Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
unsere Waffen.
»Da du das kostbarste Mitglied unserer Bruderschaft bist, will ich dir die Pflicht übertragen, Rechenschaft abzulegen«, eröffnete mir Sayd, als wir darüber sprachen, was unsere Ziele sein sollten. »Rechenschaft über unsere Taten und die Dinge, die wir verändern.«
Ich blickte zu Jared, der Sayd überrasch ansah.
»Aber ist Jared dazu nicht viel geeigneter? Immerhin hat er mich erst die arabische Sprache und Schrift gelehrt.«
»Jared wird es guttun, aus seiner Schreibstube zu kommen. Er hat dort schon viel zu lange gehockt.«
Der Angesprochene wollte schon zu einem Protest anheben, doch Sayds Lächeln machte ihm deutlich, dass er diese Worte nicht allzu ernst meinte.
»Heißt das, dass ich ab sofort in der Schreibstube verstauben muss?«
»Nein, du wirst natürlich kämpfen, wenn du das wünschst. Aber ich traue dir zu, auch unsere Chronik zu schreiben. Immerhin kommst du aus einem Volk, das sich bilderreiche Geschichten über seine Götter erzählt.«
Ich wollte gerade erwidern, dass auch Jared solche Geschichten über die Götter kannte, doch ich schwieg, denn es ehrte und freute mich, diese Aufgabe übertragen zu bekommen. In meinem Volk waren die Runenmeister dafürzuständig, Geschichten aufzuschreiben – und Runenmeister zu sein bedeutete, im Ansehen beinahe einem König gleichzukommen.
»Ich danke dir für diese Ehre«, entgegnete ich also nur, woraufhin Sayd etwas unter seinem Gewand hervorholte.
»Auch diese solltest du nicht in der Feste zurücklassen.«
Das Kästchen erkannte ich sofort. Als ich es öffnete, lag darin meine Feder – und noch immer zierte mein Blut den Federkiel. Dankbar lächelte ich Sayd zu.
»Also gut, da wir nun eine Chronistin haben, lasst uns zu anderen Aufgaben kommen, die innerhalb der Bruderschaft der Sephira zu verteilen sind.«
Am Abend, während sich Gabriels Gäste ihr Nachtlager in seinem Haus bereiteten, spazierte ich mit ihm am Strand entlang. Diesmal war unser Ziel der Drachenkopf meines Schiffes, der noch immer aus dem Strand ragte.
»Manchmal frage ich mich, wie alles gekommen wäre, wenn ich dich nicht hier gefunden hätte«, sagte Gabriel, während seine Hand über das Muster unterhalb des Drachenkopfes strich.
»Ihr wärt wahrscheinlich noch immer ohne eine Lamie«, entgegnete ich. »Aber ich glaube nicht, dass ihr noch die Diener Malkuths wärt. Sayd hätte so oder so erkannt, wie wichtig Saladin für die Menschen hier ist. Manche Dinge lassen sich eben nicht aufhalten.«
»Da hast du recht.«
Gabriel legte mir den Arm um die Schulter und zog mich an sich.
Ich hatte mich nie gefragt, wie ich fühlen würde, wenn ich erst einmal verwandelt war. Jetzt wusste ich es: Ich fühlte mehr. Ich fühlte intensiver. Und so war mir nun auch klar, was das Herzklopfen bedeutete, das mich überkam, als ichdie Wärme seines Körpers spürte. Unsere Blicke trafen sich, dann fanden unsere Lippen zueinander, während die Möwen über unsere Köpfe hinwegzogen.
Nachts, als alle schliefen, erhob ich mich von meinem Lager, ergriff die Schachtel mit meiner Schreibfeder und durchquerte das Haus im Mondschein zu Jareds provisorischem Schreibpult. Es war für ihn zu gefährlich gewesen, in sein Haus in Alexandria zurückzukehren, also hatte er Schriftrollen und Tinte mitgenommen und hier gelagert.
Ich nahm ein unberührtes Stück Papyrus, breitete es auf dem Pult auf und tauchte die Federspitze, an der noch immer etwas Blut von Sayd klebte, in die Tinte, um die ersten Sätze der Chroniken der Sephira niederzuschreiben.
Mein Name ist Laurina Einarsdottir Skallagrimm. Man nennt mich die Chronistin. Meine Aufgabe ist es, die Taten unserer Bruderschaft für die Nachwelt zu erhalten. Einst war ich die Tochter eines in Ungnade gefallenen Fürsten aus den Nordlanden, auserkoren, sein Erbe anzutreten, wenn Walhall nach ihm rief. Doch das Schicksal hatte anderes mit mir vor. Es führte mich an eine fremde Küste und in die Arme der Sephira , auf dass ich mithelfe, die Geschicke der Menschen zu lenken und zum Guten zu verändern. Dies ist unsere Geschichte ... Als ich fertig war, betrachtete ich mein Werk zufrieden und begab mich dann zurück auf mein Lager. Den Schatten, der in diesem Augenblick am Fenster vorbeihuschte, hatte ich wohl gesehen, doch ich dachte, dass er nur der eines Nachtvogels war, der sich auf dem Weg in sein Nest befand.
Während er die Treppe zum Kerker hinunterschritt, presste Malkuth die Hand auf den Bauch. Die Wunde, die der
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