Septimus Heap - Fyre
aus der Tasche, zog einen Stift aus seiner Schreibtasche und schrieb Roses Namen darauf. Er reichte ihr die Einladung.
»Hättest du Lust zu kommen?«, fragte er.
»Oh, toll. Ja, gerne.«
»Bitte Marcia in meinem Namen, dass sie dir für heute Abend einen Ausgangsschein ausstellt«, sagte Septimus.
»Wird gemacht.« Rose stand da und hielt die Einladung mit beiden Händen.
»Ich hole dich dann später ab, ja?«
»Ja. Toll.« Aufgeregt eilte Rose durch den Korridor zu der großen lila Tür.
Marcia hatte recht. Septimus hatte in der Tat viel verpasst.
Vor allem hatte er in den vier Wochen unter der Erde einen sonnigen Winter verpasst, wie es ihn in der Burg nicht häufig gab. Meist war es um diese Jahreszeit trüb und bedeckt, hinzu kamen schneidende Winde und Eisnebel. Doch ab und zu gab es einen sonnigen Winter mit strahlend blauem Himmel. Und in diesem Jahr war er besonders willkommen: Die Burgbewohner hatten das Gefühl, dass er die letzten verbliebenen Schatten des Dunkelfelds vertrieb.
Alle hatten das schöne Wetter nach Kräften ausgenutzt. Nicko hatte auf dem Burgkanal (sehr zum Ärger von Jannit Maarten) eine Reihe von Schlittschuhrennen veranstaltet. Jenna hatte auf dem Palastrasen einen Schneeskulpturenpark eingerichtet, und der Obermagieschreiber hatte auf der Zaubererallee mehrere Schlittenrennen organisiert und den Schreibern erlaubt, jeden Tag zwei Stunden vor Sonnenuntergang Feierabend zu machen, damit auch sie etwas vom Schnee hatten. Imbisskarren, die Röstkastanien, Bratwürste und warme kandidierte Bananen feilboten, säumten die Allee und fanden großen Zuspruch. Umstrittener war ein Iglu-Dorf, das junge Leute auf dem Alchimieweg errichtet hatten und das den Unmut älterer Anwohner erregte, die sich über laute Musik und schlechtes Betragen beklagten. Die lange Schlitterbahn, die sich auf der Müllkippe Schönblick zu Tal schlängelte und an Sally Mullins Tee- und Bierstube endete, war wahrscheinlich die beliebteste – und gefährlichste – Neuerung. Sally zog ihren Nutzen daraus, indem sie an einem Stand im Freien warmen Gerstenkuchen verkaufte und nach den ersten Tagen, als die Rutschbahn tückisch schnell geworden war, ein Erste-Hilfe-Zelt errichtete.
Nach dem Sieg über das Dunkelfeld waren Sarah und Silas Heap wieder in ihr altes Zimmer in den Anwanden gezogen, sodass Jenna nun zum ersten Mal alleinige Herrin in ihrem Palast war. Als die vier Wald-Heaps zu Simons und Lucys Hochzeit in die Burg gekommen waren, hatte Sarah darauf bestanden, dass auch sie bei ihr in den Anwanden schliefen. Doch schon nach der ersten Nacht hatte sie ihre Niederlage eingestehen müssen: In das einzige Zimmer passte nicht einmal mehr die halbe Familie, und so schlug ihr Jenna vor, für die Dauer der großen Kälte zusammen mit Silas und den Wald-Heaps im Palast zu wohnen.
Der Palast begann sich zu füllen. Simon und Lucy kamen fast täglich zu Besuch, und die Wald-Heaps – Sam, Jo-Jo, Edd und Erik – streiften auf dieselbe Weise durch die Gänge wie sonst durch den Wald, mit weichen, federnden Schritten und stets mit den Schatten verschmelzend.
Für Sarah war es eine wunderbare Zeit. Endlich hatte sie alle ihre Kinder wieder in der Burg. Sie hörte auf, sie Sorgen darüber zu machen, dass einem – oder allen – etwas Schreckliches zustoßen könnte, und wurde gelassener. Silas sah ihre Veränderung mit Freuden. Ihre sorgenvolle Miene hatte sich aufgehellt, und sie hatte sogar aufgehört, ständig diese alberne Ente-in-der-Tasche mit sich herumzutragen. Silas selbst verlor etwas von seiner Fahrigkeit und freute sich darüber, seine Waldsöhne wieder besser kennenzulernen. Er fragte sie sogar, ob sie nicht eine Zaubererlehre machen wollten. Nur Sam zeigte Interesse, aber Silas nahm es gelassen. Er war einfach glücklich, seine Söhne wieder um sich zu haben.
Auch Jenna war glücklich, ihre Brüder wieder um sich zu haben, aber weniger glücklich war sie damit, wie Sarah sich benahm. Jenna betrachtete den Palast jetzt als ihr Reich, und deshalb sah sie es nicht gern, dass Sarah gleich nach ihrer Rückkehr wieder das Zepter übernommen hatte. Jennas Ansicht nach war Sarah ausgezogen und jetzt als ihr Gast zurückgekehrt. Doch Sarah war da anderer Meinung.
Es waren Kleinigkeiten, die Jenna ärgerten.
Zum Beispiel hatte Jo-Jo Heap eine Schwäche entwickelt für die Gruselgrotte, den Laden am Ende der Kurzen Schauergasse, und bald kamen einige Angehörige des Personals regelmäßig zu Besuch in
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