Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Brise, und obwohl ich wusste, dass es hier keine Tiere außer den Schlangen und Skorpionen gab, lauschte ich doch in die Finsternis. Würde ich es hören, wenn eine Schlange ins Zelt kroch? Oder ein Skorpion?
Gabriel brauchte sich davor nicht zu fürchten, aber was würde aus mir? Wenn sie mich im Schlaf bissen oder stachen, würde ich nicht einmal mehr aufwachen. Diese Gedanken marterten mich eine Weile, doch schließlich wurde der Schlaf übermächtig.
Als wir am Morgen erwachten, war etwas Sand über unser Lager geweht. Der Wind hatte aufgefrischt und trieb uns die Sandkörner unter die Augenlider und zwischen die Zähne.
»Wir sollten uns beeilen«, verkündete Gabriel. »Wenn mich nicht alles täuscht, werden wir bald einen Sturm bekommen.«
Rasch brachen wir das Lager ab und ritten weiter.
Auf unserem Weg erwartete uns die gleiche Eintönigkeit wie zuvor. Abwechslung bot sich unseren Augen höchstens in Form von Tierknochen, Schlangen, die ihren Weg über den glühend heißen Sand suchten, und Skorpionen.
Gabriel erzählte mir, dass das Gift dieser Tiere umsotödlicher sei, je kleiner sie waren. »Der Skorpion, den du beinahe berührt hättest, hätte dich qualvoll sterben lassen.«
»Und weil du wusstest, dass du den Stich überleben würdest, hast du ihn auf dich genommen.« Ich verspürte auf einmal eine Wärme in der Brust, die nicht von der Sonne kam.
»Ja, das habe ich. Ich wollte nicht, dass du stirbst, nachdem du so knapp dem Tod entronnen bist.«
»Und hättest du mich wirklich getötet, wenn ich mich gegen die Bruderschaft entschieden hätte?«
Im nächsten Augenblick bereute ich meine Frage, denn ich spürte, wie sich plötzlich eine unsichtbare Mauer zwischen uns erhob.
Gabriel schwieg eine Weile und ich ärgerte mich über mich selbst.
»Es bringt nichts, darüber nachzudenken, was hätte eintreten können«, sagte er schließlich. »Du hast dich entschieden und bist hier, etwas anderes sollte dich nicht interessieren.«
»Wem ist es eigentlich eingefallen, Skorpione zum Überbringen von Nachrichten zu benutzen?«, fragte ich schließlich, um die wieder eintretende Stille zwischen uns zu vertreiben.
»Das war Jareds Idee«, antwortete Gabriel, und seine Stimme wirkte nun wieder wie zuvor. »Er ist unser Schreiber. Malkuth verlangte von ihm eine todsichere Methode, Botschaften zu überbringen.«
»Und wenn nun jemand darauf kommt, einen Stein auf den Skorpion zu werfen? Oder ihn mit einem Knüppel zu erschlagen?«
Der Blick, mit dem Gabriel mich jetzt bedachte, wirkte verblüfft.
»Darüber habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht«, gab er zu. »Und es hat auch niemand eine Nachricht auf diese Weise an sich gebracht.«
»Und was macht ihr, wenn der Skorpion verloren geht?Oder wenn er in die Wüste hinausläuft oder nicht zu deinem Haus krabbelt? Ihr könnt diese Tiere doch unmöglich abrichten!«
Es amüsierte mich, Gabriel auch bei diesen Fragen ratlos zu sehen.
»Ich weiß nicht, wie Jared es anstellt, doch seine Skorpione haben noch nie ihr Ziel verfehlt«, entgegnete er. »Wenn du ihn ein wenig näher kennst, kannst du ja mal versuchen, ihm das Geheimnis zu entlocken.«
»Wie lange kennst du ihn denn schon?«
»Seit meiner Aufnahme in die Bruderschaft vor etwa zehn Jahren.«
»Und er hat dir das Geheimnis noch nicht verraten?«
»Nein, das hat er nicht.«
Bevor uns der Sturm mit aller Macht erreichen konnte, waren wir schließlich am Ziel.
Die Burg wirkte, als sei sie aus Sand entstanden. Die Farbe ihrer Mauern unterschied sich nicht wesentlich von den rötlichen Dünen ringsherum. Vier rechteckige Türme erhoben sich in den Himmel, verbunden durch Wehrmauern, die undurchdringbar erschienen. Nur schemenhaft konnte ich die Männer erkennen, die auf den Wehrgängen patrouillierten. In der Mitte des Bauwerks ragte ein fünfter Turm empor, der auf den ersten Blick rund wirkte, aber in Wirklichkeit mehrere Ecken aufwies. An diesem Turm flatterte ein dunkelrotes Banner, das mich an das Segel der Freydis erinnerte.
Gabriel zügelte sein Pferd und bedeutete mir dasselbe zu tun.
»Warum reiten wir nicht zum Tor?«, wunderte ich mich. Windböen zerrten an unseren Gewändern und erste Sandkörner prasselten in unsere Gesichter.
»Wir geben ihnen die Möglichkeit, uns wahrzunehmen«,antwortete Gabriel, während er sich auf das Horn seines Sattels stützte und den Blick nicht von der Feste ließ.
»Weshalb? Sie sehen uns doch viel besser, wenn wir vor dem Tor
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