Septimus Heap - Fyre
weiter. Auch Beetle prüfte die beiden Versionen und gab das Blatt schließlich Rose.
»Und?«, fragte Marcia.
»Die Texte sind identisch«, befanden alle drei. »Keinerlei Abweichungen.«
Marcia wandte sich an Jenna und sagte, sorgsam ihre Worte wählend: »Jenna, als Sie die Formel gesprochen haben, waren Sie in einer schrecklichen Situation. Wäre es nicht möglich, dass Sie sich versprochen haben?«
Julius Pike schaltete sich ungeduldig ein. »Marcia, ich versichere Ihnen, dass die Prinzessin sich nicht versprochen hat. Das Problem ist, dass der Text unvollständig ist.« Er tippte mit einem dünnen Geisterfinger auf das Pergament. »Und der hier auch. Bei beiden fehlt das Schlüsselwort.«
»Julius, machen Sie sich nicht lächerlich. Wie kann die von Hotep-Ra eigenhändig geschriebene Vorlage unvollständig sein?«
Julius Pike antwortete ganz langsam, sichtlich bemüht, sein Temperament zu zügeln. »Ich weiß es nicht. Aber sie ist es. In dem Text fehlt das Schlüsselwort.«
»Nicht alles hat ein Schlüsselwort«, erwiderte Marcia, bemüht, auch ihr Temperament zu zügeln.
»Aber bei allem, was Hotep-Ra geschrieben hat, gibt es ein Schlüsselwort. Das war damals so üblich.«
Marcia starrte auf das Pergament. »Aber hier offensichtlich nicht, Julius.« Sie blickte zu Jenna. »Meiner Meinung nach müssen Sie ein Wort vertauscht oder ausgelassen haben.«
»Aber das habe ich nicht.«
»Jenna, das geht nicht gegen Sie. Jemand, den ich sehr bewundere, hat einmal gesagt: Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich es einem auch vorkommen mag. Und dass Hotep-Ra die Zauberformel falsch aufgeschrieben hat, ist unmöglich.«
Jenna fuhr zornig in die Höhe. »Aber ich habe genau das gesagt.«
Marcia verfiel in einen beschwichtigenden Ton, der Jenna erst recht ärgerte. »Jenna, Sie waren unglaublich tapfer. Es war bestimmt nicht leicht, sich an den genauen Wortlaut zu erinnern …«
»Wenn Sie mir eh nicht glauben, können Sie sich Ihre Gönnerhaftigkeit sparen, Marcia. Bitte mich zu entschuldigen.« Damit stapfte Jenna aus der Bibliothek. Sie hörten ihre zornigen Schritte die Steintreppe hinunterklappern.
»Jemand sollte ihr nachgehen«, sagte Marcia müde. »Danke, Beetle.«
Die Zurückgebliebenen verfielen in Schweigen. Septimus überlegte. »Vielleicht«, sagte er, »gibt es mehr als nur eine unwahrscheinliche Wahrheit. Als ich damals mit Hotep-Ra sprach …«
»Du hast was?«, unterbrach Julius Pike.
»Mit Hotep-Ra gesprochen«, wiederholte Septimus.
Der Geist starrte ihn mit offenem Mund an.
Septimus zog einen großen blauschwarzen Kieselstein aus der Tasche. Er schillerte leicht, und auf einer Seite war ein golden glänzendes «Q« eingraviert. Septimus legte ihn vor dem Geist auf den Tisch. »Ich war auf der Queste.«
Julius Pike wurde praktisch durchsichtig. »Auf der Queste?«, stieß er hervor.
»Ja.«
»Und du bist zurückgekehrt?«
Septimus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Hier bin ich, dann muss ich wohl wiedergekommen sein.«
»Septimus …«, sagte Marcia in warnendem Ton.
Julius Pike war fassungslos. »Du bist zurückgekommen. Im Unterschied zu zwei Lehrlingen von mir. Ach, meine arme, liebe Syrah …«
Marcia hob die Hand, um Septimus Einhalt zu gebieten. Sie wusste, was er Julius gleich erzählen wollte. »Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte sie.
»Dann bis du auf der Queste dem Geist Hotep-Ras begegnet?«, fragte Julius.
»Nein, Hotep-Ra persönlich.«
»Aber … wie ist das möglich?«
»Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Septimus. »Eines Tages werde ich sie aufschreiben.« Er wandte sich an Marcia. »Eine der Fragen, die mir Hotep-Ra damals gestellt hat, betraf seine aufgeschriebenen Vorlagen. Er befürchtete, dass sie durch die Dunkelkräfte, die DomDaniel in den Turm gebracht hatte, beschädigt worden sein könnten – gerade genug, dass sie noch unversehrt aussahen, aber nicht mehr funktionierten. Natürlich wusste ich zu der Zeit nichts darüber. Aber heute glaube ich, dass genau das geschehen sein muss.«
»Nun, das wäre eine Erklärung«, räumte Marcia ein. »Wenn die Vorlage verändert wird, dann verändern sich gleichzeitig auch alle anderen Formen – auch die gesprochene Form. Deshalb stimmt Jennas Version mit der Vorlage überein.« Sie seufzte. »Es ist hoffnungslos. Der Einsperrzauber ist für immer verloren. Septimus, wo willst du denn hin?
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