Selina - Liebesnaechte in Florenz
für einige Zeit verlassen“, erwiderte er schlecht gelaunt. „Das ist ein Brief aus Venedig, von dem Notar, dem ich dort die Verwaltung meiner Angelegenheiten übertragen habe. Er schreibt mir, dass meine Anwesenheit unumgänglich sei.“ Er sah hoch, „Ich überlege, ob ich dich nicht besser zu meiner Mutter bringen sollte. Du wärst während meiner Abwesenheit bei ihr gut aufgehoben.“
„Wenn du meinst. Aber ich bleibe auch gerne hier. In diesem Haus fühle ich mich dir näher.“ Selina lächelte tapfer, obwohl sie diese Nachricht wie ein Schlag getroffen hatte. Sie hatte zwar noch vor kurzem daran gedacht abzureisen, um eine Liebe hinter sich zu lassen, die ihr nur Enttäuschungen bringen würde, aber nun, da sich alles aufgeklärt hatte, schien es ihr fast unerträglich, sich auch nur einen einzigen Tag von Alessandro zu trennen.
Er erwiderte ihr Lächeln nicht. „Du wirst mir fehlen, meine Liebste. Und ich bin besorgt, dich alleine zu lassen, solange wir nicht verheiratet sind.“
„Aber Alessandro!“ Selina lachte trotz ihrer getrübten Stimmung hell auf. „Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich die Gelegenheit nutzen und mit einem anderen Mann fortlaufen werde!“
„Wenn du das tust, Selina“, erwiderte Alessandro ernst, „dann werde ich diesen Mann töten und du wirst dieses Haus für den Rest deines Lebens nicht mehr verlassen.“ Er erhob sich, kam zu ihr und fuhr mit der Hand durch ihr Haar. „Ich könnte dir niemals auch nur ein Haar krümmen, Selina, gleichgültig, was du tust, aber ich werde niemals dulden, dass du mit einem anderen das teilst, was du mir gegeben hast. Und nicht einmal, dass du einen anderen auch nur mit mehr als Freundlichkeit betrachtest.“
Selina erwiderte seinen Blick voller Innigkeit. „Das wird auch nicht der Fall sein, Alessandro. Niemals.“
Sie schloss die Augen, als sein Griff in ihrem Haar sich verstärkte und er sich über sie beugte, um sie zu küssen. Besitzergreifend und voller Leidenschaft, die sofort auf sie übergriff und den Wunsch in ihr erweckte, in seinen Armen zu liegen.
„Ich könnte dich begleiten“, sagte sie hoffnungsvoll, als er sie wieder losließ und sich langsam aufrichtete ohne den Blick von ihr zu lassen. Sie griff nach seiner Hand und zog sie an ihre Wange.
Alessandro streichelte leicht darüber, überdachte ihre Worte, schüttelte dann jedoch den Kopf. „Die Straßen sind nicht sicher genug. Wenn du mitkämst, bräuchte ich einen ganzen Trupp, um deine Sicherheit zu gewährleisten, und das würde mich nur aufhalten. Wenn wir verheiratet sind, wirst du mich nach Venedig begleiten, aber diesmal möchte ich so schnell wie möglich wieder zurück sein, um dich endlich zu meiner Frau zu machen. Und jetzt komm wieder in mein Bett, Stern meines Lebens, damit ich mit dir die Zeit aufholen kann, die wir beide in den nächsten Wochen versäumen werden.“
***
Zu Selinas Leidwesen hatte Alessandro sich nicht umstimmen lassen, obwohl sie ihn in den vergangenen Stunden mehr als einmal zu überreden versucht hatte und in den Mitteln dabei nicht zaghaft gewesen war. Er hatte ihre Schmeicheleien und Zärtlichkeiten jedoch nur mit offensichtlichem Genuss angenommen, sie ebenso heftig wie leidenschaftlich erwidert, sich jedoch keine Handbreit von seiner Entscheidung abbringen lassen, und so fand sich Selina am folgenden Morgen, halb traurig, halb erzürnt, im Haus seiner Mutter wieder.
Selina, die eingedenk der Komödie, die sie ihr vorgespielt hatte, ihrer zukünftigen Schwiegermutter diesmal weitaus schüchterner entgegentrat als beim ersten Mal, wurde von dieser sofort mütterlich in die Arme geschlossen, und Alessandro, der nichts anderes erwartet hatte, ritt in dem Bewusstsein fort, dass seine Mondgöttin nirgendwo besser aufgehoben war als unter der Aufsicht seiner Mutter.
Einen Tag nachdem er jedoch abgereist war, erhielt Selina eine Botschaft von Fiorina, dass Francoise aus Sorge um ihre Freundin plötzlich unpässlich geworden sei und nun mit hohem Fieber und fantasierend zu Bette lag. Selina, die die zarte Konstitution ihrer Freundin nur zu gut kannte, um den Brief in Zweifel zu ziehen, fasste sofort den Entschluss, Francoise einen Besuch abzustatten und sich davon zu überzeugen, dass es ihr an nichts fehlte. Obwohl Domenica di Barenza sich besorgt zeigte, gab sie ihren eindringlichen Bitten nach und gestattete ihr, eines der wenigen Pferde im Stall satteln zu lassen und in Begleitung eines Reitknechts nach Florenz zu
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