Septimus Heap 04 - Queste
müssen draußen bleiben – sie dürfen das Haus nicht betreten. Sobald man die Schwelle überquert, gehört man in gar keine Zeit mehr.«
»Dann machen wir es doch genau so«, rief Jenna aufgeregt und sprang auf. »Wir gehen zum Foryxhaus und holen Nicko heraus.«
»Und Snorri«, sagte Septimus. »Vergiss Snorri nicht.«
Jenna blickte unbeeindruckt. »Wenn Snorri nicht gewesen wäre, wäre Nicko jetzt hier.«
»Jenna!«
»Ist doch wahr«, erwiderte sie und setzte großmütig hinzu: »Aber natürlich holen wir auch Snorri heraus. Wenn wir schon mal dort sind.«
Septimus seufzte. »Aus deinem Mund klingt alles so einfach. Wir halten einen vorbeikommenden Eselskarren an, fahren zum Foryxhaus, klopfen an die Tür und fragen nach Nicko. Wenn es nur so einfach wäre.«
»Jawohl, Sep, genau so werde ich es machen, ganz egal was du sagst. Du musst ja nicht mitkommen.«
»Natürlich komme ich mit«, grummelte Septimus.
Leise stöhnend erhob sich Marcellus von seinem Platz, schlurfte zu dem Geheimfach am Kamin, entnahm ihm ein großes, gefaltetes Blatt Papier und trug es zum Tisch. »Ich wollte euch dies hier erst zeigen«, sagte er, »wenn ich mir sicher bin, dass euch nichts davon abhalten kann, zum Foryxhaus zu gehen.« Er faltete das spröde braune Blatt ganz behutsam auseinander, und zum Vorschein kam eine Karte.
Sie war sauber gezeichnet. Am unteren Rand stand: FÜR MARCELLUS. IN DANKBARKEIT VON SNORRI UND NICKO. »Das ist eine Kopie, die Snorri auf meinen Wunsch für mich angefertigt hat«, erklärte Marcellus. »Ich dachte mir, so hätte ich wenigstens eine Chance, sie zu finden, falls mir jemals zu Ohren kommen sollte, dass sie in Schwierigkeiten stecken.«
Ehrfürchtig betrachteten sie das spröde Papier und die blassen Bleistiftlinien, die Snorri vor so langer Zeit mit großer Sorgfalt gezeichnet hatte. »Dann führt uns diese Karte also zu Nicko ...«, stieß Jenna hervor.
»Ihr solltet sie mit Vorsicht betrachten«, warnte Marcellus, der ihnen keine übertriebenen Hoffnungen machen wollte. »Bedenkt, dass Ells das Original aus dem Gedächtnis gezeichnet hat und dass sie erst neun war, als alles geschah. Ich hätte nie gewagt, ihr das ins Gesicht zu sagen, aber sie hatte fünfzig Jahre lang Zeit, wichtige Einzelheiten zu vergessen. Die Karte könnte ungenau sein.«
Sie beugten sich über die Karte, und während sie noch versuchten, aus der Unmenge verblasster Linien auf dem vergilbten Papier schlau zu werden, entlud sich über ihnen krachend ein lauter Donner. Marcellus fuhr erschrocken in die Höhe und blieb mit seinem langen, weiten Ärmel an den Kerzen hängen, die in der Mitte des Tisches standen. Der feine, mit einer Seidenborte eingefasste Ärmel fing Feuer, und der penetrante Geruch nach verbrannter Wolle erfüllte die Luft. Marcellus schrie vor Angst und ruderte mit den Armen wie ein unbeholfener Vogel. Aber auf diese Weise fachte er die Flammen nur weiter an und warf obendrein die Kerzen um. Eine Kerze setzte den Rand der Karte in Brand.
»Nein!«, schrie Jenna und erstickte die Flamme mit ihren Händen, ohne auf den brennenden Schmerz zu achten.
»Hilfe!«, jammerte Marcellus, an dessen Ärmel die Flammen emporzüngelten, und hüpfte in der Kammer herum. »Lehrling – hilf mir!«
»Eimer!«, rief Beetle.
»Eimer?«, fragte Septimus.
»Eimer!« Beetle ergriff den Eimer Wasser, den er neben dem Kamin bemerkt hatte – Marcellus hatte in jedem Zimmer einen stehen, denn er hatte panische Angst vor einem Brand –, und er schleuderte das Wasser auf den Alchimisten. Ein lautes Zischen ertönte, und dicker Rauch erfüllte die Dachkammer. Marcellus sank auf einen Stuhl.
Während er traurig seinen verkohlten Ärmel begutachtete, faltete Jenna die kostbare Karte wieder zusammen. Septimus und Beetle lasen Nickos Notizblätter vom Boden auf.
»Haben Sie sich wehgetan, Marcellus?«, fragte Septimus den nassen, noch leicht dampfenden Alchimisten.
Marcellus schüttelte den Kopf und stand auf. »Feuer ist etwas Schreckliches. Hab Dank für dein rasches Handeln, Schreiber.«
»Gern geschehen«, erwiderte Beetle. »Falls Sie wieder mal Hilfe brauchen ...«
»Ich hoffe nicht«, sagte Marcellus.
Jenna schob Nickos Notizen zu einem sauberen Stapel zusammen, und als Marcellus sie vom Tisch nehmen wollte, legte sie schützend die Hand darauf.
»Die würde ich gern behalten«, sagte sie. »Bitte.«
»Aber gern, Prinzessin. Sie gehören Ihnen.« Marcellus öffnete eine Schublade und entnahm ihr einen
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