. »Da haben Sie verdammt recht. Heute haben wir Malwine begraben.«
»Ich weiß.« Elise Waldmoser weinte. »Glauben Sie mir, das hab ich ned gewollt.«
Glauben – dachte Franziska auf der Heimfahrt. Das Wort hatte sie heute eindeutig ein paarmal zu oft gehört. Erst auf den Trauerfeiern, dann rund um die Quelle des Brunnerhofs und nun auch noch im Untersuchungsgefängnis. Für Glauben schien überall Platz zu sein.
»Du, Franziska«, begann Bruno nun, und sie hoffte, er würde einen Satz bilden, in dem das Wort Glaube nicht vorkam.
»Ja?«
»Es gibt schlechte Nachrichten.«
»Erzähl, mich kann heut nichts mehr erschüttern.«
»Der Dienststellenleiter will, dass ich mich in Zukunft jeden Morgen um acht Uhr bei ihm melde.«
»Das ist wirklich bitter.« Sie warf ihm einen mitfühlenden Blick zu. »Ich hab dich nicht verpetzt. Das weißt du, oder?«
»Klar weiß ich das. Aber wenn du nicht so ungeduldig mit der Schreibkraft gewesen wärst, hätte die nicht nach einer Schwachstelle bei uns gesucht. Und die hat sie ausgerechnet bei mir gefunden.«
»Das war’s dann wohl mit dem Ausschlafen? Tut mir leid. Vermutlich heißt das auch, dass du ab sofort jeden Abend früh heim und ins Bett musst?«, fragte Franziska und dachte an Brunos Schönheitsschlaf.
»So ist es.« Er seufzte aus tiefster Seele.
Noch bevor sie ihren Anorak an die Garderobe hängte, sah sie das Einschreiben. Was für ein Tag. Vermutlich eine Mahnung vom Finanzamt. Oder der Dienststellenleiter hatte auch ihr etwas vorzuwerfen. Das hatte ihr gerade noch gefehlt.
Ohne sich die Brille aufzusetzen, riss sie den Brief auf und flüsterte dem Kater zu: »Hey, Schiely, bringen wir es hinter uns. Danach gibt’s Rotwein. Hol schon mal den Korkenzieher – morgen ist schließlich Sonntag.«
Christian kam aus dem Arbeitszimmer und nahm ihr den Anorak ab. »Schön, dass du endlich da bist. Du siehst müde aus.«
Sie nickte und entfaltete das Papier. »Ich bin reif für die Wanne, für mindestens einen Rotwein und für diese schlechte Nachricht.«
Es war eine Gewinnbenachrichtigung, die sich auf eine Sofortrente von fünftausend Euro pro Monat bezog, beginnend am 1. Oktober. Irgendwann im Frühjahr hatten ihre Kollegen ihr ein Jahreslos der Aktion Mensch geschenkt, und das war in der Prämienziehung gezogen worden.
»Wir haben einen Platz an der Sonne«, jubelte Franziska. »Und weißt du was, jetzt mach ich erst einmal ein Jahr Pause. Mindestens. Und wir suchen uns ein Haus mit Garten. Ich wollte schon immer einen Sandkasten nur für mich. Schiely wird überglücklich sein. Und wenn du brav bist, Christian, darfst du Rasen mähen. Aber nur samstags.«
Zwei Jahre später
Charlotte Rücker sah Ottilie Daxhuber auf sich zukommen und winkte ihr aufgeregt. »Hast du es schon gehört?«
»Was sollt ich gehört haben?«
»Die Oblomov ist beim Bürgermeister eingezogen. Jetzt ist sie nicht nur seine Assistentin, sondern auch noch …« Charlotte beugte sich vor, hielt ihrer Großnichte die Ohren zu und vollendete den Satz flüsternd: »… seine Geliebte! Weil niemand weiß, wie lang die Elise noch wegbleiben muss.«
Charlotte sonnte sich in ihrem Wissen, und Eulalia-Sophie rieb sich die Ohren.
»Und woher weißt du das?«
»Von der Moosthenninger Martha. Die war heut
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