Septimus Heap 02 - Flyte
Du bist nicht mein Lehrling.«
Septimus überlegte, wie er dem alten Zauberer auf der Treppe die Wahrheit möglichst schonend beibringen konnte. »Es tut mir leid«, sagte er mit sanfter Stimme, »aber ich muss Ihnen mitteilen, dass Sie nicht mehr der Außergewöhnliche Zauberer sind. Sie sind ein Geist. Sie sind ... nun ja, Sie sind tot.«
»Hihi. Hab ich dich drangekriegt, mein Junge. Natürlich bin ich tot. Wäre ich noch am Leben, würde ich nicht hier herumhocken und vor Langeweile vergehen. Wie war noch mal dein Name, Kleiner?«
»Septimus Heap.«
»Wirklich? Schön, schön. Du darfst rauf.«
»Und mein Freund auch?«
»Ja. Nur zu. Oben müsst ihr links abbiegen und das Losungswort sprechen. Ihr kommt im Besenschrank neben der Großen Halle heraus.«
»Vielen Dank.« Septimus lächelte.
Der alte Außergewöhnliche Zauberer sank wieder in sich zusammen und schloss die Augen. »Keine Ursache«, sagte er. »Und viel Glück, mein Sohn. Du wirst es brauchen.«
* 40 *
40. Beetle im Turm
S e ptimus öffnete die Tür des Besenschranks und spähte hinaus. Er wartete, bis mehrere Gewöhnliche Zauberer, die sich übers Wetter unterhielten, vorbeigeschlendert waren, dann schlüpfte er mit Beetle hinaus. Als Marcias Lehrling hatte er alles Recht der Welt, sich in dem Besenschrank aufzuhalten, wenn er wollte, doch er wollte nicht, dass ein paar neugierige Zauberer sich in endlosen Vermutungen darüber ergingen, was der Lehrling der Außergewöhnlichen Zauberin dort wohl zu suchen hatte.
»Komm, Beetle«, sagte er.
Beetle antwortete nicht. Er blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf den bunten Fußboden. »Er hat meinen Namen geschrieben!« Seine sonst raue Stimme quiekte aufgeregt. »Der Fußboden hat meinen Namen geschrieben. Da stand WILLKOMMEN, BEETLE. Wirklich sehr merkwürdig.«
»Das tut er immer«, sagte Septimus leichthin und vergaß dabei, wie erstaunt er selbst beim ersten Mal gewesen war.
»Und jetzt steht da WILLKOMMEN, PRINZESSIN. Ist sie auf dem Weg hierher, Sep? Kommt sie wirklich?« Beetle hatte Jenna oft durch die Zaubererallee gehen sehen, aber er hätte sich nie träumen lassen, dass er sie eines Tages kennen lernen würde.
»Wer, Jenna? Glaube ich nicht. Sie ist vorhin nach Hause.«
Die silberne Tür des Turms schwang auf, und zu Beetles Erstaunen stand da Jenna, deren Gestalt sich gegen das helle Sonnenlicht abhob. Im ersten Moment war auch Septimus überrascht. Aber nicht über das Erscheinen Jennas, die mittlerweile das Losungswort kannte und nach Belieben im Turm aus und ein gehen konnte, sondern über den warmen Sommertag draußen. Er hatte ganz vergessen, dass außerhalb der Eistunnel der Himmel blau war und die Sonne schien.
»Hallo, Sep«, rief Jenna. »Bitte, geh doch nach Hause zu Mum. Ich habe ihr gesagt, dass du wohlbehalten zurück bist, aber sie will sich mit eigenen Augen davon überzeugen.«
»Klar. Aber vorher habe ich noch etwas zu erledigen. Simon ist hier.«
»Simon –hier?«
»Na ja, nicht direkt hier. Er ist ... er ist da unten.« Er zeigte mit dem Finger auf den Boden.
Jenna blickte verständnislos. »Wie, unter dem Fußboden?«
Septimus senkte die Stimme. »Unter der Burg sind Eistunnel. Dort ist er. Und läuft Schlittschuh.«
Jenna lachte schallend. »Red keinen Quatsch. Mitten im Sommer!«
»Pst!«, zischte Septimus. »Das darf niemand hören.« Er lächelte den Zauberern von vorhin zu, die eben wieder zurückkamen. »Guten Morgen, Pascalle. Guten Morgen, Thomasinn. Guten Morgen, guten Morgen.«
»Guten Morgen, Herr Lehrling«, antworteten sie im Chor.
Septimus wartete, bis sie in den Sonnenschein hinausgetreten waren. »Und das ist noch nicht alles, Jen. Es ist tatsächlich wahr, Simon hat den Flug-Charm, ich habe ihn gesehen. Er hat ihn in der Hermetischen Kammer liegen lassen. Ich hatte ihn schon fast in der Hand, aber da hat sich sein Gürtel in eine Schlange verwandelt und dann ...«
»Eistunnel ... Hermetische Kammer ... Schlange?«, wiederholte Jenna und sah ihn ungläubig an. »Sep, was um alles in der Welt hast du gemacht? Du wolltest doch nur ein Buch holen.«
»Schon, aber dann hab ich Beetle getroffen und eins kam zum andern.«
Beetle stand verlegen daneben. Er fühlte sich hier im Zaubererturm wie ein Fisch auf dem Trockenen, noch dazu in Gegenwart der Prinzessin, obwohl diese – natürlich – keine Notiz von ihm nahm. Und sein bester Freund Sep war plötzlich ein ganz anderer und nicht mehr der Junge, mit dem man
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