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Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)

Titel: Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Thiele
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schwoll an. Immer mehr Wassermassen drängten mit Nachdruck aus dem See heraus. Führungslos trieben wir auf den Fluten und nahmen stetig Fahrt auf. Mit Hilfe der Paddel hätten wir womöglich etwas Einfluss nehmen können, der bei dieser Geschwindigkeit aller Wahrscheinlichkeit jedoch belanglos gewesen wäre. Auf der einen Seite beunruhigte mich das Tempo sehr, auf der anderen aber brachte es uns schneller weg von diesem verfluchten Ort, an dem ich meinen Bruder verloren hatte.
    Stundenlang trieben wir dahin. Der Strom verbreiterte sich kontinuierlich. Wir hätten uns auch auf dem Meer befinden können. Irgendwann jedoch näherte sich das westliche Ufer wieder an, vom östlichen war nichts zu sehen. Die braune, aufgewühlte Brühe, in der wir trieben, erinnerte in keiner Weise mehr an den Taor, den wir im Verlauf der letzten Wochen so gut kennengelernt hatten. Je weiter wir uns dem Ufer näherten, desto unruhiger wurde das rauschende Wasser, trieben wir gefährlich nahe an Strudeln und entwurzelten Bäumen vorbei, die es hier am Rand des Flusses in rauen Mengen gab.
    Schließlich knickte der Strom in einer überraschend scharfen Rechtskurve nach Osten ab. Ich sah die Gefahr auf uns zukommen, ohne auch nur den geringsten Einfluss darauf nehmen zu können. Wenn wir nur die Paddel hätten! Aber so drifteten wir immer weiter auf das felsige Ufer zu, drohten im wahrsten Sinne des Wortes aus der Kurve geschleudert und gegen die Felsen geworfen zu werden. Unversehens beruhigte sich jedoch das Wildwasser. Zu meiner Erleichterung trieben wir aus der Hauptströmung heraus und erreichten ruhigeres Ufergewässer. Bald krochen wir nur noch dahin und beschlossen letztendlich, die Gelegenheit zu nutzen und an Land zu gehen. Luke fühlte sich miserabel und bat darum, für eine Weile festen Boden spüren zu dürfen.
    An den tief hängenden Ästen halb in den Fluss ragender Baumes brachten wir das Floß zum Stehen und hangelten uns ans Ufer. Krister nahm sich seines Bruders an, der in der Tat übel aussah. Der Junge klagte über Schmerzen im Unterleib und übergab sich unversehens. Er erbrach nur klare Flüssigkeit (kein Wunder, wann hatten wir das letzte Mal Nahrung zu uns genommen?) und wirkte danach noch gebrechlicher. Um irgendetwas zu tun, riss ich dicke, lederartige Blätter von den Bäumen, befeuchtete sie mit Wasser und versuchte vergeblich, die rote Substanz von seinem Gesicht herunterzubekommen. Krister saß hilflos daneben, wusste nicht, ob er es gutheißen oder verurteilen sollte und sagte nichts. Luke erbrach sich noch zweimal. Danach fühlte er sich nach eigenen Angaben etwas besser, kam auf dem Rücken zur Ruhe und starrte in den Himmel. Irgendwann flüsterte er: „Tauri hat sein Ziel erreicht.“
    Wir hatten uns bereits derart an den riesigen Planeten gewöhnt, er fiel gar nicht mehr auf. Und doch war eine Veränderung eingetreten. Er ging nicht mehr unter, regierte nun Tag und Nacht den Himmel Gondwanas. Ja, es schien als verharrte er an Ort und Stelle. Er hing da wie ein monströses schwarzes Loch im Firmament, ein riesiges bedrohliches Auge, das direkt ins All zu blicken schien, und bedeckte allmählich den gesamten Himmel. Das Tageslicht nahm ab, das Licht der Sonne erstarb. So wie es aussah, konnte es nicht mehr lange dauern, bis die Taurinacht hereinbrach.
    Ich schauderte. Das fehlt jetzt noch.
    Was sollten wir in siebzehn Tagen und Nächten, die sich zu einer einzigen endlosen Nacht aneinander reihen würden, tun? An Ort und Stelle verharren? Hier, an den Gestaden des Taor, dessen Pegel beunruhigend schnell anstieg? Bald würde unser Platz überflutet sein.
    Wir mussten von hier fort, nur wie? Zu Fuß schied aus, Lukes Zustand erlaubte es nicht. Und in pechschwarzer Finsternis orientierungslos auf einem wenn auch stabiler als erwarteten Floß auf dem unberechenbaren Taor dahinzutreiben, grenzte an Selbstmord. Stimmten all die Legenden, die sich um die Taurinacht rankten? Sollte es in der Tat stockfinster werden? Vom Standpunkt der Logik aus gesehen, ja. Die verdeckte Sonne konnte uns kein Licht senden. Auch Estri und Ebrod stellten nur Reflexionen des Sonnenlichtes dar und schieden damit als Strahlungsquellen aus.
    „Es ist soweit“, flüsterte Luke. „Die ewige Nacht bricht herein. Fürwahr, ein guter Augenblick, um zu sterben.“
    „Was faselst du da? Luke, du darfst nicht aufgeben!“
    Ein wahnsinniger Ausdruck verdunkelte sein Antlitz, als Luke raunte: „Tauri gebiert die Nacht. Die Nacht gehört den

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