Septimus Heap 04 - Queste
mit einem Krokodil, und Nicko schüttelte ihn und rief: »Aufwachen, du faules Ei!«
Das Schütteln dauerte länger als der Traum, und als Septimus träge ein Auge öffnete, sah er vor sich – Nicko. Im Bruchteil einer Sekunde war er hellwach. »Nicko!« Er schlang die Arme um seinen Bruder. »He, du bist ja echt.«
»Und du auch.« Nicko lachte.
»Sep ... oh, Sep, du bist entkommen!«, rief Jenna glücklich.
»Nun ja, ganz so war es nicht, aber ...«
Die Frau mit dem Pferdegesicht drängte sich zwischen sie und legte Jenna eine schwere Hand auf die Schulter.
»Wenn ihr mit eurer rührenden Wiedersehensfeier fertig seid, hätte ich gern den Schlüssel. Sofort, wenn ich bitten darf.«
Beetle sprang vor und zog ihre Hand weg. »Lassen Sie sie in Ruhe.«
Doch ohne Panther ließ sich die Hüterin nicht einschüchtern. Sie packte Jenna am Arm. Jenna schrie vor Schmerz. »Gib mir den Schlüssel. Wenn ich ihn mir mit Gewalt nehmen muss, werde ich ihn dazu benutzen, dich einzusperren. Für alle Zeiten.«
Nicko konnte die Hüterin nicht ausstehen. Sie hatte Snorri einmal als Hexe beschimpft und in einem anderen Turm versteckt. Wie lange, wusste er nicht. Tage, Wochen, Jahrhunderte – er hatte keine Ahnung. Nun war der Zeitpunkt da, es ihr heimzuzahlen. Mit mehr Kraft, als nötig gewesen wäre, packte er die Hüterin am Handgelenk und riss mit einem Ruck ihren Arm weg. Ein lauter Schrei ertönte, und die Hüterin hielt sich das Handgelenk. Ihre Hand hing schlaf herab.
»Nicko!«, stieß Jenna hervor. »Du hast ihr den Arm gebrochen.«
»Eine verzweifelte Lage erfordert verzweifelte Mittel«, sagte Nicko und rannte zur Treppe, die in die Halle hinunterführte. »Nichts wie raus hier. Wer wartet draußen? Ich wette, es ist Sam, stimmt’s?«
Jenna rannte hinterher und schloss zu ihm auf. »Nein.«
»Oder Dad. Es muss Dad sein. Ich kann es nicht erwarten, ihn wiederzusehen. Und Mum.«
Jenna hielt es nicht mehr aus. »Nein! Oh, Nicko, ich habe es dir noch nicht gesagt. Da draußen ist niemand.«
Nicko blieb abrupt stehen. »Niemand?«
»Nein.«
Beetle blickte zu Boden. Er wünschte sich, er könnte für immer vom Erdboden verschwinden – bis ihm klar wurde, dass er im Begriff war, genau dies zu tun. Er fühlte sich schrecklich.
»Dann sind wir alle hier gefangen«, rief Nicko wütend. »Wie Snorri und ich. Wir kommen nie nach Hause. Niemals.«
»Nicht unbedingt«, sagte Septimus. »Ich habe da eine Idee.«
* 48 *
48. Von Tür zu Tür
» J e mand«, sagte Marcia zu Catchpole, »hat meine Tür verschandelt.«
Catchpole fuhr schuldbewusst in die Höhe, und sein spärliches rotblondes Haar sträubte sich vor Schreck. Marcia hatte ihn bei einem kurzen Nickerchen im Schrank für alte Zauber erwischt. »Oh«, sagte er.
»Wenn das ein Scherz sein soll, dann finde ich ihn nicht sehr komisch«, sagte Marcia frostig.
Catchpole stelzte von einem Bein auf das andere wie ein verlegener Reiher. Er wusste nicht genau, wovon Marcia sprach, aber es klang nach Ärger – wieder einmal.
»Du meine Güte«, sagte er.
»Und?«
»Was und?«
»Ob das ein Scherz sein soll. Ich weiß, dass Sie gern Türen beschmieren.«
Jetzt fiel der Groschen. »Oh, nein. Das war ich nicht, Ehrenwort. Selbstverständlich nicht. Ehrlich – ich wär’s nicht!«
Marcia seufzte. Sie glaubte ihm. Die merkwürdigen Kritzeleien waren viel zu kompliziert, als dass sie von Catchpole stammen könnten. »Gut, dann holen Sie einen Eimer und eine Scheuerbürste. Ich möchte, dass die Schmiererei entfernt wird. Ich statte Sarah Heap einen Besuch ab, und wenn ich zurückkomme, möchte ich eine saubere Tür vorfinden. Verstanden?«
»Verstanden, Madam Marcia. Wird erledigt.« Noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen, flitzte Catchpole los, um Eimer und Scheuerbürste zu holen.
»Nein!«, stöhnte Jenna. »Sie verschwindet. Halt! Hiergeblieben!« Die Karte löste sich vor ihren Augen in Nichts auf.
»Schnell, sag ihr, dass sie dableiben soll«, sagte Nicko.
»Hiergeblieben!«, schrie Jenna.
»Nein ... nicht doch, ich meine, dass du es schreiben sollst. Schnell, Jenna, bevor sie ganz weg ist.«
Jenna ergriff das Stück Kreide und kritzelte: »STOPP! NICHT AUSLÖSCHEN!«
Catchpole schrie auf und ließ den Eimer mit heißer Seifenlauge auf seinen Fuß fallen. Vor seinen Augen schrieben sich große, geschwungene Buchstaben an die Tür, ganz von selbst. Es war noch schlimmer als vorhin, als er angefangen hatte – was würde Marcia dazu
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