Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
auch nicht, ihn auf die beiden Burschen loszulassen. Es wäre besser, wenn sie dem Emir ausgeliefert würden.«
»Um einen neuerlichen Krieg vom Zaun zu brechen? Duweißt, wie ein Fürst reagiert, wenn er herausfindet, dass ein anderer ihn töten will.«
»Er greift diesen Fürsten an.«
»Und das würde weitaus größeres Leid nach sich ziehen. Du hast gesehen, dass diese Stadt in voller Blüte steht. Kriege aber machen aus Dörfern Wüsten und aus Burgen Ruinen. Das Heilige Land ist jetzt wieder in der Hand ihrer rechtmäßigen Besitzer, doch du hast selbst gesehen, wie viel Blut das gekostet hat.«
Gabriel hob warnend die Hand, dann flüsterte er: »Ich glaube, da kommt wer.«
Gabriel und ich drückten uns an die Wand. Zwei Wachen tauchten auf. Hatten die Attentäter Alarm geschlagen? Oder hatte man bereits ihre Leichen entdeckt?
»Sucht ihr mich?«, flüsterte eine Stimme hinter uns. Sayd ragte wie eine schwarze Statue neben uns auf. Über den Lärm der vorbeiziehenden Wächter hatten wir ihn nicht kommen gehört.
»Hast du sie erledigt?«, flüsterte Gabriel, woraufhin er nickte.
»Ich muss Jared unbedingt sagen, dass er sich andere Skorpione suchen soll. Das jetzige Gift tötet ziemlich langsam.«
»Konnten die beiden Alarm schlagen?«, fragte ich.
»Nein, aber das haben sie nur deshalb nicht getan, weil sie wussten, was ihnen blühen würde. Aber dennoch, es hat zu lange gedauert. Ich hasse es, wenn meine Opfer noch mit mir reden. Besonders wenn der Tod dieser Menschen eigentlich eine Verschwendung ist.«
Seine Worte bohrten sich wie ein Dolch in meinen Magen. »Bist du sicher, dass sie schuldig waren?«
»Ja, das waren die Attentäter. Ich habe eine verschlüsselte Schriftrolle bei ihnen gefunden.«
»Also keine Männer von Scheich Sinan?«, fragte Gabriel, denn mit denen hatten wir es schon einmal zu tun bekommen.
»Sicher nicht. Auch wenn jetzt andere Männer den Assassinenorden führen, so ist es immer noch Brauch, dem mit dem Auftrag betrauten Mann einen goldenen Dolch zu überreichen, mit dem er den betreffenden Fürsten töten soll. Die Männer hier trugen Dolche aus Eisen und führten sie nicht einmal gut.«
»Und weshalb war ihr Tod eine Verschwendung?«, wisperte ich, denn ich hörte, dass die Wachen zurückkehrten.
»Es waren junge, kräftige Männer, deren Leben eine andere Wendung hätte nehmen können.« Auch Sayds Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.
»Wenn du ihnen nicht in die Quere gekommen wärst.«
»Wenn sie sich nicht entschlossen hätten, dem falschen Fürsten zu dienen und in dessen Namen zu morden.«
»Woher weißt du, dass es der falsche Fürst war?«
Sayd antwortete nicht gleich, denn gerade zogen die Wächter an uns vorüber. Als sie fort waren, beugte er sich zu mir und flüsterte: »Jeder Fürst, der ein Land gewaltsam übernehmen will, ist der falsche. Früher oder später scheitert er.«
Ohne aufgehalten zu werden, gelangten wir in den Innenhof. Noch immer wirkte alles ruhig. Einige Wächter standen um ein Feuer und wärmten sich die Hände. Gelächter war zu vernehmen.
Kurz nach uns erschien Jared. Auch er war dunkel gekleidet, aber seine Augen leuchteten silbrig vor Aufregung.
»Ich habe es eben erfahren«, sagte er, während er ein paar Schriftrollen unter seinem Arm festklemmte. »Sayd, du hättest mir die Schriftrolle nicht an den Kopf werfen müssen.«
Ich zog fragend die Augenbrauen hoch. Offenbar hatteSayd nur deshalb so lange gebraucht, weil er das belastende Schriftstück gleich überbracht hatte.
»Hast du herausgefunden, was darauf stand?«
»Es war der Befehl, den Emir bei Vollmond zu töten. Schaut mal nach oben.«
Die Rundung des Mondes war beinahe vollkommen. Also hatte Sayd kein unschuldiges Blut vergossen.
»Dann sollten wir uns beeilen. Ich hoffe, das unter deinem Arm sind nicht irgendwelche Gedichte oder …«, Gabriel blickte lächelnd zu mir, »Liebesbriefe, in denen er die Schönheit Laurinas preist.«
»Das hier sind die Berichte des Reisenden. Der Schreiber hat sie in der Zwischenzeit kopiert. Mit meiner Hilfe natürlich, der arme Kerl hätte sonst einen Krampf bekommen.«
Sayd nickte ihm zu, dann bedeutete er uns, zu den Pferden zu gehen.
Noch vor dem Morgengrauen verließen wir die Herberge und ritten in Richtung der Stadttore.
»Was meinst du, ob wir den Emir dadurch gerettet haben?«, fragte ich, während sich das Violett des Himmels allmählich in Rot verwandelte. Die Worte vom falschen Herrscher wollten mir
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