Septemberblut
bloßer Hand. Ich hörte Fleisch reißen, Knochen brechen, Schreie, die plötzlich verstummten. Er brauchte keine Hilfe.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder in die Halle. Da, eine Bewegung in den Schatten! Es war der Unsterbliche, den ich schon beim Reinkommen gespürt hatte. Als ich für einen Augenblick einen stattlichen Blonden aus dem Schutz eines Metallträgers treten sah, zögerte ich nicht und feuerte.
Der Schuss hallte von den Wänden, und der Vampir brach in die Knie.
Er zuckte. Die Silberkugel hatte das Herz knapp verfehlt. Während ich die kurze Distanz überwand, sprang die Schwertklinge aus ihrem Bett. Ich verschwendete keine Zeit.
Der Vampir öffnete den Mund zu einem Schrei, doch bevor ein Ton über seine Lippen kam, trennte ich mit sauberem Schlag den Kopf vom Körper. Sofort stieg mir der berauschende Duft von frischem Blut in die Nase.
Ich verweigerte mir den Gedanken an ein Mahl, stieß den Kopf zur Seite und durchsuchte die Kleidung des Toten. In Jacke und Taschen fand ich nichts von Bedeutung. Die Brieftasche, ein Feuerzeug, Kugelschreiber. Er war unbewaffnet gewesen.
Wennauch die anderen Vampire mit nichts als Fäusten und Zähnen angriffen, würde es einfach werden.
Brandon sprang leichtfüßig von der Empore und kam zu mir. Sein Gesicht war blutverschmiert, es tropfte von seinem Kinn und seine schwarzen Augen glühten wild.
Der Indianer war auf dem Kriegspfad. Ich hatte mich nicht in ihm getäuscht. Er war ein geborener Jäger, wie ich.
Schüsse! Kugeln pfiffen durch die Luft. Brandon fauchte und duckte sich.
Wir standen ohne Deckung, und eh ich michs versah, streifte eine Kugel meinen Arm. Der Schmerz kam prompt und scharf. Ich biss die Zähne zusammen und hatte die Wunde im nächsten Moment vergessen.
Es war kein Silber.
Die Schützen waren Vampire. Ihre Energie brannte kaum heller als die der Menschen. Sie waren extrem jung. Ein steter Windzug, der durch die zerbrochenen Fenster der Halle wehte, trug den Geruch ihrer Angst zu uns.
Brandon witterte, zog sein Schwert und warf die Scheide fort. Er hatte sich trotz des Kugelhagels wieder aufgerichtet und starrte grimmig in die Dunkelheit, dorthin, wo unsere Gegner warteten.
Die Vampire waren zu viert. Sie hielten sich im Schatten alter Container und Kisten. Wir tauschten einen kurzen Blick, dann liefen wir los, ohne jegliche Deckung, direkt auf sie zu. Wir waren zu schnell für die Jungen, viel zu schnell.
Unsere Schwerter pflügten durch unschuldige Gesichter. Eine junge Frau versuchte, sich kletternd in Sicherheit zu bringen. Brandon hielt sie mit einer Hand davon ab, weiter die Kisten zu erklimmen, und ich enthauptete sie in einem Wimpernschlag.
Dann war es vorbei. Es war alles viel zu schnell gegangen. DerKörper der Frau rutschte zu Boden und begrub den Kopf mit dem entsetzten Gesicht unter sich.
Erstaunt sahen wir auf das Blutbad vor uns. Brandon leckte sich die Lippen und sein Brustkorb pumpte erregt.
Ich lauschte mit all meinen Sinnen. Es waren weder Sterbliche noch Vampire in der Nähe. Ein junger Mann zuckte zu unseren Füßen und wimmerte leise. Ich wusste nicht einmal, wessen Schwert ihn getroffen hatte. Die Schulter unter der zerfetzten Jeansjacke war eine einzige klaffende Wunde. Der Hieb hatte seinen Hals treffen sollen und war fehlgegangen. Brandon hob seine Waffe zum Gnadenstoß.
»Nein! Er gehört mir!«, fauchte ich.
Der Indianer hielt überrascht inne. »Er ist zu jung, er kann die Wunde nicht heilen. Willst du ihm trotzdem Pardon gewähren?«
»Kein Pardon, Brandon«, erwiderte ich.
Ich steckte meine Pistole ein und hob den verletzten Vampir hoch. Er stöhnte vor Schmerzen.
»Das wirst du nicht tun, Julius!« Brandon war entsetzt.
Ich bleckte die Zähne zum Beweis. »Doch, genau das werde ich.«
Ich betäubte mein Opfer als letzte Gnade, dann schlug ich meine Fänge in sein Fleisch und trank. Das adrenalinerhitzte Blut berauschte mich wie eine Droge.
Brandon ließ die Arme sinken und beobachtete mich angewidert.
Ich starrte zurück und schluckte weiter. Ja, ich beging erneut einen Frevel, und? Es war mir egal, was er dachte, dennoch konnte ich seinen anklagenden Blick nicht gut ertragen.
Er war so jung, so dumm, so selbstgerecht. Brandon hatte nie den letzten Herzschlag gekostet. Er war zu spät geboren für die gute alte Zeit. Das fremde Blut rauschte als frenetischerWirbel durch meinen Körper. Brandon wusste ja nicht, wie das war!
Als hätte er meine Gedanken erraten, stolperte der
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