Septimus Heap 04 - Queste
Zeit. Er legte sich auf das Bett der Gouvernante, dessen Matratze ebenso klumpig war, und schlief sofort ein.
Merrin fühlte sich wie gerädert, als er erwachte, und geriet in Panik, denn er wusste nicht, wie spät es war. Am Turm über der Uhrenwerkstatt am Ende der Zaubererallee war eine große Uhr, und er atmete erleichtert auf. Alles in Ordnung. Er hatte noch eine halbe Stunde bis zu seinem Vorstellungsgespräch. Rasch stopfte er den Schwarzen Index in die Tasche, durchmaß den kleinen Raum und wollte die Tür öffnen. Sie klemmte. Er zog noch einmal, fester. Sie ging nicht auf.
Fünfundzwanzig Minuten später und mittlerweile in einem Zustand heilloser Panik, riss Merrin ein letztes Mal mit aller Kraft an der Tür. Sie flog auf, und er purzelte rücklings in die Kammer. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rappelte er sich hoch und stürzte hinaus. Ohne sich darum zu kümmern, ob ihn jemand sah oder hörte, rannte er die Treppe hinunter. Diese Chance wollte er sich auf keinen Fall vermasseln. Er musste pünktlich sein, koste es, was es wolle. Und wer sich ihm in den Weg stellte, sollte sich lieber in Acht nehmen!
* 10 *
10. Drachenpflege
S e ptimus Heap hüpfte von der rotierenden, silbernen Wendeltreppe, die ihn von den Gemächern der Außergewöhnlichen Zauberin im obersten Stockwerk nach unten in die Eingangshalle des Zaubererturms befördert hatte. Als er durch die Halle eilte, war er nicht überrascht, die Nachricht Guten Morgen, Herr Lehrling, der Drache ist wach auf dem bunten Fußboden zu lesen, denn der Fußboden begrüßte ihn immer und schien stets vor ihm zu wissen, was sich ereignete.
Der nächste Gruß war weniger freundlich. »Guten Morgen, Herr Lehrling«, tönte es aus dem Schrank für alte Zauber neben der Flügeltür aus massivem Silber, die den Eingang zum Zaubererturm bewachte. Septimus zuckte zusammen. Die Stimme gehörte Boris Catchpole, den Marcia nach einer letzten Warnung vom Zaubereranwärter zum Nachtportier degradiert hatte. Über Boris Catchpoles Stimme erschrak Septimus jedes Mal. Sie erinnerte ihn an seine Tage in der Jungarmee, in der Catchpole eine Zeitlang den Posten des gefürchteten Hilfsjägers bekleidet hatte.
»Oh! Guten Morgen, Catchpole«, erwiderte Septimus. »Haben Sie meine Nachricht im Palast überbracht?«
»Ist erledigt, Herr Lehrling. Stets zu Diensten, haha. Und womit kann ich heute Morgen dienen?«, fragte Catchpole, der unbedingt wieder zum Unterzauberer aufsteigen wollte und darum einen besonderen Eifer an den Tag legte. Catchpole, eine Bohnenstange von einem Mann, trug noch seine heiß geliebte blaue Robe eines Gewöhnlichen Zauberers mit den alten Rangabzeichen eines Unterzauberers an den Ärmeln. Doch leider hatte er eine Robe erhalten, die ihm nicht nur zu kurz, sondern obendrein auch noch beim Waschen eingelaufen war, was zur Folge hatte, dass zwei dünne weiße Beine unter dem Saum der Robe hervorlugten, ehe sie glücklich in den schützenden Stiefeln verschwanden.
Wie ein fahriger Riesenreiher stakste er vor Septimus herum und sagte: »Erlauben Sie, dass ich die Tür öffne, Herr Lehrling.«
»Danke, ich kenne das Losungswort«, erwiderte Septimus.
Catchpole sprang zurück. »Oh, ja, natürlich. Wie dumm von mir. Aber wenn ich sonst etwas für Sie tun kann, ganz egal was ...» Plötzlich hielt er inne, denn ihm war eingefallen, dass es da etwas gab, was er auf gar keinen Fall tun wollte. Er wollte auf gar keinen Fall bei Feuerspeis Frühstück helfen.
Doch zu seiner Erleichterung nahm Septimus sein Angebot nicht an. Der Lehrling murmelte nur das Kennwort, und lautlos schwangen die großen silbernen Türflügel auf. Es war ein grauer, stürmischer Frühlingstag, und vereinzelt fielen ein paar Regentropfen. Septimus schlang sich den grünen, wollenen Lehrlingsumhang um den Leib, eilte die große Marmortreppe hinunter, die vom Zaubererturm in den Hof führte, und ging außen um den Turm herum zu dem neuen Holzschuppen, der versteckt hinter einem der riesigen Stützpfeiler lag. Damit Feuerspei ihn nicht hörte und vor Freude wieder aus dem Häuschen geriet, öffnete er ganz leise die Tür und schlüpfte hinein.
Drinnen schnippte er mit den Fingern. Zwei Kerzen flammten im Grau des Morgens auf und erhellten das Innere des Schuppens, bestehend aus drei großen Trögen Hafer, einem Fass Magermilch, das am frühen Morgen angeliefert worden war, einer Kiste Falläpfel und einem alten Sack, prall gefüllt mit Pasteten- und Wurstresten, die der
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