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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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das kleine Kästchen hin und öffnete es, so dass der Deckel seine Augen vor dem Inhalt abschirmte.
    Aus einem samtenen Bett blitzte mich ein antikes Goldkreuz an. An den vier Enden waren blutrote Rubine eingefasst, in der Mitte ein klarer Bergkristall. Der Anblick des Kreuzes rief in mir nicht mehr als ein ungutes Bauchgefühl hervor.
    »Es gehörte meiner Mutter Bridget«, sagte Curtis. »Ich kann es nicht ansehen. Trage es, wenn du es aushältst, und bring es mir wieder. Es mag dein einzig wirksamer Schutz gegen Gordon sein.«
    Mit spitzen Fingern hob ich das Kreuz an der Kette heraus.
    Es leuchtete aus eigener Kraft.
    Curtis wandte den Blick ab. Ich wusste, wie viel es ihn kostete, die Augen nicht mit der Hand zu bedecken. Ich legte mir die Kette um den Hals, ließ das Schmuckstück unter den Kragen gleiten und strich den Stoff darüber glatt. Das Gold wurde auf meiner Haut augenblicklich warm. Nach einigen Stunden würde es so heiß sein, dass es eine kleine Verbrennunghervorrief, doch das war zu ertragen, wenn es mich schützen konnte.
    »Danke. Ich werde es hüten wie einen Schatz.«
    »Versteh mich nicht falsch, ich will noch immer nicht, dass du gehst«, sagte mein Meister. In seiner tiefen Stimme klang eine Drohung mit.
    »Dunkelheit und Hunger«, sagte ich mit stockendem Atem. Der Gedanke an den Sarg, die klaustrophobische Enge und den unerträglichen Durst schnürte mir die Kehle zu. Ich schluckte und wich seinem Blick aus.
    »Ich komme wieder und werde mich deinem Urteil fügen.«
    »Nimm Abschied von den Deinen, Julius. Ich gebe ihnen Schutz, solange du fort bist.«
    »Und Amber?«
    »Deine Dienerin kann tun und lassen, was sie will. Solltest du nicht zurückkehren, werde ich jede Verbindung zu ihr lösen und ihre Erinnerungen an unsere Art aus ihrem Verstand tilgen. Unter ihresgleichen ist sie besser aufgehoben.«
    »Danke, danke für alles.« Und dann sagte ich es plötzlich. »Vater.«
    Curtis erstarrte und wich mir aus. »Geh, bevor ich es mir anders überlege. Geh!«, sagte er bitter und öffnete die Tür.
    Ich trat an ihm vorbei in den Gang. Plötzlich hatte ich es eilig, fortzukommen.
    Meine Verbindung zu Amber war wieder unterbrochen. Jetzt, da ich wusste, dass sie sie betäubten, war dieser Zustand weniger fürchterlich. Das Leder meiner Hose quietschte leise, während ich mehrere Stufen auf einmal nahm. Curtis glitt hinter mir wie ein Schatten die Treppe hinauf.
    Im Entree warteten Brandon, Christina und einige andere. Robert unterhielt sich flüsternd mit dem Indianer. Sobald die Männer meiner ansichtig wurden, verstummten sie. Sie hatten wohl über mich gesprochen. Brandon fingerte unsicheran einer Halskette, in deren Mitte einer seiner geliebten Türkise prangte.
    Mein Blick streifte Steven, der sich in einer Ecke neben dem alten Kartenhäuschen herumdrückte. Er war Curtis’ neues Schoßtier. Ich hatte ihm nichts mehr zu sagen.
    Die Anspannung war dicht, als laufe man durch eine unsichtbare, zähe Masse.
    Ich küsste Brandon und Christina zum Abschied auf die Stirn und vermied zugleich, ihnen in die Augen zu sehen.
    Robert nickte mir zu. Es war so weit. Er ging voraus und öffnete die Tür.
    Der warme Geruch der Straße umfing mich, dann stieg ich zu Robert in die Klimaanlagensterilität des Wagens. Lämpchen blinkten, während er den Zündschlüssel drehte. Ich schnallte mich an und sah nicht zurück.
    Curtis’ Blick brannte plötzlich in meinem Rücken.
    Geh nicht!, schien er zu rufen, geh nicht! Er zog mit all der Kraft an mir, die in über zweihundert Jahren zwischen uns gewachsen war. Seine Energie schnürte mein Herz zusammen, zerrte an jeder Faser meines Körpers.
    »Fahr endlich, Robert!«, presste ich hervor und drückte mich tief in den Sitz. Warum konnten mich Leder und Polster jetzt nicht einfach verschlucken und alles war vorbei?
    Robert beschleunigte und Curtis’ Sog riss ab.
    Mit aufjaulendem Motor schossen wir die Straße hinunter, und ich sackte zusammen. Robert sah mich besorgt an und ging vom Gas.
    Ich starrte aus dem Fenster. Lichter, Bäume, Menschen.
    Meine Hände kneteten den Sitz. Nur nicht nachdenken, beschwor ich mich, alles, nur das nicht. Ich lenkte mich damit ab, jedes Reklameschild zu lesen, an dem wir vorbeifuhren.
    »Ich hoffe, sie ist es wert«, sagte Robert irgendwann und starrte auf die Rücklichter des Kombis vor uns.
    Schweigendmusterte ich meinen Sitznachbarn im Auf und Ab der Blinker. Orange und grau, Roberts Gesicht wechselte die Farbe im

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