Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
denn auch …«
»Mitglieder der Bruderschaft? Nein, das sind sie nicht, aber dennoch sind sie unsterblich. Malkuth würde doch seine Giftmischer nicht den Würmern zum Fraß vorwerfen!«
Nachdem wir weitere Treppen hinter uns gebracht hatten und weiteren neugierigen Männern begegnet waren, betraten wir eine lange Galerie und bogen dann ab in einen Gang, der von Öllampen beleuchtet wurde.
Hier waren zu beiden Seiten Türen in die Wände eingelassen, bei denen man sich als hochgewachsener Mensch ducken musste, um sich beim Eintreten nicht den Kopf anzuschlagen. Vor einer dieser Türen machten wir halt.
»Das sind die Quartiere der Assassinen. Jeder von uns hat in der Burg einen solchen Raum, in dem er bleiben kann, solange er sich hier aufhält.«
Da ich nur sechs Türen zählte, fragte ich: »Müsst ihr die Kammern miteinander teilen?«
Gabriel schüttelte den Kopf. »Das hier sind nur einige der Unterkünfte. In diesem Gang befindet sich mein Quartier und von nun an auch deines.«
Er beugte sich vor und öffnete die Tür. Der Raum dahinter war alles andere als bloß eine Kammer. Das letzte Licht der Abendsonne durchflutete ein Gemach, das größer war als jeder Raum in meinem früheren Zuhause. Nur unsere Versammlungshalle war noch geräumiger gewesen.
»Warum sind die Türen alle so niedrig, wenn die Gemächer dahinter so riesig sind?«, wollte ich wissen, während ich neugierig in mein Quartier spähte.
»Damit wir stets daran erinnert werden, dass wir trotz unserer Gabe demütig sein müssen.«
»Demütig gegenüber Malkuth?«
»Demütig gegenüber dem großen Geschenk, das wir erhalten haben. Ein Assassine beugt nur selten sein Haupt, aber wenn er durch diese Tür schreitet, ist er dazu gezwungen. Und jetzt richte dich, so gut es geht, ein, wasch dich und kleide dich um. In der Truhe findest du alles, was du brauchst. Und denk daran, außerhalb dieses Raumes darfst du von nun an dein Schwert nicht mehr tragen. Es sei denn, wir reisen ab.«
Das erfüllte mich mit einem gewissen Unbehagen. Ohne die Waffe fühlte ich mich mittlerweile nackt. Und hier lief ich außerdem Gefahr, wieder auf Sayd zu treffen. Er mochte vielleicht der Anführer der Kämpfer sein, doch das war keine Garantie dafür, dass er mich nicht wieder angriff.
»Wann wird die Zusammenkunft stattfinden?«
»Bald«, entgegnete Gabriel. »Ich werde an deine Tür klopfen, wenn es so weit ist.«
»Das kann heute, morgen oder in einer Woche sein!«, gab ich ungeduldig zu bedenken.
»Keine Sorge, so viel Zeit wird Malkuth nicht verstreichenlassen, zu wichtig ist es ihm, dass eine neue Lamie geschaffen wird. Selim und Melis haben ihn sicher schon von unserer Ankunft unterrichtet. Ich rechne also damit, dass die Zusammenkunft noch heute Nacht stattfinden wird. Vorausgesetzt, Sayd ist in der Feste. Halte dich also lieber bereit.«
Ich nickte und durchschritt dann den niedrigen Türbogen. Besonders breit war die Tür nicht, sodass mein Vater mit seinen breiten Schultern wahrscheinlich stecken geblieben wäre. Während ich mich noch fragte, wie Sayd mit seiner Größe durch diese Türen kam, drückte Gabriel hinter mir die Tür ins Schloss.
Ich war nun allein in dem Raum, der prächtiger war als alles, was ich zuvor gesehen hatte. Selbst Gabriels kachel- und mosaikgeschmücktes Gemach verblasste gegen ihn. Der Boden war mit glänzenden Steinplatten bedeckt, die Wände mit Malereien und Mosaiken geschmückt und die Fenster mit seidenen Vorhängen versehen. Stoffe wie diese trugen nicht einmal unsere Königinnen! Bewundernd strich ich über die mit Schnitzereien verzierte Truhe, die gleich neben der Tür stand, dann wanderte mein Blick zu der Bettstelle.
Sie bestand aus einem hölzernen Bettkasten, über dem ein von verzierten Pfosten getragener Baldachin gespannt war. In seinem Inneren befanden sich nicht etwa Strohsäcke, sondern eine Matratze, die wahrscheinlich mit Rosshaar gefüllt war. So etwas hatte ich mal im Haus eines sehr reichen Kaufmannes gesehen. Und die Matratze war noch nicht alles. Dutzende bunte Kissen lagen quer über das Bett verstreut.
Ich konnte nicht anders und musste mich erst einmal auf dem Lager ausstrecken, wofür meine vom Ritt geschundenen Knochen auch sehr dankbar waren.
Das in den Baldachin eingewirkte Bild zeigte eine Frau, die in ihrer Hand einen Kelch hielt. Mit leichtemErschrecken erkannte ich, wie ähnlich die Gestalt mir doch sah. War das eine Darstellung des alten Kerkergeistes? Hatte Sayd mich nur
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