Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
wie stolz Iain auf seinen Sohn war. „Er betreibt schon seit Jahren Forschung für eigene Projekte.“
„Im Bereich der Nanotechnologie“, ergänzte Enid, und in Mercys Kopf schrillten die Alarmglocken. Sie spürte, wie Riley die Muskeln in seinem Oberschenkel anspannte, seine Gedanken liefen offenbar in die gleiche Richtung – vor drei Monaten hatte der Menschenbund versucht, Dorians Gefährtin zu entführen. Obwohl keiner der Angreifer überlebt hatte, wussten die Rudel, dass es um Ashayas Wissen über ein tödliches Virus gegangen war. Nach der Art der Arbeit zu urteilen, der Nash nachging, sah es ganz danach aus, als könnte der Menschenbund wieder seine Finger im Spiel haben.
„Wissen Sie Näheres über die Forschungen Ihres Sohnes?“, fragte Mercy. Sie wusste, dass es sich um etwas sehr Spektakuläres handeln musste, denn sonst hätten die Entführer wohl kaum die Einmischung der DarkRiver-Leoparden in Kauf genommen – denn die Bakers lebten auf ihrem Territorium und gehörten damit quasi zum Rudel. Die Leoparden ließen nie einen der ihren im Stich.
Enid und Iain schüttelten beide den Kopf. „Alles streng geheim“, sagte Iain. „Die Universität bekommt Gelder von einem großen Unternehmen, das als Gegenleistung Vorrang hat bei der Nutzung der Ergebnisse.“
„Aber sein Professor wird Bescheid wissen“, meinte Enid. „Sicher wird er Ihnen gerne helfen.“
„Merce“, sagte Lucas, „du gehst mit Riley zu dem Haus der Bakers. Ich werde mich daranmachen, alle Fakten zusammenzutragen. Enid und Iain könnten herausfinden, ob Willow noch irgendetwas weiß.“
Ein Bein drückte sich an das ihre, Stoff rieb an Stoff, jedes Haar an ihrem Körper richtete sich auf. Aber diesmal hatte der Wolf es nicht absichtlich getan, seine Aufmerksamkeit war ganz woanders.
„Wir müssen uns davor hüten, zu einseitig zu denken“, warnte er, seine Wut zeigte sich nur in der äußerst beherrschten Sprechweise. Mercy wusste, dass Riley die Bestien verabscheute, die es auf Schwache und Schutzlose abgesehen hatten. Darin waren sie sich ausnahmsweise einig. „Es könnte alles Mögliche sein: ein Konkurrent, ein schiefgelaufener beruflicher Kontakt. Ehe wir nicht mehr Informationen haben, müssen wir in alle Richtungen ermitteln.“
Die anderen murmelten ihre Zustimmung. Nachdem sie hastig etwas gegessen hatten, machten Mercy und Riley sich auf den Weg. Obwohl Riley versucht hatte, die Führung zu übernehmen, saß Mercy am Steuer – schließlich war es ihr Wagen. Doch offensichtlich machte es Riley ganz wild.
„Wenn du nicht bald aufhörst, die Fäuste zu ballen“, sagte sie zuckersüß, „platzen die Adern in deinen Händen.“
„Ich werde es mir zu Herzen nehmen, Melisande.“
Beinahe hätte sie eine Vollbremsung gemacht. „Wer hat dir das erzählt!“ Sie würde denjenigen in der Luft zerfetzen.
Riley schnaubte. „Ich habe ein wenig recherchiert.“
„Wie bitte?“
„Hast du gedacht, wir würden einfach nur dumm rumsitzen, wenn ihr Katzen euer Territorium aufbaut?“
Da sie selbst auch spioniert hatte, konnte sie ihm schlecht einen Vorwurf daraus machen. Aber – „Der Name ist tabu. Darauf steht die Todesstrafe.“
„Ich zittere schon vor Angst, Miezekätzchen.“
Sie schrie auf. „Ist dein einziger Lebenszweck, mich zu ärgern? Los, raus damit!“
Ein Lächeln, das alles oder nichts bedeuten konnte. „Weißt du, was ich mich immer gefragt habe? Warum hast du eigentlich als Jugendliche an diesem Bikiniwettbewerb teilgenommen?“
Eine Mischung aus Ärger und Scham trieb ihr die Röte ins Gesicht. „Wie weit bist du denn zurückgegangen?“
„Weit genug.“ Er zögerte. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“
„Und du hast dich nicht in Rauch aufgelöst und bist endlich verschwunden. Die Welt ist eben voller Enttäuschungen.“
Ein tiefes Knurren ließ den Wagen erzittern.
7
Ratsherr Kaleb Krychek sichtete die Berichte, die er über seine ständig aktive Verbindung zum Medialnet erhielt, dem unendlich weiten geistigen Netzwerk der Medialen.
Ohne Schilde und Schutzmechanismen permanent „eingeloggt“ zu sein, war nicht empfehlenswert, und er hätte ein solch vollständiges Verschmelzen mit den anderen, die absolute Offenheit für sich auch nie in Erwägung gezogen. Aber als Ratsherr musste er in Echtzeit über alles auf dem Laufenden sein. Da die meisten Medialen Informationen, fast ohne nachzudenken, einspeisten, war das Medialnet das schnellste und effizienteste
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