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Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)

Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)

Titel: Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Ende erzählt«, konterte ich, denn in diesem Augenblick stieg erneut die Trauer um meinen Vater in mir auf und machte es mir unmöglich, über ihn zu sprechen.
    Gabriel blickte mich einen Moment an, gab sich dann aber geschlagen.
    »Ich war der Sohn eines Fassmachers in Arles. Eines Tageskamen Kreuzritter durch unsere Stadt, auf der Suche nach Mitstreitern. Ein Prediger berichtete von den Schrecken, denen das Geburtsland von Jesus Christus ausgesetzt sei, und forderte uns auf, dem Heer beizutreten.«
    Die Erinnerung an die Prediger, die unser Dorf besucht hatten, stieg wieder vor meinem geistigen Auge auf und ließ mich erschaudern. »Und du hast diesem Prediger einfach so gelaubt?«, platzte es zornig aus mir heraus. »Er hätte euch belügen können!«
    Gabriel hob überrascht die Augenbrauen. »Das klingt, als hättest du keine guten Erfahrungen mit den Geistlichen gemacht.«
    »Das habe ich auch nicht«, gab ich zurück, und mir lag schon auf der Zunge, von dem Überfall zu berichten. Doch da mein Gastgeber ganz offensichtlich ein Christ war, hielt ich mich zurück. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich Gabriels Blick, doch ich tat so, als würde ich nichts mitbekommen und knabberte an einer weiteren Dattel.
    »Damals, als wir noch nicht wussten, was uns hier erwartet, haben wir den Geistlichen unserer Kirche alles geglaubt«, fuhr er dann fort und wandte sich ebenfalls seiner Mahlzeit zu. »Wir zogen fort in der Überzeugung, dass dieses Land und das Grab Christi gerettet werden müssen. Einige von uns lockte die Gier, denn man erzählte sich, dass viele Männer, die arm und zerlumpt fortzogen, als reiche Herren zurückkehrten. Doch wie wir erkennen mussten, gab es hier keine Reichtümer, nur Blut und Tod.«
    Gabriel senkte den Blick.
    Ich spürte, dass seine Geschichte noch nicht zu Ende war, aber er schien sie mir nicht weitererzählen zu wollen.
    »Du bist im Kampf verwundert worden, nicht wahr?«, fragte ich ihn, während ich auf den Umhang deutete.
    »Nicht nur einmal«, antwortete Gabriel, während er aufseine Messerklinge starrte. »Aber das ist eine andere Geschichte. Iss weiter und ruh dich dann aus. Wenn du etwas brauchst, ruf mich.« Damit erhob er sich und verließ das Gemach.
    War die Frage falsch gewesen? Stand es mir nicht zu, nach seinen Wunden zu fragen? Plötzlich bekam ich keinen Bissen mehr hinunter. Stattdessen mühte ich mich von meinem Kissen hoch. Obwohl mein Knie immer noch sehr schlimm schmerzte, humpelte ich, mich an der Wand abstützend, zum Fenster. Das Fensterbrett war breit genug, dass ich mich draufsetzen konnte. Während ich mein verletztes Bein hochlagerte, blickte ich nach draußen zu den Dattelpalmen.
    An deren geschuppten Stämmen hochzuklettern stellte ich mir nicht besonders schwer vor – jedenfalls dann, wenn man zwei gesunde Beine hatte. Auf der Freydis war ich des Öfteren den Mast hinaufgeklettert, und zwar ohne Seil. Mein Vater hatte das nicht gern gesehen, aber oben im Krähennest war ich vor seinem Tadel erst einmal sicher. Wenn mein Knie wieder gesund war, wollte ich es bei den Palmen versuchen.
    Geräusche, die klangen, als würde Gabriel sein Messer schleifen, rissen mich aus meinen Gedanken. Bei meinem Vater hatte es ähnlich geklungen, wenn er sein Schwert geschärft hatte. Tränen füllten meine Augen, denn ich sah plötzlich wieder vor mir, wie er am Fenster unseres Hauses gesessen hatte und sein Schwert und seine Dolche mit einem Stein schliff. Nie wollte er dabei gestört werden, doch ich hatte ihn manchmal heimlich beobachtet.
    Ihn da sitzen zu sehen, mit vollkommen ruhiger Miene und in sich versunken, hatte mich fasziniert. Mein Vater war ein poltriger Mann mit lauter Stimme, stets in Bewegung, und hatte den Blick auf alles um sich herum. Doch in jenen Momenten sah ich eine andere Seite an ihm, vielleicht die, die ich am meisten geliebt hatte.
    Als ich spürte, wie die Erinnerung mir die Brust zusammenschnürte und die Tränen kamen, löste ich mich von dem Fensterbrett und humpelte, so leise es ging, zur Tür. Gabriel hatte mir zwar Schonung befohlen, aber ich wusste, dass ich das Bild meines Messer schleifenden Vaters nur durch ein anderes vertreiben konnte, das ähnlich stark war.
    An der Tür des Raumes angekommen, in dem ich Gabriel die Klingen einer seltsam anmutenden Waffe schleifen sah, bemerkte ich ein kleines schwarzes Tier auf dem Fensterbrett. Es ähnelte den Krebsen, die es in den eisigen Flüssen meiner Heimat gab, nur war es wesentlich

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