Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
damals noch ein Teenager gewesen und hatte sein wollen wie alle anderen. Diese Phase hatte aber nicht lange angehalten. Wie denn auch? Ihre Mentorin Juanita war Soldatin, ihre Großmutter ein Alphatier, und selbst ihre nicht so dominante Mutter hatte ein Rückgrat aus Stahl. Sie alle hatten sie gelehrt, dass es gut war, eine starke Frau zu sein, dass sie darauf stolz sein konnte.
Leider fühlte sich Mercy nun zu einem so rückschrittlichen Kerl wie Riley hingezogen, der sich ein kleines Weibchen wünschte, das zu Hause in Kleid und Schürze auf ihn wartete und ihn mit einem „Liebling-ich-habe-dich-so-vermisst-allein-bin-ich-doch-so-hilflos“-Lächeln auf dem Gesicht empfing.
„Ha!“ Sie wurde in ihren Bewegungsabläufen immer schneller, damit ihre Gedanken endlich Ruhe gaben.
Unglücklicherweise taten sie das nicht. Stattdessen nahm sie Rileys Witterung auf. Und da war er auch schon – „Scheiße!“ Sie trainierte weiter, obgleich er sie beobachtete. Hielt weder mit ihrer Kraft noch mit ihrer Schnelligkeit hinter dem Berg, wollte ihn beschämen.
Ihm zeigen, wer sie wirklich war.
Er lehnte an einem Baum und fixierte sie mit dem konzentrierten Blick eines Soldaten, der schon viele Rekruten ausgebildet hat. Er suchte nach Fehlern, aber nicht, weil es ihm Spaß gemacht hätte, sie darauf hinzuweisen, sondern aus Gewohnheit – es war besser, einen Kämpfer beim Training auf Fehler hinzuweisen, als ihn damit im Kampf in den sicheren Tod zu schicken. Mercy wusste das – sie machte es ganz genauso.
Gut zwanzig Minuten später schlug sie ein gemächlicheres Tempo an und machte ein paar Lockerungsübungen zum Abschluss.
Riley sagte kein Wort, er wartete, bis sie fertig war, ein Handtuch von einem Ast nahm und sich den Schweiß vom Gesicht wischte.
„Du bewegst dich wie der Blitz“, sagte er leise. „Ich habe noch nie etwas Schöneres gesehen.“
Ihr Mund wurde ganz trocken. Verdammt. Dabei war sie doch so sauer auf ihn. Und jetzt … „Du bist doch Offizier. Sicher hast du schon viele beim Training gesehen.“
„So etwas wie dich habe ich aber noch nie gesehen.“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist wie ein Tanz. Dir fehlten bloß noch die Schwerter in den Händen.“
„Das kann ich auch“, sagte sie und musste lächeln, als seine Augen zu funkeln begannen. „Wenn ich einmal gut gelaunt bin, kannst du mich ja bitten, zum Spaß mit Messern zu werfen.“
„Warum nur habe ich das Gefühl, dass dabei mein Blut fließen würde?“ Die dunklen Augen blinzelten nicht.
Sie zuckte die Achseln, ihr war bewusst, dass der schwarze Sport- BH an ihrem Körper klebte und die weite weiße Judo-Hose, die sie lieber als Gymnastikhosen trug, sehr dünn war. „Riley zu quälen, ist Mercys größte Freude.“ Sie war immer noch wütend, aber seine Anwesenheit dämpfte ihren Ärger … Hoffnung keimte in ihr auf. Denn er war bei ihr. Der arrogante Bastard war zu ihr gekommen.
„Erbarmungslos“, sagte er. „Ist ‚Mercy‘ etwa eine ironische Anspielung?“
„Nein.“
„Nein?“ Er wirkte interessiert.
„Meine Mutter hat immer gesagt: ‚Meine Nerven, Kind. Mercy, hab doch Erbarmen!‘, wenn ich wieder Mist gebaut hatte“, erklärte sie, ohne zu wissen, warum sie etwas aus ihrer Kindheit preisgab. „Der Name ist einfach hängen geblieben.“
„Deine arme Mutter.“ Er kam näher. „Was hast du denn alles angestellt?“
„Erzähl mir doch lieber, was du angestellt hast.“
Er sah sie nachdenklich an. „Tut mir leid, ich war ein ziemlich artiges Kind.“
Sie wusste, dass er Andrew und Brenna mit aufgezogen hatte, aber er war schon zehn gewesen, als seine Eltern starben. „Du warst schon mit sieben oder acht ganz brav?“
„Ja.“ Sein Blick war so intensiv, dass er sich fast wie eine Berührung anfühlte. „Meine Mutter sagte immer, ich sei schon erwachsen zur Welt gekommen.“
„Stimmt das denn?“
„Ich bin, wie ich bin.“
Die Antwort klang so sehr nach Riley, dass Mercy unwillkürlich lächelte. „Wenn du es darauf anlegst, bist du eine ziemliche Nervensäge.“ Vor allem für sie.
„Ich habe nicht gesagt, dass ich jetzt keinen Mist baue.“
Sehr schlau. Das mochte ihre Raubkatze. „Was willst du hier, Kincaid?“
„Ich suche eine Katze zum Spielen.“
„Hm.“ Sie stemmte die Hand in die Hüfte. „Ich glaube, dahinten rannte vorhin eine nette, zahme Miezekatze vorbei.“ Sie deutete in die Ferne, weit weg von ihrer Hütte.
„Wohl immer noch sauer?“
„Das kannst du laut
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