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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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direkt aus der Hölle zu kommen schien. Binnen kurzem wusste ich nicht, was mir mehr zusetzte: der nagende Hunger oder die sengende Gluthitze. Wenigstens hatten wir noch genügend Wasser, der einzige Trost, an den ich meine wenig verbliebene Hoffnung festmachte.
    An einer monströsen Ameisenburg, die ihm bis zur Brust reichte, blieb Luke stehen. Wir hatten zahllose ihrer Art passiert, ohne ihnen die geringste Aufmerksamkeit zu widmen. An den Stamm eines längst abgestorbenen Baumes gelehnt, sah dieser Bau allerdings andersartig aus. Er verfügte nicht über eine steinharte, festgebackene Außenhülle wie die vielen anderen, die wir bisher gesehen hatten. Vielmehr erinnerte er an die Bauten nördlicher Ameisen, an jene in meiner unendlich weit entfernten Heimat im kühleren und lebensfreundlicheren Avenor, die aus lose zusammengetragenem Nistmaterial bestanden. Luke beäugte den Tierbau bedachtsam. Seine Oberfläche wimmelte von unzähligen limettengrünen Ameisen, jede von der beeindruckenden Länge eines ausgestreckten Zeigefingers. Ihnen schien die Gluthitze wenig auszumachen. Sie verfügten zudem über ausgezeichnete Sinnesorgane, denn lediglich Lukes bloße Anwesenheit veranlasste eine Hundertschaft, drohend aufgerissene Mundwerkzeuge zu präsentieren.
    „Wartet mal!“ rief Luke uns nach, die wir achtlos vorbeizogen.
    Ich hielt inne und wandte mich lustlos um.
    „Was gibt’s?“
    „Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich für meinen Fall habe verdammten Hunger.“
    „Hunger haben wir alle“, erwiderte Krister trocken. „Aber ganz gewiss nicht auf Ameisen, und wenn sie noch so unwiderstehlich aussehen. Und es handelt sich hier nicht um Honigameisen, Luke. Also vergiss es!“
    Honigameisen wären in der Tat eine Delikatesse gewesen. Sie speicherten in ihren Hinterleibern süße, energiereiche Flüssigkeit, die zu „ernten“ sich gelohnt hätte. Ihre grünen Verwandten hier, wenn auch deutlich größer, verfügten offenkundig nicht über diesen Vorzug. Luke allerdings hatte etwas ganz anderes im Kopf.
    „Ameisen dieser Größe sollten ähnlich großen Nachwuchs besitzen“, gab er zu bedenken und sah uns herausfordernd wie dumme kleine Schuljungen an. „Dämmert’s jetzt?“
    In der Tat dämmerte es, wenn auch der Enthusiasmus nicht gerade Kapriolen schlug. Ein knurrender Magen jedoch ist ein überzeugender Motor in Sachen Grenzüberwindung. Ameisenlarven… mir schauderte nur kurz. Hundert Prozent Protein. Energie pur, wenn auch in unappetitlicher Verpackung. Um ein Vielfaches besser als nichts. „Nichts“ stellte keine Alternative dar. Doch wie herankommen an die wenig verlockende und zudem noch bestens bewachte Beute?
    „Es sind grüne Bullenameisen, das wird nichts.“ Skepsis pur bei Avalea, die es offensichtlich besser wusste. „Legt euch lieber nicht mit ihnen an, die beißen ordentlich zu.“
    Luke zögerte, bevor er Avaleas Warnung in den Wind schlug. Wollte er sich etwas beweisen oder ihr? Sie zuckte nur mit den Achseln und entfernte sich ein paar Schritte. Wir sollten schnell herausbekommen, warum.
    Um mit wenig Aufwand an möglichst viele Larven heranzukommen, griff Luke zu einem Trick, den er augenscheinlich nicht zum ersten Mal anwandte. Er bat um alle Decken, die wir ihm auch bereitwillig gaben. Zwei davon warf er achtlos in nächster Nähe des Ameisenhaufens zu Boden, während er die Arme bis zu den Schultern in die beiden verbliebenen einpackte. Dann drang er mit den vermummten Armen tief in den wimmelnden Haufen ein (wobei sein Gesicht der sich ihm entgegengestreckten Abwehr verteufelt nahe kam) und schaufelte eine ansehnliche Ladung Nestmaterial heraus. Mit schneller, beinahe angewiderter Drehung schleuderte er das ganze Zeug auf die beiden bereitliegenden Decken. Für einen Augenblick sah es nach Erfolg aus, und Luke wollte ganz offensichtlich eine zweite ähnlich geartete Aktion starten, als das Geschrei losging. Die in Scharen auf seinen noch geschützten Armen gelandeten Ameisen griffen mit unheimlicher Geschwindigkeit an.
    Innerhalb von Sekunden befanden sich Dutzende von ihnen auf Lukes nackten Beinen, auf Lukes nackten Schultern, auf Lukes ebenso wenig bedecktem Oberkörper. Der Junge ging schreiend zu Boden und wälzte sich hin und her wie ein wildgewordenes Schwein in der Suhle. Der Grund vor unseren Füßen wimmelte von höchst aggressiven Ameisen, die irritierend genau wussten, von wo der Angriff herrührte. Eine grüne Flut rann an allen Flanken der Ameisenburg

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