Septimus Heap 04 - Queste
geschehen?«
Tertius lächelte zufrieden, da es Marcia war, die nun die Fragen stellte. »Sie vergessen die Verfahrensordnung, Miss Overstrand. Zuerst wird die Versammlung eingelassen. Dann beantworten wir – vielleicht – Ihre Fragen.«
Marcia wusste, dass sie keine Wahl hatte. »Also schön«, sagte sie.
Tertius Fume lächelte mit dem Mund, aber nicht mit den Augen. »Also schön was , Miss Overstrand?«
Marcia wusste, was er zu hören verlangte – einen der vielen Artikel des Verhaltenskodex’, die sie in den hektischen Tagen nach ihrer plötzlichen Ernennung zur Außergewöhnlichen Zauberin hatte auswendig lernen müssen. Aber sie wollte diese Sätze nicht sprechen, und Tertius Fume wusste es. Und sie wusste, dass er es wusste. Sie merkte es an seinem spöttischen Grinsen und an der Art, wie er die Arme verschränkte, genau wie an jenem Morgen, als sie die Gewölbe besucht hatte.
Marcia holte tief Luft, und mit ihrer herausfordernd selbstsicheren Stimme, deren Klang die ganze Halle erfüllte, rief sie: »Als Außergewöhnliche Zauberin bitte ich die Versammlung hiermit in den Zaubererturm. Ich erkläre, dass ich mit ihrem Eintreten mein Amt als Außergewöhnliche Zauberin niederlege und eine Stimme unter vielen werde. An diesem Ort sind wir alle gleich.«
»Das gefällt mir schon besser«, sagte Tertius Fume, trat über die Schwelle und drohte Marcia mit dem Finger. »Denken Sie daran: eine Stimme unter vielen. Mehr sind Sie jetzt nicht mehr.« Der Geist schritt vollends herein und sah sich in der Großen Halle um, als gehöre sie ihm.
Alle Augen waren auf Tertius Fume gerichtet, und so nutzte Septimus die Gelegenheit, sich von Marcia fortzustehlen. Im Schatten am Rand der Großen Halle schlich er zum Eingang, wo er vorhin Jenna und Beetle bemerkt hatte.
»Hallo, Jenna«, flüsterte er. »Hallo, Beetle.«
»Oh, Sep«, erwiderte Jenna. »Ein Glück, dass dir nichts passiert ist. Tertius Fume hat...«
»Pst...« Septimus legte den Finger an die Lippen.
»Aber er ...«
»Pst! Ich muss mich konzentrieren, Jenna.« Septimus blickte so grimmig, dass sie nicht weiter zu sprechen wagte.
Septimus ging in seinem Gedächtnis rasch das riesige Regelbuch durch, das all die Vorschriften enthielt, die Rechte und Pflichten der Außergewöhnlichen Zauberer festlegten. Marcia ließ ihn jeden Tag einen Abschnitt lesen, und er war zuletzt bei Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften Abschnitt ii angelangt. Während er zusah, wie die lila Geister in die Halle strömten, blätterte er im Kopf ein paar Seiten zurück bis zu dem Abschnitt Einberufung der Versammlung und sah sich jeden Geist, der über die Schwelle kam, ganz genau an.
Die Große Halle begann sich zu füllen, und die lebenden Gewöhnlichen Zauberer wichen ehrerbietig zurück, um für die Geister Platz zu machen – keiner wollte einen ehemaligen Außergewöhnlichen passieren. Immer mehr Geister strömten in die Halle, bis die Gewöhnlichen Zauberer ganz an die Wände zurückgedrängt standen, sodass sie die wogende lila Masse in der Mitte wie ein schmaler blauer Saum umgaben. Eine erstaunlich große Zahl von Gewöhnlichen zwängte sich in die verschiedenen Schränke und Nischen. Tatsächlich wurde der Rekord für den Besenschrank, in dem nach einem denkwürdigen Bankett vor einigen Jahren achtzehn Zauberer Platz gefunden hatten, an diesem Abend noch übertroffen.
Jeder Außergewöhnliche Zauberer, der über die Schwelle trat, erschien aus Höflichkeit allen Anwesenden, sodass Septimus jeden Einzelnen sehen konnte. Manche waren schon lange ein Geist und stark verblasst, andere waren als Geist noch frisch und wirkten recht stofflich. Manche waren alt, andere jung, doch alle hatten einen wehmütigen Ausdruck im Gesicht, als sie jetzt noch einmal den Zaubererturm betraten.
Auch Beetle sah fasziniert zu. Beim Anblick so vieler Geister musste er unwillkürlich an bestimmte Berechnungen denken, die Jillie Djinn angestellt hatte. Ein einzelner Geist war immer bis zu einem gewissen Grad durchsichtig, aber die Dichte mehrerer Geister addierte sich so, dass sie zusammen die Sicht auf einen Gegenstand versperren konnten. Die Anzahl der Geister, die dafür nötig waren, hing von ihrem Alter ab, denn mit den Jahren wurden Geister immer durchsichtiger. Jillie Djinn hatte eine Formel entwickelt, mit der sich diese Zahl ermitteln ließ. Der Haken dabei war nur, dass die Durchsichtigkeit eines Geistes auch von seinem Gefühlszustand abhing. Und das irritierte Miss
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