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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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einen schwer zu beschreibenden Blick Avaleas. Missfiel ihr dieser Vergleich etwa?
    „In Hyperion haben wir deutlich mehr Männer als Frauen gesehen“, meldete sich Luke zu Wort. „Verhält sich hier allem Anschein nach ein wenig anders.“
    Ja, und wieder keine Kinder, dachte ich. Dieses Detail erschien mir am Merkwürdigsten. Zuhause in Stoney Creek verging keine Minute, in der nicht das Lachen oder Schreien eines Kindes von irgendwo her drang. Nichts von alledem hier. Laurussia, ein kinderloses Land?
    Endlich trat Laura wieder aus der Hütte, gefolgt von einer älteren, leicht gebückt gehenden Frau. Sie trug ein schlichtes, mit einem breiten Gürtel tailliertes, ärmelloses Überkleid, das extrem weit ausfiel und eher wie ein grün gefärbter Sack wirkte. Laura winkte uns zu sich.
    „Ihr seid also die Reisenden aus dem Tapu“, empfing uns die ältere Frau, die jetzt aus der Nähe betrachtet deutlich betagter wirkte. Ich schätzte sie auf gut und gern siebzig Jahre. Ihre rosageäderten, beinahe unnatürlich hellblauen Augen musterten uns ausgiebig. „Ich bin Angnes, die Offizin dieses Dorfes. Wir haben nur sehr selten Gäste, schon gar nicht aus dem Norden. Wer seid ihr? Was führt euch zu uns?“
    Unvermittelt trat Avalea einen Schritt vor.
    „Mein Name ist Avalea, ich und meine drei Gefährten Jack, Krister und Luke sind aus Avenor. Avenor liegt im Norden Aotearoas, jenseits des Barrieregebirges. Wir kommen in friedlicher Absicht und bitten um eine Bleibe für diese Nacht. Morgen reisen wir weiter.“
    Ich unterdrückte den Impuls, Avaleas Lüge sofort aufzuklären. Wie kam sie dazu, zu behaupten, aus Avenor zu stammen? Doch ließ ich sie machen. Womöglich der beste Weg, um unliebsame Fragen zu vermeiden. Die wahre Geschichte hätte uns sowieso niemand geglaubt, warum also nicht mit einem kleinen Schwindel mögliches Unheil vermeiden? Außerdem überkam mich das unbestimmte Gefühl, dass hier in Kellswater eine Frau mehr ausrichten konnte als drei Männer.
    „Was bringt euch nach Kellswater?“ wollte Angnes wissen. Ihr forschender Blick wanderte bedächtig über unsere Gesichter. „Was hat euch veranlasst, das Tapu zu brechen?“
    „Wir glauben nicht an das Tapu“, antwortete Avalea mit kaum vernehmbarem Spott in der Stimme. Sie strahlte die gleiche Autorität aus wie an jenem noch nicht all zu fernen Tag, an dem ich sie kennengelernt hatte. Warum fand ich sie gerade jetzt so verdammt anziehend? „Es ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Der Grund unserer langen Reise ist einfach: Wir sind auf der Suche nach einer vermissten Person, Jacks Bruder Robert, und vermuten ihn hier in Angmassab. Die alte Straße führte uns zu euch. Da es bereits Abend wird, bitten wir darum, hier die Nacht verbringen zu dürfen. Morgen in aller Frühe werden wir euch wieder verlassen.“
    Die Alte lachte.
    „Seid ihr euch da sicher? Es wird Regen geben, starken Regen. Morgen wird die Straße unpassierbar sein.
    Automatisch richteten sich unsere Augen gen Himmel. Es sah mehr nach Regen aus denn je.
    „Wenn dem so ist, würden wir gerne bleiben, bis sich das Unwetter wieder verzogen hat“, erwiderte Avalea ruhig.
    Die alte Angnes biss sich abschätzend auf die Oberlippe und stattete uns danach einen ganz genauen Besuch ab. Sie baute sich vor jedem Einzelnen auf und blickte ihm tief in die Augen. Bei mir und Avalea verweilte sie am längsten. Ihr undefinierbar riechender Atem legte sich schwer in die Nase, aber ich zuckte mit keiner Wimper. Sie begutachtete mich eindringlich. Bei Luke und Krister hatte ihre „Untersuchung“ nur wenige Sekunden gedauert. Ich hatte es ihr wohl angetan.
    Ohne den Blick von mir abzuwenden, verfiel sie in eine fremde Sprache. Ich verstand kein Wort, aber es klang wie eine Frage. Zu meinem Erstaunen gab Avalea Antwort. Mein Blick wanderte zu ihr und wurde mit einem winzigen Augenzwinkern quittiert. Irritiert schluckte ich. Was ging hier vor? Endlich wandte sich Angnes ab und schlurfte zu Laura zurück.
    „Je nun, ihr dürft bleiben, bis sich der Regen verzogen haben wird und euch frei bewegen“, verkündete sie. „Wir sind nicht auf Gäste vorbereitet und können euch deshalb wenig außer einem trockenen Platz zum Schlafen anbieten.“
    „Das ist mehr als wir erwarten“, sagte ich, bevor Avalea reagieren konnte. Es ging mir gegen den Strich, ihr die Führungsrolle auch nur einen weiteren Moment länger zuzugestehen. „Sehr freundlich, vielen Dank.“
    Angnes nickte kurz und sah mich noch

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