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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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dann drückte ich seinen Kopf wieder unter Wasser. Nachdem wir das viermal wiederholt haben, hat Meller irgendwie aufgegeben. Dann hat er sich nassgemacht. Irgendwann war plötzlich Ruhe. Ich habe ihn noch exakt fünf Minuten untergetaucht, um sicher zu sein, dass er auch wirklich tot war.
    Zum Schluss habe ich das Wasser abgelassen und ihn so da liegen lassen. In einer leeren Badewanne.

    Die nächsten Schritte sind nicht mehr ganz so einfach. Zuerst muss ich die anderen Scheusale finden, eines nach dem anderen. Ich hoffe nur, sie leben noch alle. Einige waren damals ja schon älter. Aber ich schwöre Dir, dass ich alles Mögliche tun werde, um unsere Rache zu vollenden. ALLES.
    Meine liebe Mandy, mit diesem Versprechen möchte ich meinen Brief beenden. Ich werde ihn an einem sicheren Ort verwahren, bis es an der Zeit ist, ihn abzuschicken.
     
    In Gedanken bin ich immer bei Dir, meine Kleine. Ich bin mir sicher, Du spürst das.
    Bis bald.
    Ich liebe Dich.
    Dein Matthias
    Darunter hatte der Verfasser noch ein paar Sätze gekrakelt: »Sei nicht böse, kleine Mandy. Ich kann Dir nur Seite eins und vier schicken. Alles, was dazwischen steht, muss noch im Verborgenen bleiben, um das Projekt nicht zu gefährden. Du wirst den fehlenden Teil zu gegebener Zeit erhalten. Aber dieser Ausschnitt dürfte ausreichen, um Dich zu informieren. Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten, Dich im Unklaren zu lassen. Halte durch. Lass Dich nicht verrückt machen.«
    Mark legte die Blätter auf den Tisch, betrachtete seine Patientin und ärgerte sich, dass er die Analyse der Videoaufzeichnung von Maria Sandmanns Hypnosesitzung immer wieder aufgeschoben hatte. Die exakten Details wären jetzt sehr nützlich. So aber musste er sich auf das verlassen, was sein Gedächtnis hergab.
    Sie hatte sich in der ganzen Zeit nicht bewegt, saß noch immer wie eine bleiche Marmorstatue auf der Vorderkante des Sessels, die Hände im Schoß gefaltet, und schwieg, den Blick über seine Schulter in die Ferne gerichtet. Er lächelte ihr zu und versuchte,
aus dem steinernen Gesicht Emotionen abzulesen. Ihr Körper war angespannt, die Schultern hatte sie hochgezogen, die Finger ineinander zu einem Gebilde verschränkt, das in der Fachsprache »Igel« genannt wurde, weil die mittleren Fingerknöchel alle nach außen stachen. Eine Abwehrhaltung.
    Mark dachte darüber nach, was die Maria Sandmann, die hier neben ihm saß, wusste . Sie hatte den Brief gelesen, schien sich jedoch nicht zu erinnern, dass sie den Begriff »Fischgesicht« kannte und dass sie in ihrer Vergangenheit je einem Herrn »Meller« begegnet wäre. Ihr Unterbewusstsein schützte sie, kapselte die Erinnerungen ab, versteckte sie in unzugänglichen Kammern. Aber wie lange würde dieses Konstrukt stabil bleiben? Vor einer halben Stunde, bei ihrer Ankunft, war die Frau noch völlig aufgelöst gewesen. Ihre Persönlichkeit schien aus dem Leim zu gehen, löste sich auf wie Zucker im warmen Wasser. Und nun wirkte sie wie eingefroren, stählern, unnahbar. Welcher Zustand war der beständigere?
    »Ein sehr interessanter Brief.« Ihr Blick zuckte kurz zu ihm und versenkte sich dann wieder in einem der Bilder an der Wand. »Finden Sie nicht auch?«
    » Interessant ist wohl nicht das richtige Wort. Da schreibt jemand, er wolle Scheusale finden und bestrafen. Für mich klingt das nach einem Verbrechen.«
    »Wenn das stimmt, was da steht.« Mark glättete die Seiten. Wenigstens redete sie mit ihm.
    »Das kann man nicht wissen.«
    »Nein. Jemand könnte sich das alles ausgedacht haben.«
    »Aber wozu?«
    Wenn wir das wüssten, liebe Maria Sandmann. »Was glauben Sie?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Sie sprach jetzt mit abgehackter, herrischer Stimme. »Sagen Sie es mir, Sie sind doch der Seelenklempner.«

    »Ich weiß es auch nicht.« Mark log nicht einmal. Er war sich selbst im Unklaren, ob das, was da beschrieben wurde, reine Fantasie war oder ob ein Teil davon tatsächlich stimmte. Was er jedoch inzwischen glaubte, mit relativer Sicherheit sagen zu können, war, dass dieser Brief seiner Patientin zugedacht war, auch wenn sie es anscheinend nicht wahrhaben wollte. Aber was mochte auf den fehlenden Seiten stehen? Einzelheiten, anhand derer man den Schreiber identifizieren konnte? Details über die Adressatin Mandy?
    »Und jetzt?«
    »Darf ich mir das kopieren?«
    »Nur zu.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung zu ihren Worten, und Mark erhob sich.
    »Danke. Einen Moment bitte. Ich bin gleich wieder

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