Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
zum Teil noch dampfende Erdboden, den wir jetzt erreichten, hatte sich schwarz verfärbt. Schwelendes, verkohltes Gestrüpp mit überraschenderweise noch immer grünem Blattwerk an den Spitzen der wenigen dürren Ästchen, zeugten unmissverständlich von einem kürzlich hier stattgefundenen Buschfeuer. Das Ausmaß der Verwüstung nahm zu, je weiter wir uns dem mysteriösen Inselberg näherten. Das allgegenwärtige strohgelbe, halbhohe Gras war bis zur Unkenntlichkeit niedergebrannt. Außer unseren im geschwärzten Sand knirschenden Sohlen ließ sich kein Laut vernehmen. Wir betraten ein verstummtes Totenreich.
„Seltsame Gegend“, murmelte Luke, der sich nach allen Seiten umblickte, als glaubte er sich unbekannter Gefahr ausgesetzt. „Sagt was ihr wollt, ich finde es hier unheimlich.“
„Ich kann mir auch schönere Orte vorstellen“, stimmte ich uneingeschränkt zu.
Zu unserer größten Überraschung verwandelte sich der Boden jäh in Matsch. War er wenige Meter zuvor noch festgebacken gewesen, begannen die Schuhsohlen nun schmatzende Geräusche von sich zu geben.
„Wo kommt die Feuchtigkeit her?“ wunderte ich mich. „Ungewöhnlich, wo es doch vor kurzem noch gebrannt hat.“
Wie so oft fand Avalea sogleich eine einleuchtende Erklärung.
„Hier ging kürzlich ganz offensichtlich Regen nieder, vielleicht sogar erst gestern Nacht. Das Regenwasser muss in Sturzbächen an den Hängen des Berges heruntergerauscht sein. Denkbar, dass es das Buschfeuer gelöscht hat.“
Aufgrund der Tatsache, seit langem nicht mehr ein einziges Wölkchen am ewig blauen Himmel gesehen zu haben, zweifelte ich ihre Theorie an. Wenn hier ein Wolkenbruch dieses Ausmaßes niedergegangen wäre, hätten wir etwas davon mitbekommen müssen. Andererseits hatte ich letzte Nacht so tief und fest geschlafen, nicht einmal Gewittersturm würde mich geweckt haben.
Achtungsvoll schritten wir weiter auf den Berg zu. Verkohlte, halbwüchsige Bäume wohin man sah. Sie umgaben seinen Fuß wie eine schützende Wand. Vor dem Feuer musste es sich hier um eine grüne Oase gehandelt haben. Zur Rechten tauchte ein dunkles Wasserloch auf. Schwarze Brühe, zähflüssig und dick wie Öl. Sie lud keinesfalls dazu ein, unseren Wasservorrat aufzustocken.
Plötzlich hob Krister die Hand und bedeutete uns, stehenzubleiben.
„Nun drehe ich durch, es muss die Hitze sein“, kommentierte er trocken. „Ich höre einen Frosch quaken.“
„Nicht nur du“, erwiderte ich.
Da war es wieder, dieses klägliche Rufen, eindeutig einem Frosch zuzuordnen. Und dennoch klang es anders als jemals zuvor gehört, in tiefstem Bass wimmernd, lamentierend, klagend. Und es blieb nicht unbeantwortet. Innerhalb kurzer Zeit erhoben erst zwei, dann drei, dann immer mehr Tiere ihre tiefen Stimmen. Alsbald war die Luft erfüllt von wehklagendem Quaken, einem ganz und gar deplatzierten Konzert, dem etwas überaus Gespenstisches anhaftete. Wer an Geister glaubte, würde spätestens jetzt auf der Stelle kehrt gemacht und das Weite gesucht haben.
Und dann sahen wir sie. Ihre anfängliche Scheu überwunden, tauchten aus der schwarzen Brühe Dutzende von goldgelb funkelnden Augen auf. Überraschend große Augen auf ebenso überraschend großen, dunkelbraunen Köpfen, jeder von der imposanten Größe einer Männerfaust.
„Sehen wir Geister?“ Krister schüttelte verwirrt den Kopf. „Riesenfrösche mitten in der Wüste?“
Avalea lachte.
„Eindrucksvoll, in der Tat. Aber keine Gespenster.“
Selbst Luke, der sich zu Recht rühmte, über fundiertes Wissen der Flora und Fauna Gondwanalands zu verfügen, rang offenkundig um Fassung. Er stand mit offenem Mund da und gaffte ungläubig.
„Es sind ganz normale Erdkröten“, löste Avalea das Rätsel auf. „Zugegeben etwas größer geraten als bei euch im Norden. Sie verbringen die meiste Zeit ihres Lebens eingegraben im Wüstenboden und warten dort oftmals jahrelang auf Regen. Nicht immer vergeblich, wie man sieht. Das Wasser holt sie aus ihrem staubigen Schlaf und für kurze Zeit erwachen sie zum Leben. Ihnen bleiben nicht viele Tage, bis die Wasserlöcher versickern und sie wieder in ihr trockenes Grab zwingt, aus dem sie, wenn sie Glück haben, eines fernen Tages wieder entsteigen...“
„…und den Zyklus von neuem beginnen.“ Luke hatte verstanden. „Diese wenigen Tage genügen ihnen, sich fortzupflanzen. Wie außergewöhnlich. Ich liebe Frösche. Es sind erstaunliche Geschöpfe. Und enorm anpassungsfähig, wie man
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