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Septimus Heap 04 - Queste

Titel: Septimus Heap 04 - Queste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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nun aber standen die Stuben leer und beherbergten nur einige ungesellige Geister von Gouvernanten, Kammerzofen und Lakaien. Die meisten Palastgeister bevorzugten die unteren Etagen. Dort konnte man alte Freunde treffen und über die gute alte Zeit plaudern, in der alles viel besser gewesen war. Oder mit etwas Glück sogar einen Blick von der lebenden Prinzessin erhaschen.
    Merrin entschied sich für ein Gouvernantenzimmer, dessen Fenster nach vorn hinausging. Es war klein, verfügte jedoch über ein Bett, einen Tisch, einen kleinen Schrank und einen Kamin, in dem noch Asche vom letzten Feuer lag. Der Raum hatte eine düstere Atmosphäre, die durch die verblasste Rosentapete noch verstärkt wurde. Doch Merrin bemerkte weder das eine noch das andere. Ihm gefiel er.
    Aber Merrin gefiel der Bewohnerin der Kammer nicht. Die Gouvernante, die ein langes graues Kleid mit rotem Saum trug, wie es einst alle Gouvernanten von Prinzessinnen getragen hatten, sprang auf und sah entsetzt zu, wie Merrin ihr geliebtes kleines Reich abschritt, als sei es sein eigenes. Zweimal passierte er beinahe ihren Fuß – was kein Wunder war, denn sie trug die langen spitzen Schuhe, die zu ihrer Zeit in Mode gewesen waren. Und als er sich auf ihr Bett setzte und wie ein ungezogener Dreijähriger darauf herumhopste, um die Stabilität der Sprungfedern zu testen, konnte sie es nicht länger ertragen. In einem eisigen Luftzug flüchtete sie aus der Kammer, und Merrin wunderte sich, warum plötzlich mit einem lauten Knall die Tür zufiel.
    Er setzte seinen Rucksack ab und legte seine kostbaren Besitztümer der Größe nach auf den kleinen Tisch unter dem Mansardenfenster. Dann besann er sich anders und ordnete sie nach dem Alphabet – und schließlich nach ihrer Wichtigkeit. Dies nahm geraume Zeit in Anspruch, doch am Ende reihten sich von links nach rechts:

    1
mit Eselsohren verunziertes Buch mit dem Titel Der Schwarze Index von T.F.F. (verstorben)
1
kleiner, viereckiger Ebenholzkasten mit der Aufschrift Spürnase
1
Magogklaue
1
Flasche Fliegen (die meisten tot)
1
kleiner Becher Wurmschleim
1
Schlafanzug
1
Zahnbürste
1
Stück Seife
    Als alles ordentlich dalag, wischte Merrin den Schmutz von der kleinen Fensterscheibe der Kammer und spähte durch das verschmierte Guckloch. Der Ausblick war großartig und reichte bis hinüber zum alten Zeremonienweg. Der Zeremonienweg war wie gewöhnlich menschenleer, aber links davon konnte Merrin die Zaubererallee sehen – Fußgänger hasteten dicht an den niedrigen gelben Steinhäusern entlang, um Schutz vor dem Wind zu finden, der ihre Mäntel flattern und so manchen Hut davonfliegen ließ. Kurz vor dem Ende der Allee war linker Hand noch die rote Tür des Manuskriptoriums auszumachen. Und vor der Tür stand, an der hellgrünen Lehrlingstracht leicht zu erkennen, dieser Septimus Heap.
    Merrin konnte es kaum fassen, dass sich so rasch – und so leicht – eine Gelegenheit bot, mit der Verdunkelung fortzufahren. Hastig schlug er den Schwarzen Index auf, fand die gewünschte Seite und begann mit der nächsten Phase der Verdunkelung eines anderen Schicksals. Er heftete seinen Blick auf Septimus und hielt seinen Daumen so, dass das linke Gesicht des Rings aus dem Fenster blickte. Dann sprach er langsam und leise die lange Zauberformel. Er sah, wie Septimus stehen blieb, sich umschaute und dann auf seine Schuhe blickte, als ob er in etwas getreten sei. Merrin kicherte. Dieser Septimus Heap hatte keine Ahnung, was mit ihm geschah, nicht die leiseste Ahnung. So langsam beherrschte er diese Schwarzkünstlertricks. Und er würde darin noch viel besser werden.
    Ein berauschendes Gefühl der Macht durchströmte ihn, und er lachte laut los. Er besaß den doppelgesichtigen Ring – er war unsterblich. Zum ersten Mal in seinem Leben kam er sich wichtig vor. Doch das Beste von allem war in diesem Augenblick, dass er eine eigene Unterkunft hatte und kein Mensch wusste, wo er zu finden war. Niemand konnte kommen, ihn aus dem Bett werfen und zwingen, seine Lektionen zu lernen oder sein Kohlsandwich aufzuessen. Er konnte den ganzen Tag im Bett bleiben, wenn ihm danach war. Und wie es der Zufall wollte, war ihm jetzt danach, sich ein wenig hinzulegen. Im Dankbaren Steinbutt hatte er schlecht geschlafen. Die Matratze war klumpig gewesen, und er hatte ein fremdes Atmen im Zimmer gehört. Und in der Nacht davor hatte er kaum ein Auge zugetan. Er gähnte. Eigentlich sollte er noch einen Brief schreiben, doch das hatte bis später

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