Septimus Heap 04 - Queste
Djinn, wie Gefühlszustände im Allgemeinen. Trotzdem hatte sie errechnet, dass man fünfeinviertel Geister durchschnittlichen Alters und ausgeglichenen Gefühlszustandes brauchte, um einen Lebenden zu verdecken. Dies war auch der Grund, warum Septimus, als immer mehr Geister hereinströmten, Marcia am anderen Ende der Halle bald nicht mehr sehen konnte, doch seinen Augen entging kein einziger Geist, der hereinkam. Nach zweien hielt er ganz besonders Ausschau. Den einen wollte er sehen, den anderen nicht.
Die Aufgabe wurde ihm dadurch erleichtert, dass der Strom der Geister an der Tür immer wieder ins Stocken geriet, da praktisch jeder einen Augenblick stehen blieb und sich an dem Ort umsah, von dem er vor so langer Zeit geschieden war. Auf der Treppe bildete sich eine Schlange, die geduldig wartete, während Geist um Geist durch die Tür schwebte, kurz in die Runde blickte und sich einen Platz suchte. Der allerletzte Geist war der, nachdem Septimus sehnsüchtig Ausschau gehalten hatte – Alther Mella. Als großer und verhältnismäßig frischer Geist fiel Alther auf. Sein Gewand leuchtete noch kräftig, und seine Bewegungen wirkten energisch. Er sah ordentlich und gepflegt aus, viel ordentlicher und gepflegter als noch zu seinen Lebzeiten, was sich dem Umstand verdankte, dass die Instandhaltung, wie er häufig scherzhaft bemerkte, viel einfacher war. Sein Haar blieb stets sauber zu einem langen grauen Pferdeschwanz gebunden, und sein Bart behielt eine manierliche Länge, sodass beim Essen nichts mehr darin hängen blieb. Die weiße, im Regen glänzende Marmortreppe leer zurücklassend, trat Alther fast widerwillig in den Zaubererturm.
»Alther!«, flüsterte Septimus.
Althers Gesicht erhellte sich. »Septimus!« Dann verfinsterte sich seine Miene wieder. »Weißt du, was das ist?«, murmelte er.
Septimus nickte.
In der Großen Halle war Stille eingekehrt, und langsam schloss sich das große Silberportal. Marcia erklomm die unteren Stufen der blockierten Wendeltreppe, damit sie die Versammlung überblicken konnte. Sie hatte einen trockenen Mund, und ihre Hände zitterten. Sie vergrub sie tief in den Taschen, entschlossen, keine Spur von Angst zu zeigen.
Die Spannung im Turm stieg, und alle Augen richteten sich erwartungsvoll auf die Außergewöhnliche Zauberin. Marcia ließ ihren Blick über das Meer aus Lila schweifen und hielt nach Septimus Ausschau. Wo war er nur hin? Keine Spur von ihm, und das ärgerte sie. In einem solchen Augenblick war der Platz des Lehrlings an der Seite seiner Meisterin. Wenn dies alles vorüber war, würde sie ein ernstes Wort mit ihm reden müssen. Auch von Alther war nichts zu sehen. Sie war enttäuscht und ein wenig gekränkt. Sie hätte erwartet, dass er ihr beistehen würde, aber offensichtlich befand er das nicht für nötig. Sie war allein.
Aber nicht ganz allein. Neben ihr, viel zu dicht neben ihr und absichtlich den Höflichkeitsabstand verletzend, stand Tertius Fume. Der Geist war ihr auf die Wendeltreppe gefolgt und schwebte nun gut fünfundzwanzig Zentimeter über der Stufe, um größer zu wirken als Marcia, die eine groß gewachsene Frau war. Marcia sah nach unten und bemerkte, dass das lila Meer der Außergewöhnlichen Zauberer sich teilte, um einen grünen Fleck durchzulassen. Mit Erleichterung sah sie, dass Septimus auf sie zukam. Jetzt wusste sie wenigstens, wo er steckte.
Tertius Fume verfolgte die Szene mit zufriedener Miene. »Ah«, sagte er. »Ich glaube, da naht der eigentliche Grund unserer Zusammenkunft.«
Marcia runzelte die Stirn. Was meinte Fume mit der eigentliche Grund?
Septimus war jetzt am Fuß der Wendeltreppe angelangt, und Marcia blickte zu ihm hinab, nun besorgt. »Wo warst du denn?«, fragte sie.
Was Septimus ihr zu sagen hatte, war nicht für Tertius Fumes Ohren bestimmt. »Könnten Sie bitte für einen Moment zu mir herunterkommen?«, fragte er Marcia.
Etwas in seiner Stimme veranlasste Marcia, ohne Zögern Tertius Fumes Mantel zu passieren und zu ihrem Lehrling hinabzusteigen.
»Mauscheleien sind verboten!«, brüllte Tertius Fume, als Septimus Marcia etwas zuflüsterte.
Verboten oder nicht, die Nachricht, die ihr Septimus brachte, war genau das, was Marcia hören wollte. »Bist du ganz sicher?«, flüsterte sie zurück.
»Ja.«
»Dem Himmel sei Dank. Ich war so in Sorge. Wegen des Rings – des doppelgesichtigen Rings. Ich habe ihn damals, nachdem ich den Kerl besiegt hatte, nicht aus dem Dunkelschleim gezogen. Später habe ich den
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