Selina - Liebesnaechte in Florenz
Barenza zu verheiraten, bestätigt. Wie hart hatte er trotz seines nicht unbeträchtlichen Vermögens darum gekämpft, in die Klientel, die engere Gefolgschaft, der Medici, zu kommen, und nun, da es ein offenes Geheimnis war, dass Selina Santini die Gattin des Alessandro di Barenza werden würde, standen ihm plötzlich nicht nur die Türen zum Palast der Medici offen, sondern auch zu vielen anderen Patrizierhäusern, wo er zuvor nicht geduldet worden wäre. Er hatte dafür gesorgt, dass seine Enkelin besonders hübsch herausgeputzt wurde, und konnte mit ihrem Erscheinungsbild zufrieden sein, denn als sie in ihrem glanzvollen Kleid mit der langen Schleppe den Palazzo betrat, verstummten die Gespräche und die meisten der anwesenden Männer wandten sich ihr zu.
Wie allerdings nur die richtige Selina bemerkte, war der Eindruck auf den ohnehin schon verliebten Francesco, dem der Mund offen stehen blieb, am größten, und der Blick des jungen Mannes saugte sich förmlich an der anmutigen Gestalt fest, während eine zarte Röte in seine Wangen stieg und ihn noch jünger und hübscher aussehen ließ.
Zu jung und zu hübsch für Selinas Geschmack, die nach einem ganz anderen Ausschau hielt. Sie selbst war weitaus weniger prächtig gekleidet und hielt sich ein wenig hinter ihrer Freundin. Sie gönnte Francoise den Erfolg, auch wenn sich ganz tief in ihr ein sehr unwürdiger kleiner Stachel des Neides bemerkbar machte. Sie liebte ihre Freundin und war stolz auf sie wie auf eine Schwester. Als sie jedoch die breiten Schultern von Alessandro di Barenza sah, der ihnen den Rücken zuwandte und mit einem alten Mann mit wallendem weißem Haar und Bart sprach, wünschte sie mindestens ebenso schön und auffallend zu sein wie Francoise. Sie hatte Fiorinas Vorschlag, die Stirn am Haaransatz zu zupfen, damit sie dem Schönheitsideal entsprechend höher erschien, kein Gehör geschenkt und nur ihr Haar in mehrere Zöpfe geflochten, die sie anmutig hochgesteckt und mit kostbaren Bändern verziert hatte. Es war fast dieselbe Frisur, die Alessandro damals im Garten erwähnt und bewundert hatte, und sie hoffte, sie möge ihm abermals auffallen. Als er sich umwandte, seinen Blick über die Neuankömmlinge schweifen ließ und ein bewundernder Ausdruck in seinen Augen erschien, als er Francoise erblickte, sank ihr Herz jedoch und die Enttäuschung ließ ihr erwartungsvolles Lächeln erstarren.
Dann aber glitt sein Blick weiter, traf ihren und das Lächeln vertiefte sich, wurde wärmer. Sie blieb unwillkürlich stehen, sah zu ihm hinüber und versank in seinen Augen. Das Stimmengemurmel um sie herum trat zurück und da waren nur noch Alessandro, seine dunklen Augen und sein Lächeln.
Sie wurde sich ihrer seltsamen Verzauberung erst gewahr, als sie einer der anderen Gäste am Arm berührte. Sie wandte den Kopf und sah Riccardo, einen von Fiorinas Vettern, der sich erstaunlich oft im Haus der Santinis blicken ließ und keine Gelegenheit ausließ, ihr den Hof zu machen. Er verbeugte sich höflich vor ihr, machte eine Bemerkung, die sie nur mit einem abwesenden Kopfnicken quittierte, da sie nur an Alessandro dachte und sein Lächeln. Ein verstohlener Blick zeigte ihr, dass er immer noch herüber sah, das Lächeln jedoch aus seinen Augen verschwunden war und stattdessen ein nachdenklicher Ausdruck darin stand. Sie wandte sich nur mühsam ab und ließ sich schließlich von Riccardo in einen angrenzenden Saal geleiten, wo bereits gedeckte Tafeln für die Gäste bereit standen.
Die Feste des Magnifico wurden wahrlich ihrem Ruf gerecht. Es gab die besten Speisen. Von Zicklein über Kalb, Schweinefleisch bis zu teurem Rindfleisch und dazu Gemüse und diese seltsamen Teigwaren, die sie bisher nur in Florenz vorgesetzt bekommen hatte. Dazwischen wurde immer wieder Obst gereicht. Selina sprach herzhaft dem erlesenen Wein zu, während sie ihre Umgebung bewunderte. Überall an den Wänden waren Kerzenhalter und von der Decke hingen schön geschwungene Leuchter herab, die ebenfalls voller Kerzen waren. Die Tafel selbst war mit einem feinen, bis zum Boden reichenden Leinentuch bedeckt. Jeder der Gäste hatte eine eigene, fein gefaltete Serviette, und aß mit zweizinkigen Gabeln von Porzellantellern und vergoldetem Geschirr.
Zu ihrer größten Verwunderung saß sie nicht neben Riccardo oder einem anderen Mitglied ihrer Familie, sondern man hatte sie neben einen dunkelhaarigen, ernsten Mann gesetzt, der sich als Lehrer der Söhne des Magnifico vorstellte.
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