Septimus Heap - Fyre
»Gebt mir bitte Bescheid, wenn die Schale fertig ist, ja?«
Jenna drückte sie noch einmal ganz fest. »Wir brauchen dich doch für die Dreifachtransformation, Tante Zelda. Komm, Sep. Ich bringe dich auf dem Königinnenweg zurück.«
»Ja … ach Mist. Eine Sekunde noch, Jenna. Ich muss die Flasche holen. Ich habe es Marcellus versprochen.«
»Na gut. Aber beeil dich.«
Jenna wartete am Kamin, während Septimus Tante Zelda erklärte, was er wollte. Tante Zelda sah ihn überrascht an, führte ihn dann zu einer Tür in der hinteren Wand der Hütte, wühlte in ihrer Tasche und zog einen kleinen Schlüsselbund aus Messing heraus. Septimus trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen, während Tante Zelda stirnrunzelnd die Schlüssel betrachtete.
»Soll ich für dich den Schlüssel heraussuchen?«, fragte Wolfsjunge sanft.
Dankbar reichte ihm Tante Zelda den Bund. »Das wäre lieb von dir.«
Einen Augenblick später schloss Wolfsjunge die Tür auf und öffnete sie. Dahinter kam die Flasche zum Vorschein.
»Die ist ja riesig!«, stieß Septimus hervor.
Wolfsjunge zuckte mit den Schultern. »Ja, sie ist schon ziemlich groß. Aber das müssen Wolkenflaschen doch sein, oder?«
»Tatsächlich?« Septimus wusste nichts über Wolkenflaschen, und Marcellus hatte ihn nicht aufgeklärt. Er hatte sich ein kleines Glasgefäß vorgestellt, das er in die Tasche stecken konnte. Aber die dicke Glasflasche, die da vor ihm im Schrank stand, war so breit wie Tante Zelda und gut dreißig Zentimeter größer. Ihr gewölbter Bauch füllte den Schrank komplett aus, und ihr langer Hals ragte über Septimus’ Kopf hinaus.
Septimus schielte nervös zu Jenna, die vor dem Kamin auf und ab ging – so ein Monstrum brachten sie nie und nimmer durch den Königinnenweg. »Äh … Jenna«, rief er, »könntest du bitte mal kommen?«
Jenna war alles andere als begeistert beim Anblick der Flasche. »Die passt nie durch den Weg, Sep.«
»Ich weiß.« Er seufzte. »Ich muss sie wohl mit dem Schlitten nach Port bringen und dann die Porter Fähre nehmen.«
Jenna war entsetzt. »Ausgeschlossen, Sep! Wir müssen heute noch zu Marcellus. Es geht um Leben und Tod.«
»Aber Jenna, ich habe dir doch bereits gesagt, dass Marcellus das Feuer noch nicht in Gang gesetzt hat. Und vorher können wir sowieso nichts tun.«
»Sep, wir müssen ihn fragen – wir müssen !«
Wolfsjunge mischte sich ein. »Septimus«, sagte er, und es war ein komisches Gefühl, den Freund zum ersten Mal mit seinem richtigen Namen anzusprechen, »hast du mal einen Blick nach draußen geworfen?«
Septimus schaute aus dem Fenster. Es schneite heftig. Er ging zur Haustür und öffnete sie. Alles, was er sehen konnte, war eine weißgraue Wand aus Schnee. Die Flocken fielen so dicht, dass die Luft beinahe kompakt wirkte. »So ein Mist«, schimpfte er.
»Das ist ein ausgewachsener Marschen-Schneesturm«, sagte Wolfsjunge, der neben ihn trat. »Es wäre Wahnsinn, da hinauszugehen. In zehn Minuten wärt ihr nur noch ein unförmiger Schneehaufen, du und deine Flasche.«
»Wie lange wird das wohl dauern?«, fragte Septimus.
Wolfsjunge zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Aber ich schätze, den ganzen Tag. Wir hatten in letzter Zeit mehrere Schneestürme, und wenn es mal zu schneien angefangen hat, hört es erst wieder auf, wenn der strenge Nachtfrost einsetzt.«
Wie gern hätte Septimus in Tante Zeldas gemütlicher Hütte gewartet, bis der Schneesturm vorüber war. Wie gern hätte er den Tag am Kamin verbracht, mit Wolfsjunge geplaudert und, Versäumtes nachholend, sich von ihm berichten lassen, was er so machte. Aber ein Blick auf Jenna verriet ihm, dass daran überhaupt nicht zu denken war. »Ich werde morgen wiederkommen müssen«, sagte er. »Wenn sich der Sturm gelegt hat.«
Jenna schob ihn in den Schrank unter der Treppe, schloss die Tür und entzündete eine kleine Lampe. Das Licht flammte im Dunkeln auf, und Septimus sah die vertrauten Holzregale mit den ordentlich aufgereihten Flaschen, die Unbeständige Tränke enthielten, und darunter die Schubladen, in denen, wie er schon immer vermutet hatte, die Spezialgifte aufbewahrt wurden. Er sah, wie Jenna mit geübter Hand nach unten fasste und die unterste Schublade aufzog. Er nahm wahr, dass sich in der Schublade etwas bewegte, und hörte hinter sich ein leises Klicken. Die Tür verriegelte sich, und im Schrank wurde es dunkel.
Ehe er sich versah, stieß Jenna die Tür wieder auf und trat hinaus. Er nahm an, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher