Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
zögernd stehen. Es widerstrebte ihm, den Kontakt zu ihr aufzugeben. Sie war der einzige Garant dafür, den Weg zu Luke und Avalea zurückzufinden. Bei näherem Hinsehen stellte er fest, dass die Felswand gar nicht endete, sondern in spitzem Winkel abknickte und den Weg in ein neues Gewölbe freigab. Kurz entschieden betrat er es, achtete aber darauf, sich nicht zu weit von der ihm vertrauten Wand zu entfernen. Abermals fiel ihm die Veränderung in der Luft auf. Sie fühlte sich noch kühler und feuchter an. Einen Schritt später sollte ihm auch klar werden, warum. Mit einem schmatzenden Geräusch versank sein rechter Fuß knöcheltief in… Wasser!
Ruhig und gefasst ging Krister in die Knie. Konnte es wahr sein? Schwermut hatte große Teile seines Verstandes benebelt und gaukelte ihm erbarmungslos vor, mit Sicherheit nur auf einen Tümpel fauligen Brackwassers gestoßen zu sein. Emotionslos schöpfte er mit der linken Hand etwas Flüssigkeit, die im Schein des Sonnensteins klar und sauber aussah. Er roch kurz daran und kostete. Noch nie hatte er appetitlicheres Wasser gekostet, rein, frisch und kühl. Nun gab es kein Halten mehr. Ohne weitere Gedanken zu verschwenden tauchte er das Gesicht ein und trank, bis der quälende Durst nicht mehr war.
Berauscht von neuem Mut trat er raschen Laufes den Rückweg an. Schon auf halbem Wege sprudelte die Freude aus ihm heraus, und er rief laut nach den Gefährten. Das Echo seiner raschen Schritte vermischte sich mit den schallenden Rufen zu einem wahren Stakkato, das nach der deprimierenden Totenstille der letzten Stunden, ja womöglich Tage, in den Ohren rauschte. Immer der Wand folgend rannte er dahin, bis in die Haarspitzen von ungeahnter Euphorie erfüllt. Es kam ihm eine Ewigkeit vor, bis er Luke und Avalea erreicht hatte. Beinahe wäre er noch über den Stiefbruder gefallen, so schnell war er gelaufen und so verschwindend klein der Lichtkegel des Sonnensteins.
„Luke! Avalea!“ Krister warf sich zu Boden und rüttelte heftig an den beiden wie tot daliegenden Körpern. „Wacht auf! Ich habe Wasser gefunden!“
Luke schlug tatsächlich die Augen auf. Mit flatternden Lidern betrachtete er Krister und zauberte ein zerbrechliches Lächeln auf sein Gesicht, das schnell wieder erstarb.
„Welch schöner Traum“, flüsterte er kraftlos.
„Nein, kein Traum!“ versicherte ihm Krister. Er schüttelte Avalea, die kein Lebenszeichen von sich gab. „Ihr müsst aufstehen. Los, hoch mit euch!“
Er zog sie auf die Füße, doch ihre Beine knickten einfach weg. „Ich trage dich!“ wisperte er ihr beruhigend ins Ohr. „Ich trage dich. Es ist nicht mehr weit. Luke, kannst du gehen?“
Luke war in besserem Zustand als Avalea und bejahte, wenn auch unsicher, die Frage.
„Nein, lass das Gepäck liegen, ich hole es später. Nimm das Licht und geh voraus. Immer an der Wand entlang. Du kannst es nicht verfehlen.“
Deutlich langsamer als vorher kam der kleine Trupp voran. Krister, der Avalea in den Armen hielt, hatte buchstäblich alle Hände voll zu tun und schleppte sich hinter Luke her, der aufgrund seines angeschlagenen Zustands ohnehin nicht sonderlich schnell vorankam. Stunden schienen vergangen zu sein, bis sie endlich ihr Ziel erreicht hatten und es waren doch nur Minuten gewesen. Luke konnte, wie vorher Krister, nicht glauben, was er sah. Er warf ihm einen fragenden Blick zu, als müsste er um Erlaubnis bitten, doch Krister nickte nur und konzentrierte sich ganz darauf, Avalea vorsichtig abzulassen. Sie war inzwischen wieder zu sich gekommen und fragte leise, wo sie sich befänden. Als Krister ihr mit beiden Händen Wasser zuschöpfte, verzichtete sie auf Antwort und begann sofort begehrlich zu trinken.
Kristers Entdeckung bewahrte alle vor dem sicheren Tod. Ohne Wasser hätten sie nicht mehr lange durchgehalten. Es war wie ein Wunder. Er machte sich alsbald auf den Weg, um das Gepäck zu holen. Der Boden der Grotte war feucht und kalt und ohne Decke auf ihm zu liegen äußerst unangenehm.
Nach seiner Rückkehr füllte er unverzüglich die staubtrockenen Wasserbeutel auf, als wäre der Teich nur eine vorübergehende Erscheinung, die bald wieder verschwinden würde. Erst dann wickelte er sich beruhigt und ermüdet in die Decke.
Im Schein des Sonnensteins sahen sie einander lange wortlos an. Die Euphorie, die Krister erwartet hatte, war ausgeblieben. Sie waren realistisch genug, zu wissen, dass das Auffinden des Teiches ihre hoffnungslose Lage nur kurzfristig
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