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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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deutlich sieht.“
    Krister warf seinem Stiefbruder den mir nun schon wohlbekannten, zutiefst verächtlichen Blick zu. In den Momenten, in denen Luke es wagte, seiner Tierliebe Ausdruck zu verleihen, erreichte Kristers Geringschätzung ungeahnte Tiefen.
    „Dann weißt du ja, was es später zu essen gibt. Ein paar enorm anpassungsfähige Frösche. Freu dich schon mal drauf.“
    Luke erwiderte kein Wort darauf, doch schien er bereits zu ahnen, wie sehr sein älterer Bruder Recht behalten sollte.
    In einer direkt an den Berg reichenden Mulde stießen wir zu unserer Erleichterung auf eine Wasserstelle, im Gegensatz zu den brackigen Wasserlöchern rings umher mir klarem Regenwasser angefüllt. Auch dort wimmelte es von riesenhaften Fröschen und deren Laich, der sich in meterlangen, gallertartigen Schnüren durch den Teich zog. Die Tiere protestierten lautstark, als wir die Wasserbeutel auffüllten.
    Aus ein paar Ästen schnitzte ich ein halbes Dutzend primitiver Pfeile, die trotz eingeschränkter Flugfähigkeit ihre Ziele nicht verfehlten. In kurzer Zeit erlegte ich mit Hilfe des Bogens sechs stattliche Exemplare, welche sich, obwohl gänzlich durchbohrt, erstaunlich widerstandsfähig zeigten und verzweifelt abzutauchen versuchten. Das Fleisch der eindrucksvoll muskulösen Schenkel erinnerte geschmacklich an Backhuhn, obgleich es sich als fetter und weicher erwies. Nur Avalea wagte sich an den ganzen ausgeweideten Frosch, welchen sie mit offensichtlichem Genuss verspeiste. Ich kam nicht umhin, sie angewidert zu betrachten, was ihrem Appetit jedoch keinen Abbruch tat. Luke hingegen weigerte sich standhaft, von den Fröschen zu kosten. Er beschränkte sich voll und ganz auf irgendwelche Knollen, die er Gott weiß wo ausgegraben hatte.
    „Waren es nicht Heuschrecken, die du vor kurzem gegessen hast?“ fragte ich ihn ungläubig, einen zerbrechlich wirkenden Schenkelknochen abnagend. „Wieso schlägst du Frösche aus? Sie schmecken ausgezeichnet. Hier, probier wenigstens mal!“
    Luke lehnte den angebotenen Froschschenkel jedoch kopfschüttelnd ab und widmete sich betont konzentriert seinen Knollen. Nach diesem ungewöhnlichen wie unerwarteten Imbiss (mehr als das war es leider nicht) zogen wir uns träge in den Schatten zurück. Das war nicht so einfach, da die Sonne im Zenit stand. Der Fuß des Inselberges wies jedoch eine Vielzahl von Einschnitten und Spalten auf, groß genug für vier Schutz suchende Wanderer. Ich gestattete mir eine kleine Erkundungstour und marschierte auf und ab, da sich partout keine Müdigkeit einstellen wollte.
    Fennosarmatia!
    Was suchte ich hier, in diesem lebensfeindlichen Land so weit entfernt von meiner Heimat? Die Antwort darauf lag natürlich auf der Hand, dennoch geriet ich angesichts der fremdartigen Umgebung erneut ins Nachdenken. Ganz und gar unglaublich, was in den vergangenen Wochen geschehen war. Mein ganzes Leben umgekrempelt, aus jeder Gewohnheit herausgerissen, durchwanderte ich ein Land nach dem anderen, in Begleitung zweier treuer Freunde und einer Skiava, einem Wesen, von dem ich vor kurzem noch nicht einmal wusste, dass es in seiner Art existierte. Die Gefahren, denen ich mich dabei aussetzte, spotteten jeder Beschreibung. Noch am Leben zu sein, grenzte an ein Wunder.
    Schon einmal, in Hyperion, dachte ich, am Ziel angelangt zu sein, meinen Bruder aufgespürt zu haben. Ich sah mich getäuscht. Jetzt, nur noch wenige Tage vom Taorsee entfernt, überkam mich die gleiche Furcht erneut. Was, wenn alle Anstrengungen vergebens waren, wenn Rob entgegen aller Annahmen nicht dort war? Was würde ich dann tun? Wie lange würde ich das riesige Einzugsgebiet des Taorsees (eine Region von annähernd der Größe Aotearoas) nach ihm durchkämmen, bevor ich aufgab? Ich wagte nicht daran zu denken, in welchem Zustand ich den Rückweg anzutreten gedachte.
    Den roten Inselberg im Rücken strich mein Blick über das leere, spärlich bewachsene Land. Jede Richtung glich der anderen aufs Haar. In ihrer faszinierenden Schönheit wirkte die unbeschreibliche Weite wie ein Stimulus auf die abgestumpften Sinne. Mit den Füßen scharrte ich einen Moment im roten Sand wie ein Huhn auf der Suche nach Nahrung. War das alles real? Befand ich mich wirklich hier? Wenn nicht, wann gedachte dieser wahnwitzige Alptraum sein Ende zu finden?
    „Jetzt drehst du durch“, gestand ich mir lachend ein. Wie albern, angesichts der vergangenen Ereignisse immer noch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, zu träumen.

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