Septimus Heap 02 - Flyte
Erleichterung auf Nickos Gesicht sah, da hatte er gewusst, dass es wahr sein musste.
»Hm ...«, machte Septimus und grinste verhalten.
»Es ist Großvater Benny, Sep«, teilte Nicko ihm aufgeregt mit. »Wir sind gerettet! Aber jetzt musst du schlafen«, setzte er hinzu, als er bemerkte, wie blass sein Bruder aussah. »Morgen früh geht es dir wieder besser.« Er legte sich neben Septimus auf die Plattform und hielt ihn fest, nur um ganz sicherzugehen, dass er nicht wieder hinunterfiel.
Der Mond war inzwischen aufgegangen und schien durch die Blätter, und Großvater Benny schwankte leicht im Mitternachtswind und wiegte die Jungen in einen friedlichen Schlaf. Sie waren gerade eingeschlummert, da tönte ein entsetzliches Geheul durch den Baum.
»Aooooooooooooooh!«
Gefolgt von einem grässlichen Husten und Spucken.
»Ach, ach, ach!«
Nicko wusste, dass es die Wolverinen waren. »Sie können doch nicht auf Bäume klettern, Sep, oder?«, fragte er.
Septimus schüttelte den Kopf und bereute es sofort.
Mit einem mulmigen Gefühl spähten beide durch die Plattform hinunter zu den Wolverinen. Das ganze Rudel war anscheinend verrückt geworden. Sie rannten unablässig um den Baum herum, kläfften und jaulten und rieben sich mit den Pfoten verzweifelt die Nasen.
»Was ist denn in die gefahren?«, fragte Nicko.
Septimus brach in Lachen aus. »Sieh doch«, rief er, »sie haben meinen Rucksack gefressen ...«
»Aber dass er so schlecht schmeckt, hätte ich nicht gedacht«, erwiderte Nicko.
»... und sind dabei auf meine Knallpfefferminzbonbons gestoßen!«, lachte Septimus.
* 16 *
16. Die Ödlande
W ä hrend Septimus und Nicko sich im Wald verirrten, wurde Jenna von Simon Heap in die tiefsten Ödlande gebracht. Donner trottete auf einem schmalen, gewundenen Pfad durch endlose Schieferbrüche, von denen manche längst stillgelegt waren, andere hingegen so aussahen, als sei kürzlich noch darin gearbeitet worden, obwohl sie gespenstisch verlassen wirkten. Die aufgebrochene Erde und die zertrümmerten Felsen verströmten eine feindselige Atmosphäre, und Jenna fühlte, wie ihr Mut sank. Ein Ostwind strich traurig heulend über die kahlen Gipfel der Berge weiter über ihr, und dicke graue Wolken türmten sich am Himmel. Das Licht verblasste, und die Luft kühlte ab. Simon schlang seinen langen schwarzen Umhang um sich, aber Jenna fröstelte. Sie trug nur ihr leichtes Sommerkleid.
»Hör endlich auf zu zittern«, knurrte Simon.
»Ich habe keinen Umhang wie du«, gab Jenna barsch zurück.
»So einer würde dir nicht gefallen«, höhnte Simon. »Zu viel Schwarze Magie für unsere Prinzessin Tugendsam.«
»Damit macht man keine Witze«, protestierte Jenna.
»Wer sagt denn, dass ich Witze mache?«, fragte er.
Jenna verfiel in Schweigen und zitterte weiter.
»Dann nimm eben das hier und hör auf mit dem Theater«, rief Simon erbost, fischte einen Umhang aus der Satteltasche und reichte ihn ihr mürrisch. Jenna nahm ihn in der Erwartung, es handele sich um eine kratzige Pferdedecke, doch zu ihrem Erstaunen war es der schönste und prächtigste Mantel, den sie je gesehen hatte, dunkelblau, meisterhaft aus der weichsten, vom Bauchfell einer Bergziege gekämmten Wolle gewebt und mit goldener Seide gefüttert. Simon hatte ihn eigentlich Lucy Gringe schenken wollen. Er hatte die Absicht gehabt, ihn vor dem Torhaus abzulegen und im Futter einen Brief zu verstecken, den nur Lucy finden würde. Doch als er an jenem Morgen in aller Frühe ans Nordtor kam, das Gesicht mit dem dunklen Umhang verhüllt, damit ihn Gringe nicht erkannte, kam ihm Silas vergnügt entgegen, die Burgenschach-Kiste unterm Arm. Sein Vater war der Letzte, dem er begegnen wollte, und so bog er schnell ab und nahm eine Abkürzung zur Zaubererallee. Silas hatte ihn nicht bemerkt, denn er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, sich eine Strategie für das morgendliche Spiel zurechtzulegen. So kam es, dass der schöne und sündhaft teure Mantel, den er für Lucy ausgesucht hatte, jetzt um die Schultern von Prinzessin Tugendsam lag. Das ärgerte Simon.
Jenna wickelte sich in Lucys Mantel. Jetzt fror sie zwar nicht mehr, doch sie war sehr müde. Die düsteren Schieferbrüche zogen sich endlos hin, und der erschöpfte Donner stapfte stetig bergan. Der Pfad war schmaler geworden. Auf der einen Seite begrenzte ihn eine Schieferwand, die steil in den verhangenen Himmel ragte, und auf der anderen Seite eine tiefe Schlucht, auf deren Grund ein schwarzer Fluss
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