Septimus Heap 02 - Flyte
beleuchtete den glatten runden Gang gerade so, dass sie den Weg finden konnten.
»Folge mir«, befahl Simon Jenna, und seine Stimme hallte in der Dunkelheit wider. »Vergeude deine Zeit nicht damit, nach einem Ausgang zu suchen. Es gibt keinen. Und falls du dich fragst, wo wir sind: Wir befinden uns in einer alten Höhle.« Er kicherte. »Aber keine Sorge, Schwesterchen, der Landwurm, der hier gehaust hat, ist nicht mehr da.«
»Ein Landwurm?«, stieß Jenna hervor.
»Ja. Wenn du mir nicht glaubst, brauchst du nur an die Seitenwände der Höhle zu fassen. Seidenweich von all der trefflichen Wurmsäure, und immer noch schön schleimig. Nett, nicht?«
Jenna konnte nicht anders, sie musste wissen, ob Simon die Wahrheit sagte, und so fuhr sie mit einem Finger vorsichtig über den Fels. Es war eklig. Die Wand war glatt wie Eis und voller klebrigem Schleim, der an ihrem Finger haften blieb. Sie unterdrückte einen Brechreiz und wischte den verschmierten Finger an Lucys Mantel ab. Der Schleim war kaum abzubekommen, als neige er dazu, sich mit Menschenhaut zu verbinden.
Den Finger weit von sich streckend, folgte sie Simon und Donner, der mit seinen Hufen immer wieder wegrutschte, durch die dunkle Röhre der Landwurmhöhle. Die vielen Windungen gaben ihr das schreckliche Gefühl, durch das Innere des Wurmes selbst zu laufen.
Es war ein sehr langer Wurm gewesen, aber schließlich erreichten sie das Ende der schleimigen Röhre, und Donner stolperte in eine riesige runde Höhle.
»Das ist die Wurmkammer«, erklärte Simon. »Hier hat der Wurm tagsüber geschlafen und in den kalten Monaten seinen Winterschlaf gehalten.« Im grünen Lichtschein des Balls sah er das Entsetzen in Jennas Gesicht, und sich daran weidend, fuhr er fort: »Wenn du dir die Wände ansiehst, erkennst du die unterschiedlich großen Wurmglieder, die in den Fels geätzt sind. Alle vollkommen glatt von der Säure, versteht sich.« Er strich zärtlich über die Höhlenwand, und Jenna fiel auf, dass ihn der Wurmschleim anscheinend überhaupt nicht störte.
»Ein Wurm braucht nämlich Platz zum Umdrehen, damit er richtig herum aus der Höhle kriechen kann. Sonst bekommt er nicht mit, wenn so ein Leckerbissen wie du draußen vorbeigeht. Hier schläft er bis zum Einbruch der Nacht, dann kriecht er hinaus und legt sich auf die Lauer. Denk nur an die vielen reizenden Würmer, die heute Nachmittag, als wir durch die Schieferbrüche ritten, zusammengerollt in ihren Höhlen schlummerten.«
Jenna konnte ein Schaudern nicht unterdrücken.
»Und da drüben haben wir Donners Stall, nicht wahr, mein Junge?« Simon tätschelte den Rappen liebevoll und führte ihn durch die Wurmkammer in eine Ecke, die mit Stroh ausgelegt war. An der Wand hing ein Futtertrog, und in den Fels war eine Tränke gehauen, die von einer tropfenden Quelle direkt darüber gespeist wurde.
Simon hob den grünen Ball auf und legte ihn in eine Nische in der Wand, so dass er das Pferd beschien und ihn selbst in ein unheimlich grün-schwarzes Licht tauchte. »Mach es dir bequem, Schwesterchen, solange ich Donner versorge.« Er warf Jenna einen kleinen Teppich aus einer der Satteltaschen zu.
»W... wohnst du etwa hier?«, fragte Jenna. Sie breitete den Teppich möglichst weit von Simon entfernt auf dem Höhlenboden aus und versuchte dabei so gut es ging, jeden Kontakt mit dem Wurmschleim zu vermeiden.
»Du glaubst, dass ich hier wohne, in diesem Dreckloch?«, brauste Simon auf, und die Wurmkammer hallte von seiner wütenden Stimme wider. »Wofür hältst du mich? Für einen Versager, der wie ein Landstreicher lebt?«
»N... nein«, stammelte Jenna.
Simon betrachtete sie mit eisigem Blick, dann wandte er sich zu ihrer Erleichterung wieder dem Pferd zu, und das schien ihn zu beruhigen. Jenna sah zu, wie er Donner das Zaumzeug und den schweren Sattel abnahm und beides aufhängte, dann das Pferd trocken rieb und ihm eine Decke überwarf. Sobald Donner versorgt war, kam er mit großen Schritten zu ihr herüber. »Das hier«, sagte er und blickte auf sie herunter, »ist nur der Anfang meines Reiches, damit das klar ist. Du hast ja keine Ahnung, wie weit meine Macht reicht. Nicht die geringste Ahnung!« Jenna starrte ihn an. In seinen Augen loderte derselbe Wahnsinn, den sie beim Ritt durch den Diebessteig gesehen hatte, als sie sich im Sattel nach ihm umdrehte.
»Steh auf«, befahl er barsch. »Es wird Zeit, dass du erfährst, wie mächtig dein lieber Bruder wirklich ist.«
Jenna zögerte. »Nein.
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